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Wie funktioniert die Welt?

Wie funktioniert die Welt?

Titel: Wie funktioniert die Welt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brockman , Herausgegeben von John Brockman
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der Inflation – sie beginnt in Zeitlupe neu und führt nicht in jedem Sekundenbruchteil, sondern alle 8  Milliarden Jahre zu einer Größenverdoppelung des Universums, womit die Diskussion darüber, ob die Inflation stattgefunden hat oder nicht, sich in die Frage verwandelte, ob sie einmal oder zweimal abgelaufen ist.
    Mittlerweile wird zunehmend klar, dass die Inflation eine Erklärung ist, die nicht aufhört – weder mit der Inflation noch mit dem Erklären.
    Genau wie die Zellteilung nicht nur ein einziges Baby hervorbringt und dann aufhört, sondern eine große, vielfältige Bevölkerung erzeugt, so hat offenbar auch die Inflation nicht nur ein Universum hervorgebracht und dann aufgehört, sondern sie war die Ursache für eine große, vielgestaltige Population von Paralleluniversen, in denen vielleicht alle Möglichkeiten für das, was wir uns als physikalische Konstanten vorstellen, realisiert sind. Damit wäre dann auch ein weiteres Rätsel erklärt: Viele Konstanten in unserem Universum sind so genau auf Leben abgestimmt, dass Leben in der uns bekannten Form unmöglich wäre, wenn sie sich auch nur geringfügig ändern würden – dann gäbe es beispielsweise weder Galaxien noch Atome. Selbst wenn die meisten Paralleluniversen, die von der Inflation erzeugt werden, Totgeburten sind, werden in einigen genau die richtigen Bedingungen für Leben herrschen, und es ist nicht verwunderlich, dass wir uns in einem solchen Universum befinden.
    Die Inflation hat uns einen geradezu peinlichen Reichtum beschert – und Pein bereitet er tatsächlich. Die unendliche Zahl von Universen hat nämlich das sogenannte Messproblem mit sich gebracht, das in meinen Augen die größte Krise der modernen Physik darstellt. In der Physik geht es darum, die Zukunft aufgrund der Vergangenheit vorauszusagen, aber gerade das wird offenkundig durch die Inflation sabotiert. In unserer physikalischen Welt scheint es von Prinzipien und Regelmäßigkeiten zu wimmeln, aber wenn wir versuchen, sie quantitativ zu erfassen und dann die Wahrscheinlichkeit vorauszusagen, dass etwas Bestimmtes geschehen wird, gibt die Inflation stets die gleiche nutzlose Antwort: Unendlichkeit dividiert durch Unendlichkeit.
    Das Problem: Ganz gleich, welches Experiment man anstellt, die Inflation sagt voraus, dass es unendlich viele Kopien unserer selbst gibt, die in einer unendlichen Zahl von Paralleluniversen jedes physikalisch mögliche Ergebnis haben werden, und trotz jahrelanger Bemühungen in der Gemeinschaft der Kosmologen gibt es bis heute keine Übereinstimmung in der Frage, wie man aus diesen Unendlichkeiten sinnvolle Antworten gewinnen kann. Streng genommen, sind wir Physiker also nicht mehr in der Lage, überhaupt etwas vorauszusagen. Unser Baby-Universum ist zu einem unberechenbaren Teenager herangewachsen.
    Das ist so schlimm, dass wir nach meiner Überzeugung eine grundlegend neue Idee brauchen. Vielleicht müssen wir irgendwie die Unendlichkeit loswerden. Ist der Raum vielleicht genau wie ein Gummiband nicht unendlich dehnbar, ohne dass irgendwann etwas reißt? Werden die unendlich vielen Paralleluniversen vielleicht durch einen noch nicht entdeckten Prozess zerstört, oder sind sie vielleicht aus irgendeinem Grund nur Illusionen? Die tiefsten Erklärungen liefern nicht nur Antworten, sondern sie werfen auch neue Fragen auf. Nach meiner Überzeugung wird die Inflation noch einiges erklären müssen.

Gino Segrè
Kepler et al. und das nicht vorhandene Problem
    Physiker, University of Pennsylvania; Autor von Ordinary Geniuses: Max Delbruck, George Gamow and the Origins of Genomics and Big Bang Cosmology
    Johannes Kepler schlug 1595 eine tiefgreifende, elegante, schöne Lösung für das Problem vor, die Entfernung der sechs damals bekannten Planeten von der Sonne zu ermitteln. Er verschachtelte die fünf platonischen Körper – Oktaeder, Ikosaeder, Dodekaeder, Tetraeder, Würfel – wie russische Puppen in just dieser Reihenfolge angeordnet in einer Kugel und äußerte dann die Vermutung, die aufeinanderfolgenden Kugelradien könnten die gleichen Längenverhältnisse haben wie die Abstände der Planeten. Natürlich war seine Lösung nicht nur tief greifend, elegant und schön, sondern auch falsch, aber, um es mit dem berühmten Ausspruch von Joe E. Brown am Ende von
Manche mögen’s heiß
zu sagen: »Nobody is perfect.«
    Bereits 2000 Jahre zuvor hatte Pythagoras mit einer Vorstellung, die unter dem Namen »Harmonie der Sphären« bekannt

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