über siebzigjährige Zahnärztin Rosemarie Arenstedt und ihr gleichaltriger Schwager kauften stattdessen für 210 000 Euro das Gut und überlegen nun, was sie damit anfangen können. Hauptsache aber, die Braunen sind erst mal draußen vor der Tür.
Um die Kommunen fit zu machen gegen die netten Neonazis von nebenan, hat der Deutsche Städte- und Gemeindetag einen Katalog von Gegenmaßnahmen beschlossen. Die Methoden basieren auf Paragrafen des Rechtsstaates, um im Zweifelsfall jederzeit vor Gericht durchsetzbar zu sein. Lorenz Caffier, Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, belehrte Landräte und Oberbürgermeister der kreisfreien Städte über ihre Rechte und zählte das Handwerkszeug auf, um den »antidemokratischen und menschenverachtenden« Kräften das Handwerk zu legen. Der CDU-Politiker, der bei Rechten kein Pardon kennt, erklärte penibel, wie trotz Gleichbehandlungsgrundsatz den Neonazis sowohl der Zugang zu öffentlichen Einrichtungen als auch der Kauf von Grundstücken und Häusern im »Sinne einer wehrhaften Demokratie auf rechtskonforme Weise« verwehrt werden kann. Zwar sei nicht zu verhindern, dass wie andere Parteien auch NPD oder DVU für ihre Veranstaltungen Einrichtungen der Gemeinde mieten dürfen, solange sie nicht durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes verboten sind, aber es gebe bestimmte legale Tricks. Beispielsweise könne man sich bei einem harmlos anmutenden Liederabend die Liste der Auftretenden geben und deren Liedgut durch eine Anfrage bei der Bundesprüfstelle überprüfen lassen. Dort sind alle Lieder strafbaren Inhalts samt Interpreten gespeichert. Am schnellsten geht es per Doppelklick auf
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Bei Immobiliengeschäften ist es schwieriger, die wahren Absichten
gleich zu erkennen, weil als »Käufer in der Regel Privatpersonen« auftreten und sich als Eigentümer ins Grundbuch eintragen lassen. Zu oft sei es ihnen gelungen, allerdings eher im Westen, den Staat reinzulegen und ihm dadurch zu schaden, dass man für ein lange unverkäufliches Objekt Kaufinteresse heuchelte, was sofort Proteste in der Öffentlichkeit auslöste, bis die betroffene Gemeinde schließlich gezwungen war, ihr Vorkaufsrecht auszuüben. Im rheinland-pfälzischen Kirchheim wollte die NPD angeblich die »Alte Gräflich Leininger Mühle« kaufen. Ein Scheingeschäft. Denn als die Stadt auf ihr Vorkaufsrecht verzichtete, wurde »der Vertrag zwischen der NPD und dem Verkäufer rückabgewickelt«.
Falls sich erst nach dem Verkauf herausstellt, wer die neuen Besitzer sind, biete jedoch die deutsche Bauordnung gar vielfältige Möglichkeiten, den Rechtsradikalen ihre Immobilie zu verleiden. Als da wären: Bestimmungen des Brandschutzes, strenge Bauauflagen, Auflisten der Baumängel, Lärmgutachten, fehlende Rettungswege, fehlende Parkplätze etc. Die »Wolfshöhle« in Wismar zum Beispiel gehört zwar nach wie vor den Neonazi-Besitzern, allerdings können sie die für ihre geplanten Abende mit rechtsradikalem Liedgut nicht nutzen, weil die Behörde wegen Einsturzgefahr den Betrieb untersagt hat. In Mecklenburg-Vorpommern übrigens wurden die Zuschüsse für die Mobilen Teams nach den Ergebnissen der letzten Landtagswahlen verzehnfacht auf nunmehr zwei Millionen Euro pro Jahr.
Vieles ist machbar, zu wenig wird gemacht. Hülsemann glaubt zwar, dass sie in Brandenburg weiter sind als in anderen neuen Bundesländern, weil sich die Kommunalpolitiker des Landes inzwischen nicht mehr scheuen, um Hilfe zu bitten, falls sie ein Problem haben mit Neonazis, statt wie noch vor Jahren lieber den Mantel des Schweigens darüberzubreiten. »Das kann man nach meiner Einschätzung so von Thüringen oder Sachsen nicht ohne Weiteres sagen. Bei uns hat sich bewährt eine Strategie, nach der wir die Bürgerinnen und Bürger in den Dörfern und Städten nicht etwa beschimpfen, sondern sie ermutigen, sie unterstützen,
darauf vertrauen, dass sie vernünftig handeln.« Das ist nicht in kurzen Einsätzen zu machen, sondern in langfristiger und schützender Begleitung des vor Ort wachsenden kleinen Pflänzchens Zivilcourage.
Gerade in Gefahr und Not aber gedeihen rettende Ideen, auf die man in normalen Zeiten gar nicht erst gekommen wäre. Dem »Aufstand der Anständigen«, den einst der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder ausrief, schließen sich inzwischen auch die Zuständigen von Verbänden und Behörden an. Die Gastronomen von Brandenburg und von Sachsen-Anhalt erklärten öffentlich