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Wie Feuer und Eis - On Thin Ice

Wie Feuer und Eis - On Thin Ice

Titel: Wie Feuer und Eis - On Thin Ice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Adair
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darauf, das Gespann auszubalancieren. Sie zwang sich, sich zu konzentrieren. Sie wollte so schnell wie möglich zum nächsten Kontrollpunkt. Vergiss den Kuss, sagte sie sich mit Nachdruck. Vergiss alles daran und die Kraft dahinter auch. Vergiss den Mann und seine starken Arme, die breite Brust und den harten - oh, ja. Sich dafür auszuschelten, ließ die Erinnerung nur noch lebendiger werden. Tolle Sache, dieses Vergessen.
    »Erzähl mir, wie du und Sean euch kennen gelernt habt«, sagte sie in ihr Mikrofon und hielt den Tonfall beiläufig und kühl. Gute Idee. Über Sean reden. Sie fragte sich, ob sie der Blitz dafür erschlagen würde, dass sie ihren toten Ehemann wie die sprichwörtliche Traufe einsetzte.
    »Du weißt, wie wir uns kennen gelernt haben«, sagte er kurz angebunden.
    »Seans Version.« Und die war, nach allem, was sie inzwischen wusste, derselbe Bullshit wie alles, was er ihr erzählt hatte. Lily interessierte es nicht die Bohne, wie die beiden lästigsten Männer in ihrem Leben einander kennen gelernt hatten. Blitz oder Lawine. Sie wollte die Erinnerung an Sean, den Ehemann zwischen sich und Derek stellen. Unglücklicherweise
fühlte sich diese Erinnerung, die vor Beginn des Rennens noch ein bequemer Schutzschild gewesen war, langsam wie ein dürftiges Stück Zellophan an, das sie zwischen sich und einen wilden Tiger hielt.
    Wann hatten sich die Machtverhältnisse zu verändern begonnen?
    »Warum interessiert es dich, wie wir einander kennen gelernt haben?«
    »Hey, das ist eine Unterhaltung, okay?« Sie biss sich auf die Lippe. Noch eine Lüge. Es war kein bloßes Geplauder. Sie hielt Sean wie eine Fahne hoch und signalisierte ihm, dass sie nicht zu haben war. Sie hoffte, verflucht noch mal, dass er das überzeugender fand, als sie es tat.
    »Richtig«, grummelte seine Stimme in ihrem Ohr. »Du willst dich unterhalten. Weil ich weit genug weg bin und du dich sicher fühlst?«
    »Ha!«, schrie sie. Das könnte dir so passen, Freundchen! »›Sicher‹ und ›Derek Wright‹, die Worte gehören nicht in den selben Satz.«
    Er summte leise und kehlig in ihr Ohr, und sie fühlte die Vibration wie eine warme Zärtlichkeit in jeder verflixten Körperzelle. Gefährlicher, gefährlicher Mann.
    »Ich denke, das gefällt mir«, sagte er leise.
    »Ja, klar«, sagte Lily. Sie wünschte, Derek wäre in Montana geblieben. Dann hätte sie sich auf dieser gefährlichen Strecke, wo sie sich zu hundert Prozent auf das, was sie tat, konzentrieren musste, keine Gedanken darüber machen müssen, einen Mann geküsst zu haben, der sie rasend machte.
    Sicher, wäre er nicht in der Nähe gewesen, wäre sie inzwischen vermutlich tot. Lily zitterte bei dem Gedanken, wie dicht dran sie gewesen war. Zweimal. Über ihren Rücken lief ein kalter Schauder, der nichts mit dem Schnee zu tun hatte,
der nun lautlos in den Windböen trieb. Derek hatte sich in eine Art starker, bei weitem zu attraktiver Schutzengel verwandelt. Und sie war sich nicht sicher, was sie davon halten sollte. Ein ungewöhnlicherer Engel war wohl schwer zu finden.
    »Wenn du nicht reden willst, dann höre ich eben Musik. Erzählst du mir jetzt, wie ihr beide euch kennen gelernt habt, oder nicht?«, sagte sie, mehr um das verstörend elektronische Schweigen zu brechen. Musik wäre bei weitem entspannender gewesen. Seit wann, fragte Lily sich, zog sie es vor, gefährlich zu leben?
    »Gut, ich erzähle es dir«, sagte er, die Stimme plötzlich weich und tödlich. »Frag mich alles, was du über meine Beziehung zu Sean wissen willst. Frag jetzt, oder schweig für immer. Denn, so wahr mir Gott helfe, Lily, das ist das letzte Mal, dass ich über einen toten Mann mit dir diskutiere.«
    Ihre Hände klammerten sich fester um den Haltebügel. »Die Tatsache, dass du nicht über ihn reden willst, lässt Sean aber nicht verschwinden.« Es war, als stochere man mit einem spitzen Stecken zwischen den Gitterstäben nach einem Tiger. Lily konnte einfach nicht damit aufhören und wusste nicht, warum.
    »Wie lang willst du dir von der Erinnerung an deinen toten Mann noch dein Leben diktieren lassen?«, fragte Derek mit harter Stimme. »Man kann ein Andenken respektieren, aber man kann einen tragischen Vorfall auch dazu benutzen, beim eigenen Leben auf unbestimmte Zeit auf die Pausetaste zu drücken. Irgendeine Idee, wann du dir die Erlaubnis erteilst, das Leben wieder zu genießen?«
    »Ich genieße das Leben, danke der Nachfrage«, teilte sie ihm mit aller Überzeugungskraft,

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