Wie Feuer und Eis - On Thin Ice
sie nur einem ihrer Hunde die Zähne putzen. »Du schaust nach, wer hier einen solchen Lärm ma... heilige Scheiße!« Ein Schuss sauste direkt über ihre Köpfe weg, prallte an der Wand ab und schleuderte ringsum Betonscherben.
3:08:32
»Bist du sich...«
»Los!«
Er rannte. Mündungsfeuer flackerte.
Lily blendete den Krach hinter ihr aus und konzentrierte sich auf den Kabelsalat vor ihrer Nase. Es war keine Hilfe greifbar. Das war etwas anderes, als bei ihrem uralten Truck zweimal jährlich das Öl zu wechseln und den Motor zu frisieren. Irgendwie fand sie, das zählte hier nicht. Sie hielt kurz inne, um sich die verschwitzten Hände an den Hosenbeinen abzuwischen. Sie atmete schaudernd durch, um ihre Nerven zu beruhigen, die herumhüpften wie Flöhe auf einer Stallkatze. O Gott. O Gott. Noch mal tief durchatmen. Ein. Aus. Ein.
Die roten Ziffern auf dem dunklen Computermonitor blinkten neben ihrem linken Knie.
2:42:01
Mit der Pinzette lüpfte sie den nächsten gelben Draht zur Seite. Was würde geschehen, wenn sie alle auf einmal durchschnitt? Könnte funktionieren - wenn sie sie gebündelt zu fassen bekäme. Sie schaute die viel zu kleine Drahtschere an. Nicht die geringste Chance.
Derek hatte ihr nicht gesagt, welche Art von Bombe das hier war. Aber jede Bombe war eine üble Bombe. Sie brauchte wirklich, wirklich keine Einzelheiten.
»Das hier«, flüsterte sie sich selbst zu, während sie das Stöhnen, die dumpfen Schläge und die umherfliegenden Kugeln ignorierte, »ist ein armer, kranker, kleiner Welpe. Wenn ich ihn nicht auf der Stelle operiere, wird dieser süße, kleine Kerl sterben, und dem kleinen Mädchen, dem er gehört, würde das Herz brechen, und sie müsste für den Rest ihres Lebens eine Therapie machen.«
Sie atmete durch.
»Alles was ich tun muss, ist, diese schwarze Arterie durchzuschneiden, und der süße, kleine Welpe wird leben und morgen wieder herumtollen.«
Nur ein fettbäuchiger, kleiner, junger Hund, sagte sich Lily.
Knips den verdammten Draht durch.
01:09:00
»Na, los«, sagte Derek, der hinter ihr auftauchte. Lilys Kopf war angestrengt über die Bombe gebeugt. Ein Flehen oder Verzweiflung? Egal. Ihre ruhige Hand schwebte über der Vorrichtung, und er applaudierte ihr stillschweigend, aber die Aufregung drückte ihm das Herz ab. Wenn er sie nicht hierher gebracht hätte, wäre sie jetzt in Sicherheit. Wie viel Zeit blieb ihm noch, seine Entscheidung zu bereuen?
Er neigte sich zu ihr herunter, um ihr die Drahtschere aus der Hand zu nehmen. Sie murmelte »Ne-eh«, und knipste den Draht durch. Dann ließ sie den Kopf nach vorne fallen.
Abgrundtiefe Stille.
Nach ein paar angespannten Sekunden, in denen sie nicht wie erwartet in die Luft flogen, legte ihr Derek die Hand auf die Schulter. Sie drehte sich um und sah ihn bleich aus strahlenden
Augen an. Sie streckte die Hand aus, damit er sie auf die Beine hieven konnte.
»Ich denke, ich hab gerade eine Bombe entschärft«, flüsterte sie ehrfürchtig, als sie neben ihm stand. »Überwältigend, was?«
»Wie?« Er glotzte sie an. Zu ängstlich, es zu glauben. Zu ängstlich, es nicht zu glauben. Verdammt noch mal, er hatte noch nie Angst gehabt.
01:07:58
Er wartete darauf, dass die Computeruhr umsprang.
01:07:58
»Du hast es geschafft.« Er drehte sich zu ihr um und starrte sie überwältigt an. Sie war mit einer Aufgabe fertig geworden, bei der den meisten Rekruten der T-FLAC die Knie geschlottert hätten.
Sie grinste, und er bemerkte in ihren Augen den Nervenkitzel, den ihr dieser Sieg bereitete. »Gut, uff! Hast du mich nicht deswegen hierher gebracht?«
»Jesus, Lily«, lachte er, »du bekommst wahrscheinlich eine Belobigung vom Präsidenten.«
Sie grinste noch breiter. »Cool. Die hänge ich mir in die Scheune. Macht bestimmt Eindruck auf meine Patienten.« Bei aller gespielten Tapferkeit schwankte sie, und ihr Gesicht war so durchscheinend, dass er betete, sie möge nicht ohnmächtig werden. Er legte seinen rechten Arm um sie. Er spürte sie nicht, der ganze Arm war taub. Aber sie lehnte sich kurz an ihn und sagte munter: »Und jetzt?«
»Jetzt trennen wir uns. Schätze, irgendwo da draußen sind noch mehr von diesen Kerlen. Ich wäre gerne weg, bevor die sich sammeln.«
»Kein Einwand meinersei... - was ist das?« Sie nahm seine blutige rechte Hand, die schlaff an der Seite herabhing. Er spürte ihre Hände nicht. »Wo hat’s dich erwischt?«
»Oberarm. Sieht schlimmer aus, als es
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