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Wie ich Schriftsteller wurde

Wie ich Schriftsteller wurde

Titel: Wie ich Schriftsteller wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Golluch
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nur das eine
Dilemma durch ein anderes. Ich muss es ihm sagen.
     
    „Weißt du, warum ich nicht weiter komme? Ich habe nichts als
diese Frau im Kopf, kann keinen klaren Gedanken fassen, geschweige denn mir über
den Inhalt eines ganzen Buches klar werden.“
     
    „Puff oder Kloster!“ meint Benno lakonisch. Ich überlege
kurz, entscheide mich dann für Letzteres. Benno wünscht allerdings noch die
Alternative zu diskutieren. Wir tun dies ausführlich, konsumieren dabei
verschiedene bewusstseinserweiternde Flüssigkeiten.
     
    Das Katholische am Alkohol ist, dass die Schuldgefühle
gleich eingebaut sind. Ich fühle mich heute Morgen ausgesprochen schuldig und
rufe bei der zentralen Klostervermittlungsstelle im Kloster Marienborn an, die
Mönche und Nonnen wären hocherfreut, wenn ich ihr Gast sein würde, allerdings
blockieren im Moment 24 andere Schriftsteller bei der Arbeit an ihren Romanen
die dafür vorgesehenen Zellen. Ich könnte zwar eine Klause im Trakt für
ausgebrannte Manager buchen, aber ihrer Erfahrung nach wäre das für die Arbeit
an einem Roman wenig förderlich. Ich buche die nächste frei werdende Zelle im
Autoren-Trakt irgendeines Klosters, bin sozusagen Mönch auf Abruf und im
Standby, lasse mir schon einmal erklären, was ich mitnehmen kann. Nur das Nötigste
ist erlaubt, Notebook und Smartphone, sonst nichts. WLAN für Internetrecherchen
vorhanden. Ich kann zwischen unterschiedlichen Zeitmanagement-Modellen wählen,
Kloster auf Zeit, Auszeit im Kloster, Einkehrtage im Kloster, Mitleben im
Kloster, die Teilnahme am kommunitären Leben als Gast. Einkehrtage im Kloster
sei ihrer Erfahrung nach das Beste für Schriftsteller, bevorzugt in einem Orden
mit Schweigegelübde. Zur Erholung bietet sich nachher ein Klosterurlaub an.
Habe augenblicklich Visionen vom Urlaub im Nonnenkloster, wische sie aber
sofort wieder weg. Schließlich ist es ein ernsthaftes Vorhaben, einen Roman zu
verfassen.
     

Sperrmüll, Blumenkohl und kreatives Schreiben
    Während ich auf meine Planstelle im Kloster warte, rufe ich
meinen Freund Frieder an, eine Bekanntschaft aus WG-Tagen, wir haben über
einige Monate im selben Haus gewohnt und nostalgieren nun heftig diese wilde
Zeit. Wohngemeinschaftsromane verkaufen sich gut, glaube ich mich zu erinnern,
aber habe ich genug Stoff? Das Gespräch mit Frieder liefert reichlich Material:
     
    Da wären die abendlichen Sperrmüll-Rituale, ursprünglich
begonnen, um das WG-Haus mit geeignetem Material zu versorgen, aber bald schon
ausartend in einen veritablen Antiquitätenhandel, der einiges abwarf und uns
einen Lebenswandel gestattete, der einem Studenten normalerweise verwehrt blieb.
Mit Chip und Cola im Dieselmercedes von Frieders Oma unterwegs, die
Taschenlampe immer im Anschlag. Die besten Funde gingen direkt an einen
Antiquitätenhändler, cash auf die Kralle.
     
    „Dafür interessiert sich heute kein Mensch mehr“, stellt
Frieder lakonisch fest. „Auf dem Sperrmüll steht nur noch Schrott, da ist
nichts mehr zu holen, Antiquitäten schon gar nicht!“
     
    Ich mache andere Angebote: Heiner, der im LSD-Rausch sein
Fahrrad aus dem vierten Stock warf, um auszutesten, wie sich das anfühlt, aber
kurz darauf bemerkte, dass Fahrräder nach einer derartigen Behandlung nicht
mehr brauchbar sind.
     
    „Kurioser Einzelfall“, meint Frieder. „Das trägt nichts zur
Handlung bei in deinem Roman!“
     
    „Woher willst du das wissen?“ kontere ich. „Hast du schon
eingeschrieben?“
     
    Er schweigt, sucht nach neuen verwertbaren Fakten.
     
    Erinnerst du dich noch an Susanne?“
     
    Ach ja, Susanne, Volleyballprofi, eine Frau wie Van Diesel,
der irgendjemand einen Freier ins Haus schickte. In der Kneipe mit dem
heimeligen Namen „Mutter Erlen“ hatte jemand ihre Adresse als erotischen
Kontakt verkauft. Der erotisch hoch motivierte, aber ziemlich schmächtige Kunde
flog achtkantig hinaus, darüber jammernd, dass er doch schon bezahlt habe.
     
    „Das geht nur bei den dreisten Drei! Oder im Ohnsorg-Theater!“
wehre ich ab.  „Dann schon eher unsere geradezu epischen Kollektivabendessen!“
     
    „Du meinst dieses Gruppenmampfen in der fensterlosen Küche?“
Frieder schüttelt sich. „Mir wird heute noch schlecht, wenn ich daran denke!“
     
    Ich ziehe es vor, die Geschichte nicht weiter zu vertiefen.
Wer will als Leser eines Werkes der Literatur schon wissen, dass sich hinter
einem Vorhang die Gemeinschaftstoilette befand, die natürlich während der
Mahlzeiten

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