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Wie funktioniert die Welt?

Wie funktioniert die Welt?

Titel: Wie funktioniert die Welt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brockman , Herausgegeben von John Brockman
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keine tiefer liegenden Ursachen widerspiegeln. Er wies nicht die Theorie zurück, sondern das Fehlen von Gründen für ein Ereignis. In einem Brief an Max Born schrieb er den berühmten Satz: »Jedenfalls bin ich überzeugt, dass
der
[Gott] nicht würfelt.« Aber wie Stephen Hawking später in Begriffen, die auch Heisenberg wiedererkannt hätte, anmerkte: »Gott würfelt nicht nur, sondern … manchmal wirft er die Würfel auch, wenn man sie nicht sehen kann.«
    Voller Anspielungen und subtil bedient sich die Macht der Ungenauigkeit ihrer metaphorischen Eigenschaften: Mit ihrer Hilfe konnte sie in verschiedene Fachgebiete vordringen, so in die Theorie der Kunst, in die Finanzwirtschaft und sogar in die Popkultur. Auf einer Ebene bedeutet Heisenbergs Unschärfeprinzip, dass der Akt der Messung den beobachteten Gegenstand verändert. Auf einer anderen Ebene sagt Heisenberg absichtlich oder unabsichtlich aber auch etwas über die Natur des gesamten Systems aus – über das Fehlen absoluter Wahrheiten und die Grenzen unseres Wissens.
    Ungenauigkeit verbindet sich mit verschiedenen philosophischen Konstrukten. Søren Kierkegaard unterschied zwischen objektiven und subjektiven Wahrheiten. Objektive Wahrheiten werden durch unsere subjektiven Wahrheiten gefiltert und verändert, was an die Wechselwirkungen zwischen Beobachter und Ereignis erinnert, die einen zentralen Bestandteil von Heisenbergs Theorem bilden.
    Ungenauigkeit hat auch mit linguistischen Philosophien zu tun. Ludwig Wittgenstein prophezeit in seinem
Tractatus Logico-Philosophicus
die Ungenauigkeit und vertritt die Ansicht, die Struktur der Sprache bestimme über die Grenzen des Denkens und über das, was man sinnvoll sagen kann.
    Die tiefe Zweideutigkeit der Ungenauigkeit findet ihren Ausdruck auch auf andere Weise, nämlich in der Kontroverse um Heisenbergs Lebensgeschichte. Im Jahr 1941 , während des Zweiten Weltkriegs, traf er im besetzten Dänemark mit Niels Bohr zusammen, seinem früheren Lehrer. In dem 1998 uraufgeführten Theaterstück
Kopenhagen
von Michael Frayn stellt Bohrs Frau Margrethe die entscheidende Frage, um die es in dem Schauspiel geht: »Warum ist er [Heisenberg] nach Kopenhagen gekommen?« In dem Stück wiederholt sich ihr Zusammentreffen dreimal, jedes Mal mit einem anderen Ende. Heisenberg, die Hauptfigur, sagt: »Niemand versteht meine Reise nach Kopenhagen. Ich habe es immer und immer wieder erklärt. Bohr selbst und Margrethe. Denen, die mich verhört haben und den Nachrichtenoffizieren, Journalisten und Historikern. Je mehr ich erklärt habe, desto unbestimmter wurde es.« [13]
    In seinem 1930 erschienenen Text
The Principles of Quantum Mechanics
stellt Paul Dirac die Newton’sche Welt und die Welt der Quanten einander gegenüber: »Es ist zunehmend deutlich geworden … dass die Natur nach einem anderen Plan funktioniert. Ihre grundlegenden Gesetze bestimmen nicht direkt über die Welt, wie es in unserem geistigen Bild den Anschein hat, sondern sie herrschen über einen Nährboden, von dem wir uns kein geistiges Bild machen können, ohne Unbedeutendes einzubeziehen.«
    Es gab eine Welt vor Heisenberg und seinem Unschärfeprinzip. Es gibt eine Welt nach Heisenberg. Beide sind die gleiche Welt, und doch sind beide unterschiedlich.

Haim Harari
Die nächste Ebene der Grundstoffe?
    Theoretischer Physiker, ehemaliger Präsident des Weizmann Institute of Science; Autor von A View from the Eye of the Storm
    Eine wissenschaftliche Theorie kann elegant sein. Sie kann auch richtig sein. Wenn man wählen muss, sollte man sich für die richtige entscheiden. Aber es ist immer besser, beides zu haben.
    »Eleganz« liegt im Auge des Betrachters. Über die Richtigkeit urteilt letztlich Mutter Natur, die oberste Richterin der Wissenschaft, per Ergebnisse von Experimenten. Anders als in den üblichen Fernseh-Talentshows entscheidet weder eine Publikumsabstimmung noch ein Gremium aus grinsenden Juroren über »elegant« oder »richtig«. Aber das Gefühl, dass eine Idee elegant ist, hängt oft davon ab, welche Frage man stellt.
    Alle Materie besteht aus sechs Typen von Quarks und sechs Typen von Leptonen mit scheinbar zufälligen, unerklärlichen Werten für die Masse, die mehr als zehn Zehnerpotenzen abdecken. Innerhalb dieser zwölf Bausteine wiederholt sich das gleiche Muster dreimal – warum, weiß niemand. Manche dieser Objekte können sich auch unter bestimmten Umständen durch unerklärliche Raten, sogenannte »Mischungswinkel«,

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