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Wie ich mir das Glück vorstelle

Wie ich mir das Glück vorstelle

Titel: Wie ich mir das Glück vorstelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Kordić
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unser Gelände gehen und alles aufschreiben. Wie das Wetter ist. Was die anderen Kinder machen. Welche Kinder ihre Arbeit nicht gut machen. Ich darf das alles aufschreiben und abends gebe ich das Heft einer Schwester und die kontrolliert das. Das mache ich jeden Tag. Bis der dicke Dim tot ist. Dann muss ich seine Aufgabe machen und ich darf auf den Erscheinungsberg.
    Ich erzähle dir die Geschichte, wie der dicke Dim stirbt. Das ist im Winter. Überall liegt Schnee. Als der dicke Dim oben auf dem Erscheinungsberg ist und da sind gerade keine Pilger und auch die Schwestern sind irgendwo unten im Dorf und trinken einen Tee, da glaubt der dicke Dim, dass er was im Schnee sieht. Hinten bei den Sträuchern. Vielleicht ein schönes Tier. Oder irgendwas, das glitzert. Der dicke Dim will wissen, was das ist. Also geht der von der Stelle weg, wo die Jungfrau Maria erscheint. Weil ja auch gar kein Pilger da ist. Den Stoffbeutel mit dem warmen Wasser lässt er da liegen, der ist ihm zu schwer. Er geht rein ins Gestrüpp. Das, was er da sieht, ist jetzt aber weiter weg von ihm als gerade eben noch. Also geht der dicke Dim immer tiefer in den Schnee. Irgendwann dreht der sich um und ist schon so weit weg, dass er jetzt gar nicht mehr die Stelle sehen kann, wo die Königin des Friedens erscheint. Da bekommt er es plötzlich mit der Angst zu tun, weil der gar nicht mehr weiß, wo er überhaupt ist. Alles ist ganz weiß. Gerade als er sich auf den Boden kniet, die Hände faltet und die Augen schließt, merkt er, wie ihn was im großen Zeh zwickt. Erst denkt er sich gar nichts, weil bei uns in der Gegend zwickt immerzu irgendein Tier dir in die Füße. Auch im Winter. Aber als er wieder aufstehen will, spürt der dicke Dim seinen Fuß nicht mehr und fällt bewusstlos in den Schnee. Erst bei uns in der Gemeinschaft kommt er wieder zu sich. Die beiden Schwestern finden den dicken Dim und fahren ihn mit dem Auto zu uns zurück. Sie bringen den dicken Dim ins große Haus und ich muss für ein paar Tage nichts in das Heft schreiben. Ich muss jetzt auf den dicken Dim aufpassen, weil ich sein Freund sein muss. Ich frage in der Küche nach einem Carepaket. Ich schmeiße da ganz viel Schnee rein und schleppe das zum dicken Dim ins Zimmer. Der Zeh ist ganz blau. Nach ein paar Stunden kannst du sogar zwei Punkte sehen, wo ihm einer reingebissen hat. Weißt du, was das für ein Tier ist? Der dicke Dim stellt seinen Fuß ins Carepaket. Sonst bekommt der dicke Dim keine Medizin und es kommt auch kein Doktor. Dem dicken Dim tut aber gar nicht der Fuß weh, sondern der Bauch. Der dicke Dim liegt drei Tage lang ganz krumm im Bett. Der dicke Dim muss viel würgen, aber es kommt nichts raus, weil der dicke Dim ja nie was isst. Irgendwie ist es dann aber wieder besser. Zumindest das mit den Bauchschmerzen. Ein paar Tage muss der sich noch erholen. Ich mache wieder meine Aufgabe und nehme mir nach dem Mittagessen das Heft und gehe über unser Gelände.
    Ich schreibe auf: Das Thermometer an der Kapelle zeigt an: -8 Grad. Das Thermometer am Stall zeigt an: -6 Grad. Die Sonne steht über der Kapelle. Über dem Stall ist eine Wolke. Die Kinder sind in den Häusern. Die Krieger sind draußen hinter der Mauer und ein paar von denen schippen den Weg zum Gelände frei. Ich kann nicht sehen, was genau die machen.
    Ich schreibe das alles ins Heft rein und dann spaziere ich bei den Ställen rum. Ich gucke mir die Tiere an. Und da sehe ich, wie der dicke Dim auf dem Brunnen steht und das Brett vom Loch runterschiebt. Ich laufe schnell rüber.
    Ich sage: Was machst du?
    Der dicke Dim sagt: Da sind Geister im Brunnen.
    Ich sage: Komm da runter.
    Der dicke Dim sagt: Meine Mutter ist da unten.
    Ich packe ihn am Bein und werfe ihn runter in den Schnee. Wir kämpfen. Der dicke Dim ist ganz heiß und da wo er liegt, schmilzt der ganze Schnee sofort weg. So geht das ein paar Tage lang. Immer wieder sehe ich, wie der dicke Dim auf den Brunnen klettert. Der dicke Dim schiebt das Brett weg und ruft seine Mutter. Als der dicke Dim den Biss bekommt, macht das seinen Kopf kaputt. Der ist völlig bekloppt. Wenn wir abends im Bett liegen, redet der dicke Dim immer noch von den Geistern. Ich verrate das nicht den Schwestern und ich schreibe das auch nicht ins Heft. Auch nicht, als der dicke Dim stirbt. Da komme ich zu spät. Ich sehe schon, wie der dicke Dim wieder auf den Brunnen raufklettert und das Brett runterschiebt. Ich laufe schnell rüber. Der dicke Dim sieht, dass ich zu

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