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Wie halte ich das nur alles aus?: Fragen Sie Frau Sibylle (German Edition)

Wie halte ich das nur alles aus?: Fragen Sie Frau Sibylle (German Edition)

Titel: Wie halte ich das nur alles aus?: Fragen Sie Frau Sibylle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Berg
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tun habe, sich krank fühlen, Halsweh, etwas in der Art. Ich wusste es nicht.
    Der Mensch fließt doch meist durch sein Leben, bis er auf einen anderen Menschen trifft, der ihm mit unsinnigen Anforderungen den Weg verstellt: beiseitezutreten, zu arbeiten, nicht zu rauchen, leise zu sein, die Tür nicht zu schlagen, zu beten, sich zu verhüllen, den Müll zu trennen, so etwas, und das erzeugt ein Gefühl des Widerwillens. Soll man das artikulieren? Meist verfügt man doch über gute Laune oder schlechte; die Gefühle sind Zufriedenheit oder Unzufriedenheit. Im zweiten Fall versucht man, als von der Freundlichkeit des Geburtsortes beschenkter Westeuropäer, die Unzufriedenheit zu beseitigen, indem man den Ort oder das Personal ändert, das einem Unwohlsein bereitet. Oder man liest ein paar Tage keine Zeitung und sieht kein Fernsehen, denn der Zustand der Welt kann einem schon unangenehme Gefühle bereiten, die man dann mit seinem Partner besprechen will.
    Ich kann mir schwer vorstellen, dass es Menschen gibt, die sagen: »Ich fühle mich von dir nicht angenommen, bzw. nicht geliebt, bzw. nicht wahrgenommen.« Was soll man denn darauf erwidern, außer: »Geh doch ein wenig Sport machen.« Gefühle ändern sich sekündlich. In dem Moment, da man sie in einen Satz packt, sind sie meist schon wieder vorüber. Sie lohnen kaum die Atemluft, die man für ihre Verbalisierung benötigt, so dass die angebliche Sucht der Frauen eine ebensolche Zeitungsente ist wie der großartige, demokratische arabische Frühling. Schön, dass ich darüber reden konnte.

Fünfter Teil
    Nach Weihnachten schnell
    ein Ausflug ins Grüne?

    Die schwierigsten Fragen zum Schluss

Muss man die Menschen
    nicht vor sich selber schützen?

    Dass die Menschen nur begrenzt lernfähig sind, ist ein Umstand, der mich verzweifeln lässt. Wann immer ich versuche, mir das Universum vorzustellen oder die Grignard’sche Reagenz zu begreifen, schüttelt sich mein Gehirn bedauernd. Jedes Thema in unserer Welt ist durch die Vielzahl von sofort verfügbaren Informationen scheinbar oder wirklich so komplex geworden, dass man sich wundern muss, warum die Fundamentalisierung der Weltbevölkerung nicht noch rasanter um sich greift. Die Sehnsucht nach einfachen Strukturen und einer Unterteilbarkeit der Welt in Gut und Böse ist so niedlich, dass man selbst für militante Religiöse noch milde Liebe empfinden kann. Die sich allerdings schnell wieder in Wut verwandelt, denn hinter jedem Beharren auf den Besitz einer allgemeingültigen Wahrheit lauert eine immense Blödheit. Diese Texte, die hier zu lesen stehen, sind kurze Momentaufnahmen, Gedanken zum Tage, zum Leben, wollen nicht mehr, als eventuell Zuspruch oder Abneigung erzeugen, im guten Fall. Im schlechten sind sie nur Meinungen unter Millionen anderer Meinungen, die täglich zu irgendeinem Thema geäußert werden. Es gibt kaum mehr etwas zu begreifen. Es gibt kaum mehr eine Haltung einzunehmen, die man nicht am nächsten Tag wieder ändern muss. So schnell man sich erregt, ob der offensichtlichen Verblödung eines anderen, so schnell muss man sich selber revidieren, wenn man seinen scheinbar absurden Argumentationsketten folgt. Das oberste Gesetz wäre eigentlich: Lasst alle in Ruhe! Lebt ohne die Mitmenschen zu bevormunden, zu ärgern, zu quälen oder zu benutzen!
    Leicht gesagt in unseren neoliberalen Zeiten. Bis heute verstehe ich zum Beispiel die weltweite Drogenpolitik kaum. Was spricht noch mal gegen den teuren Verkauf aller Drogen mit einer Alterskontrolle? Wie viele Opfer der Drogenmafia, des Krieges für und gegen Drogen gibt es im Jahr, und wie vielen Drogentoten stehen sie gegenüber? Wie viel Beschaffungselend gibt es, und wie viele Alkoholiker machen sich und ihren Familien ganz legal das Leben zur Hölle? Wenn es um Drogen geht und den völlig nachvollziehbaren Wunsch vieler Menschen, das Leben durch einen Filter ertragen zu wollen, scheint Logik außer Kraft gesetzt. Vielleicht hängen vielen Gegnern der Legalisierungskampagnen, die immer wieder scheitern, noch traurige Kinder vom Bahnhof Zoo im Gedächtnis, vielleicht handelt es sich auch um eingangs erwähnte Fundamentalisten, die versuchen, sich in einer unübersichtlichen Welt zurechtzufinden. Oder sind die, die am lautesten zum Widerstand aufrufen, schlicht jene, die sich selber misstrauen? Das könnten sie ja gerne, wenn das erwähnte Grundgesetz: Lasst alle in Ruhe! endlich weltweit verankert wäre und jede Zuwiderhandlung harte Bestrafung nach

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