Wie gut, dass es dich gibt!
immer verloren.
Vor zwölf Jahren hatte sie ihre Freiheit zurückerhalten, aber um welchen Preis?
Als Crissy in ihr Büro kam, fand sie eine Nachricht von Josh auf dem Anrufbeantworter vor.
„Hi Crissy. Ich bin es, Josh. Ruf mich doch an, sobald du Zeit hast. Ich möchte dir einen Vorschlag machen.“
Sie rief ihn gleich zurück und glühte vor Freude, als die Empfangsdame ihr mitteilte: „Er hat schon auf Ihren Anruf gewartet. Einen kleinen Moment, ich stelle Sie durch.“
Keine Sekunde später war Josh am Apparat. „Da bist du ja. Ich hab dich vermisst“, begrüßte er sie.
„Was gibt’s?“, fragte Crissy. „Du hast etwas von einem Vorschlag gesagt. Oder war das nur ein Köder?“
„Nein. Morgen Nachmittag hole ich einen Welpen ab. Ich dachte, vielleicht hast du Lust mitzukommen.“
„Einen Welpen.“ Sie versuchte, sich das kleine Wesen in dem großen, weißen, sterilen Haus vorzustellen. „Die meisten Männer versuchen ihr Glück erst einmal mit einer Zimmerpflanze.“
„Es ist nicht für mich, sondern für Alicia, eine meiner Patientinnen. Sie ist seit achtzehn Monaten krebsfrei, und die Eltern wollen ihr einen Hund schenken. Sie haben ihn schon ausgesucht, und ich muss ihn nur abholen.“
„Gern“, antwortete sie. „Um wie viel Uhr?“
Crissy wartete im Foyer des Fitnessstudios auf Josh. Er kam in einem großen Geländewagen angefahren, den sie in Petes und Abbeys Einfahrt hatte stehen sehen. Sie lief auf das Auto zu und lächelte, als sie die Beifahrertür aufriss.
„Du willst also keine kleine Welpenpfütze in deinem schicken Doktorauto riskieren?“, witzelte sie beim Einsteigen. Er schenkte ihr ein Lächeln, beugte sich zu ihr hinüber und küsste sie auf die Wange. „Es war Petes Idee. Ich hab sofort zugestimmt.“
Sie starrte ihn an, sah die tiefen Schatten unter seinen Augen.
„Josh, was ist los?“, fragte sie beunruhigt.
„Nichts. Es geht mir gut.“
„Bist du sicher? Du siehst komisch aus. Irgendetwas ist passiert.“
Er legte den Gang ein und fuhr los. Nachdem er einige Minuten geschwiegen hatte, sagte er: „Es tut mir leid. Ich dachte, ich könnte mich verhalten, als ob nichts wäre, aber das schaffe ich wohl nicht.“ Er sah sie an. „Oder du bist feinfühliger als andere Menschen.“
„Ich glaube, ich bin einfach nur fantastisch“, scherzte sie und hoffte, die Stimmung damit etwas aufzuheitern. „Du kannst froh sein, dass du mich hast. Was ist passiert?“
Seine Hände umklammerten das Lenkrad, und er atmete aus. „Eins von den Kindern, Joey … er ist letzte Nacht gestorben.“
„Es tut mir so leid“, sagte sie mitfühlend. „Das muss immer wieder fürchterlich schmerzen.“
„Das tut es. Beinah hätte ich für heute abgesagt, aber Alicia wäre sehr enttäuscht gewesen. Und sie lebt, sie ist noch bei uns. Das Leben geht weiter.“
„Ja, aber es sind deine Patienten“, sagte sie. „Natürlich trauerst du um sie.“
„Dafür habe ich nicht immer Zeit. Jedes einzelne Leben bedeutet einen Kampf. Ich gegen den Krebs. Manchmal besiege ich das Monster. Manchmal schaffe ich es nicht. Letzte Nacht war ich bei Joey, zusammen mit seinen Eltern. Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, bis zum Schluss zu bleiben. Ob ich ihnen damit helfe oder es nur noch schlimmer mache.“
„Ich bin mir sicher, seine Eltern waren dankbar, dass du da warst. Ich wäre es jedenfalls gewesen.“
„Vielleicht. Ich weiß, was sie durchmachen. Es gibt immer Hoffnung – bis zum letzten Atemzug. Man hofft, dass Gottes Hand den geliebten Menschen noch rettet. Dass dieses eine Mal doch ein Wunder geschieht.“
Er redet jetzt nicht mehr von dem Kind, dachte Crissy. „War es so mit Stacey?“, fragte sie leise.
„So ähnlich“, gab er zu.
„Das tut mir leid“, sagte Crissy und fragte sich, wie man so einen Verlust überhaupt überleben konnte.
„Sie hatte immer gewusst, dass der Krebs zurückkommen würde“, fuhr er fort. „Ich glaube, tief in ihrem Herzen wusste sie, dass es nur eine Frage der Zeit war. Als das Ende kam, hat sie versucht, es so leicht wie möglich für mich zu machen. Ist das nicht verrückt?“
Es waren zu viele widerstreitende Emotionen in seiner Stimme, dachte Crissy und fragte sich, ob er es später bereuen würde, sich so geöffnet zu haben. Außerdem hatte sie selbst das Bedürfnis, sich vor diesen Dingen zu schützen.
„Aber man lebt weiter“, sagte er leise. „Man lebt weiter, und obwohl man nichts vergisst, kommt doch wieder
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