Wie ich Brad Pitt entführte
allem dabei zu sein, was sich nur irgendwie wichtig vorkam. Das durfte doch nicht wahr sein! Niemand konnte ihn ersetzen. Und diese dicke Hummel schon dreimal nicht!
Blitzi schaufelte den guten Couscous-Salat wie immer viel zu schnell in sich hinein. Zum Glück besaß er einen beneidenswerten Metabolismus: Sein Körper setzte einfach kein Fett an. Egal, was er aß oder insbesondere, was er trank! Die »skinny« Jeans saßen immer locker auf den knochigen Hüften, und die T-Shirts schlotterten geradezu um seine ausgemergelte Mick-Jagger-Brust. Dabei wurde er nächstes Jahr im Juni bereits siebenundvierzig! Erfreulicherweise sah man ihm das nicht an. »Jungenhaft«, hatte ihn erst kürzlich das Kölner Stadtmagazin genannt. Er trug auch noch immer die punkige, weiß-blond gefärbte Stachelfrisur, aus der sich sein Spitzname ableitete.
Ha, die Hummel! Die würde sich noch umschauen. Der müsste man doch den Presseausweis an ihren hässlichen Kopf tackern, damit die irgendwo reinkam! Blitzi hingegen hatte zu allen wichtigen Leuten einen guten Draht. Wurde überall erkannt! Zudem arbeitete ihm eine riesige Menge an geschickt ausgewählten und subversiv positionierten Spionen zu. In Köln konnte kein Prominenter öffentlich seine Freundin ohrfeigen oder seine Kinder anranzen, ohne dass Blitzi es mitbekam. So ein engmaschiges Überwachungssystem musste erst einmal aufgebaut und durch jahrelange intensive Pflege perfektioniert werden! Und jetzt sollte die Hummel … lachhaft!
Trotzdem rumorte der Streit mit seinem Chefredakteur in Blitzis Kopf. Ob der Gnom tatsächlich auf eine Knüllerstory bestand, um ihn wieder in Amt und Würden einzusetzen? Das war doch Quatsch! Oder? Nach dem Frühstück würde er sein Blitzi-Mobil, den goldenen Motorroller, orten und dann zuhause in aller Ruhe seine »Rappelkiste«, die randvoll mit interessanten, irgendwann mal ausgerissenen Zeitungsschnipseln gefüllt war, nach möglichem Knüllermaterial durchforsten.
Gesagt, getan. Wieder in seinem gemieteten Loft in der Kettengasse angekommen, duschte Blitzi erst einmal ausgiebig. Nur in seinen japanischen Kimono gewandet, setzte er sich kreuzbeinig auf sein gemütliches Futon und baute sich in aller Ruhe eine »dicke Tüte«. Schließlich beflügelte ein guter Joint ganz eindeutig die Kreativität. Dann grübelte er darüber nach, was die verfluchte »Boulevard«-Leserschaft so interessieren könnte. Er nahm einen tiefen Zug. Ha! Die armen Spackis, die nicht inhalierten, taten ihm leid. Schon jetzt war er ungeheuer entspannt. Spürte, wie die schöpferischen Säfte anfingen, durch seine Gehirnwindungen zu strömen.
Genau in diesem Moment hörte Blitzi, wie jemand die Eingangstür seines Lofts aufschloss. Aus alter Gewohnheit versteckte er den Joint kurz hinter seinem Rücken. Dann musste er über sich selbst grinsen … denn natürlich war es nicht seine kontrollfreakige Mutter, die sich da den Weg in sein Zimmer bahnte. Es musste Kasi sein. Und richtig. Im nächsten Moment stand sein grau melierter Ex-Freund, mit zwei dicken Einkaufstüten beladen, vor ihm.
»Kasi, wie oft muss ich es dir noch sagen: Der Ersatz-Schlüssel ist für Notfälle! Du kannst doch nicht einfach so in meine Wohnung platzen!«
Kasi warf Blitzi einen entrüsteten Blick zu.
»Aber das ist doch ein Notfall! Ich habe versucht, dich heute Mittag in der Redaktion anzurufen, und da sagte man mir, dass du … sus-pen-diert … seist!« Die Empörung über diesen Umstand war ihm zweifelsfrei anzuhören.
»Na, und wenn schon. Das gibt dir noch lange kein Recht …«
Blitzi sprach nicht weiter. Es war sowieso sinnlos. Kasi hatte bereits die Tüten abgestellt, war zum Futon geeilt und saß nun neben ihm, seinen Arm tröstend um Blitzis Schultern geschlungen. Das war genau der Grund, weshalb er sich vor rund zwei Jahren von Kasi getrennt hatte. Er erstickte ihn mit seiner Liebe und Fürsorge! Nun ja, das und die Tatsache, dass Blitzi einfach nicht treu sein konnte. Er wollte dem herzensguten Kasi, der an einer streng monogamen, stinklangweiligen Biedermann-Beziehung interessiert war, nicht weiter Hörner aufsetzen. Aber jetzt hatte Kasi bestimmt auch wieder für eine ganze Armee Trostdelikatessen bei »Hoss«,
dem
Kölner Feinkostladen, eingekauft. Verdammt! Blitzi nahm einen extralangen Zug aus seiner Wundertüte und musste natürlich prompt husten.
Kasi, dessen wilde Zeit schon etwas länger zurücklag, blickte ihn vorwurfsvoll an. »Und nun? Nun gibst du dich
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