Wie ich Brad Pitt entführte
kurz überlegt und dann den Kopf geschüttelt. Wer im Rampenlicht stehen wollte, der musste den entsprechenden Preis zahlen. So lief das eben. Das war bekannt. Beharrlich fremdgehende Schauspieler, die in heimeligen »Bunte«-Homestorys brave Familienväter mimten, waren selbst schuld! Irgendwas kam immer raus. Wo Rauch ist, gibt es eben meistens auch Feuer …
Gut, normalerweise galt unter Journalisten eine Art Ehrenkodex, der besagte, dass man das Privatleben von deutschen Politikern – insbesondere kurz vor Wahlen – nicht so genau unter die Lupe nahm. Schließlich konnten die meisten Menschen selbst dann ihre Arbeit tagsüber ganz ordentlich verrichten, wenn sie abends in Swingerklubs abtauchten oder ihren vierten Ehepartner mit dem zukünftigen fünften betrogen. Keiner wollte »amerikanische Verhältnisse«, wo die Charaktereigenschaften eines jeden Kandidaten in allen Details auf den Prüfstand gestellt und mitunter regelrechte Hetzjagden auf heimliche Geliebte, exhibitionistische Twitterfotos und sexuelle Ausschweifungen aller Art veranstaltet wurden.
Trotzdem war er froh, etwas Verwertbares über Leenders ausgegraben zu haben. Nicht, dass er es tatsächlich benutzen wollte. Nein. Aber falls diese Vicki nicht richtig spurte, würde man ihr damit zumindest ein bisschen einheizen können. War für die Kleine bestimmt auch erzieherisch ganz wertvoll. Schließlich war sie mit dem sprichwörtlichen Goldlöffel im Mund geboren worden und garantiert so ein verzogenes, überbeschütztes Gazellchen. So ein klein wenig Gegenwind würde ihr da mit Sicherheit ganz gut tun.
Blitzi atmete einmal tief ein und ließ die Luft langsam wieder aus seinen Lungen entweichen. Auf seinem Schreibtisch lag noch die fertige Tom-Schneider-Homestory, die im morgigen »Boulevard« erscheinen würde. Sie war gut geworden. Doppelseitig. Mit vielen Bildern, die allerdings allesamt nicht Schneiders eigene Wohnung zeigten, sondern die von Blitzis Freundin Kathrin. Schneiders Wohnung mit dem blinkenden Flipper-Automaten, den vielen Aktzeichnungen von Frauen in Ekstase und seinem überdimensionierten Wasserbett hatte nicht zu dem Image gepasst, das ihm Blitzi und sein Manager verpassen wollten. Ihnen schwebte mehr – und das nicht nur optisch – so eine Art deutscher Brad Pitt vor: weltgewandt, seriös und wohltätig. Aber auf keinen Fall so ein nimmersatter Schürzenjäger, wie Schneider es wohl tatsächlich war. Man musste da eine sehr feine Grenze zwischen dem Geschmack der männlichen und der weiblichen Leser hinkriegen.
Die Damenwelt wollte allesamt Romantik. Für die Männer durfte Schneider aber nicht zu sehr in Richtung Weichei driften. Kathrins Wohnung war einfach perfekt. Erdige Farben. Viel Holz. Kultige, wertvolle Skulpturen, die Kathrin von ihren verschiedenen Reisen mitgebracht hatte. Das kam alles richtig gut. Der Text war sehr neutral gehalten. Blitzi wollte sich die Highlights für die Sonntagsausgabe aufsparen.
Danach würde er ganz, ganz langsam die Leenders-Seite der Story einbauen. Blitzi rieb sich die Hände. Er freute sich auf die Arbeit, die vor ihm lag. So viel Spaß hatte er schon lange nicht mehr gehabt. Selbst der Gnom hatte ihm heute seinen Respekt gezollt: »Solide« hatte er die Homestory genannt.
Die Reportage für die Sonntagsausgabe sollte den Chefredakteur dann hoffentlich restlos überzeugen. Und dann war endlich wieder alles beim Alten.
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33.
Samstag, 5.08 Uhr
I ch liege wach im Bett. Neben mir schnarcht Tom leise vor sich hin. Er hatte es schlichtweg abgelehnt, auf der Couch zu schlafen. Und ich fühle mich in meiner wachsenden Verzweiflung auch wohler, ein menschliches Wesen neben mir zu wissen. Selbst wenn dieses Lebewesen nicht ganz unschuldig an meiner momentanen Gefühlslage ist. In Gedanken lasse ich mir den restlichen gestrigen Abend noch mal durch den Kopf gehen.
Die Entdeckung, dass ich jemanden mit einer geladenen Waffe bedroht hatte, ließ selbst Linda nicht kalt. Obwohl sie sich immer noch kämpferisch gab. Sie hatte sogar versucht, mich für die Nacht in ihre Wohnung zu lotsen. Aber das wollte ich nicht. Ich wollte nicht von ihr bemuttert, sondern mir über die Tragweite und potenziellen Folgen meiner Taten bewusst werden. Dazu musste ich allein sein. Linda hatte dann ihre ganze ohnmächtige Wut an Tom ausgelassen.
»Warum ziehst du nicht einfach Leine? Siehst du nicht, wie dreckig es ihr geht?«, fuhr sie ihn an.
Tom hatte sich aufreizend langsam in der
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