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Wie funktioniert die Welt?

Wie funktioniert die Welt?

Titel: Wie funktioniert die Welt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brockman , Herausgegeben von John Brockman
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wir eine Definition für Bewegung. Was bedeutet es, dass etwas sich bewegt? Nach der modernen Vorstellung muss man Bewegung immer relativ zu einem Beobachter beschreiben.
    Stellen wir uns ein Objekt vor, dass relativ zu uns ruht – beispielsweise eine Katze, die auf unserem Schoß schläft; dann stellen wir uns vor, wie sie sich aus Sicht anderer Beobachter zu bewegen scheint. Je nachdem, wie der Beobachter sich bewegt, kann es so aussehen, als würde die Katze jede beliebige Bewegung vollführen. Dreht der Beobachter sich relativ zu uns, scheint die Katze sich für diesen Beobachter zu drehen. Um also der Frage, wie freie Objekte sich bewegen, überhaupt einen Sinn zu geben, müssen wir uns auf eine besondere Klasse von Beobachtern beziehen. Die Antwort auf die Frage lautet folgendermaßen:
     
    Es gibt eine besondere Klasse von Beobachtern, relativ zu denen alle freien Objekte entweder zu ruhen oder sich in gerader Linie mit konstanter Geschwindigkeit zu bewegen scheinen.
     
    Damit habe ich das Trägheitsprinzip formuliert.
    Dieses Prinzip ist so leistungsfähig, weil es vollkommen allgemein ist: Wenn ein besonderer Beobachter sieht, wie ein freies Objekt sich in gerader Linie mit konstanter Geschwindigkeit bewegt, wird er beobachten, dass auch alle anderen freien Objekte sich so bewegen.
    Nehmen wir außerdem an, wir seien ein solcher besonderer Beobachter. Jeder Beobachter, der sich im Verhältnis zu uns in gerader Linie mit konstanter Geschwindigkeit bewegt, wird ebenso sehen, wie die freien Objekte sich im Verhältnis zu ihm mit konstanter Geschwindigkeit in gerader Linie bewegen. Die besonderen Beobachter bilden eine große Klasse, deren Mitglieder sich alle im Verhältnis zueinander bewegen. Diese besonderen Beobachter nennt man
Inertialbeobachter
.
    Daraus ergibt sich unmittelbar die folgenschwere Erkenntnis, dass der Begriff der Bewegungslosigkeit keine absolute Bedeutung hat. Ein Objekt kann relativ zu einem Inertialbeobachter ruhen, und gleichzeitig sehen andere Inertialbeobachter, wie es sich bewegt – und zwar immer in gerader Linie und mit konstanter Geschwindigkeit. Dies kann man als Prinzip formulieren:
     
    Es gibt keine Methode, mit der man durch Beobachtung bewegter Objekte zwischen ruhenden Beobachtern und anderen Inertialbeobachtern unterscheiden könnte.
     
    Ein Inertialbeobachter kann mit Fug und Recht erklären, er befinde sich in Ruhe und die anderen würden sich bewegen. Dies bezeichnet man als Galileis Relativitätsprinzip. Es erklärt, warum die Erde sich bewegen kann, ohne dass wir den Effekt als Ganzes mitbekommen.
    Wenn man einschätzen will, was für ein revolutionäres Prinzip das war, sollte man festhalten, dass die Physiker des 16 . Jahrhunderts mit einer einfachen Beobachtung die Behauptung von Kopernikus, die Erde bewege sich um die Sonne, widerlegen konnten: Sie ließen einfach einen Ball von einem Turm fallen. Wenn die Erde mit den von Kopernikus postulierten Geschwindigkeiten um ihre Achse rotierte und um die Sonne kreiste, würde der Ball nicht am Fuß des Turmes landen, sondern weit von ihm entfernt. Womit bewiesen wäre: Die Erde befindet sich in Ruhe.
    Aber dieser Beweis geht davon aus, dass Bewegung etwas Absolutes ist, das im Verhältnis zu mehreren ruhenden Beobachtern definiert wird, und relativ zu diesen Beobachtern kommen dann Objekte, auf die keine Kräfte einwirken, ebenfalls zur Ruhe. Indem Galilei die Definition der Bewegung veränderte, konnte er die Ansicht vertreten, man könne mit dem gleichen Experiment beweisen, dass die Erde sich tatsächlich bewegt.
    Das Trägheitsprinzip war das Kernstück der naturwissenschaftlichen Revolution des 17 . Jahrhunderts; außerdem enthielt sie auch schon die Samen für spätere Umwälzungen. Den Grund versteht man, wenn man auf die Einschränkung in Galileis Formulierung des Relativitätsprinzips achtet: »durch Beobachtung bewegter Objekte«. Viele Jahre lang glaubte man, eines Tages könne man mit anderen Beobachtungen feststellen, welche Inertialbeobachter sich wirklich bewegen und welche wirklich ruhen. Einstein konstruierte seine spezielle Relativitätstheorie, indem er einfach diese Einschränkung beseitigte. Sein Relativitätsprinzip besagt:
     
    Es gibt keine Methode, mit der man ruhende Beobachter von anderen Inertialbeobachtern unterscheiden könnte.
     
    Auch das war noch nicht alles. Zehn Jahre nach der speziellen Relativitätstheorie diente das Trägheitsprinzip als Samen für die nächste Revolution:

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