Wie immer Chefsache
Reuter über das Konzept unterhalten. So was geht ja nicht von heute auf morgen. Den grafischen Teil haben Sie doch sicher schon seit Monaten entwickelt, oder?«
»Ach, das ging schnell«, sagte Mattes und warf lässig hinterher: »Ich bin seit einigen Jahren dabei, und Kreativität ist mein Geschäft.«
Hinter ihm klappte eine Tür, und Peter Plattler schlurfte mit hängender Kippe im Mundwinkel über den Flur.
Herr Weber wandte sich interessiert um: »Ach, noch jemand. Darf ich fragen, welche Aufgabe Sie hier haben?«
»Grafiker«, raunzte Peter und hustete kurz die Lungen frei.
Herr Weber sah irritiert zu Steinle-Bergerhausen und fragte: »Zwei Grafiker?«
Steinle-Bergerhausen zuckte mit den Schultern und stammelte: »Wie gesagt … es ging alles … an mir … also …«
Die Außentüre öffnete sich ein Stück, und Tina steckte von draußen ihren Kopf herein. Zu ihren Füßen versuchte sich Mucki hineinzudrängen, wurde aber von der festgestrafften Leine gehalten, die aus seinem Kläffen ein heiseres Quietschen machte.
»Ich schleife den Mucki schon die ganze Zeit hinter mir her. Der hat voll keinen Bock mehr. Kann ich wieder rein?«, piepste Tina kläglich.
Frau Althoff eilte zur Tür und nahm ihr den Hund ab, der sofort deutlich an Lautstärke zulegte, als ihm die Leine nicht mehr den Hals abschnürte.
»Da ist ja der fürchterliche Hund schon wieder!«, rief Steinle-Bergerhausen und zeigte erregt mit dem Zeigefinger auf ihn, während Frau Althoff den wild kläffenden Mucki durch den Flur bis in ihr Büro zerrte, die Tür hinter ihm schloss und sich sichtlich nervös umdrehte.
»Scheißtöle«, brummte Peter und schlurfte weiter in Richtung Küche.
»Und wer sind Sie?«, fragte Herr Weber, der sich zu Tina umgedreht hatte.
»Ich bin Tina.«
»Auch Grafikerin?«
Sie lachte laut los: »Nee, Bullenschitt, ich kopiere und ordne. Nach Straßen, nach Geld oder nach Farbe. Alles. Stimmt doch, Frau Althoff, oder?«
Mattes fühlte sich wie in einem Boulevardstück auf der Bühne eines Provinztheaters. Tür auf, Tür zu, Missverständnisse, Flunkereien und Peinlichkeiten. Nur dass vor ihm kein Publikum saß, dass sich vergnügt auf die Schenkel klopfte und mit Lachsalven auf die ganzen Verwirrungen reagierte. Es war alles echt, und es war die harte Realität. Steinle-Bergerhausen hatte inzwischen einen roten Kopf, und Herr Weber rückte sich zum wiederholten Male seine Krawatte zurecht. Es durfte nicht sein, dass die beiden von diesem Chaos abgeschreckt wurden und die Redaktion im schlimmsten Fall schließen würden. Wenn gar nichts anderes mehr hilft, muss eben die Wahrheit ans Licht, dachte Mattes, hoffte aber, dass seine Büroleiterin auf eine bessere Idee kommen würde.
Herr Weber blicke sich um. »Ich habe die Zusammenhänge hier im Hause noch nicht ganz begriffen, aber da wird mir Herr Dr. Steinle-Bergerhausen sicher weiterhelfen können.«
Steinle-Bergerhausen nickte beflissen, zeigte dazu aber einen nicht nur fragenden, sondern fast debilen Gesichtsausdruck, der an seiner Kompetenz stark zweifeln ließ.
»Es ist auf jeden Fall eine erfreuliche Entwicklung, die das kleine Magazin gemacht hat, und wir möchten es gerne vorerst so weiterlaufen lassen, bis wir genauer informiert sind«, sagte Herr Weber und nickte Steinle-Bergerhausen anerkennend zu: »Sie haben ein gutes Team aufgebaut und die richtigen Entscheidungen getroffen. Ich muss zugeben, dass es mich überrascht hat. Aber weiter so.«
Steinle-Bergerhausen plusterte sich ein wenig auf und sagte eifrig: »Ich habe natürlich lange überlegt, ob eine Umstrukturierung sinnvoll ist, aber es bestand bei mir nie ein Zweifel, dass innovative Ideen innovative Macher brauchen.«
»So, so«, sagte Herr Weber und nickte Frau Althoff zu: »Grüßen Sie Herrn Reuter. Es bleibt erst mal alles so, wie es ist. Die aktuellen Unterlagen über den Vorgang schicken Sie bitte an die Verlagsleitung, damit wir uns dort ein Bild machen können.«
»Selbstverständlich«, warf Steinle-Bergerhausen von der Seite ein.
Kaum waren die beiden Besucher aus der Tür, guckten sich Mattes und Frau Althoff erleichtert an.
»Es läuft weiter«, sagte sie überrascht.
Mattes fragte selbstsicher: »Haben Sie daran gezweifelt? Die stellen so eine Meisterleistung nicht einfach ein. Und das nächste Heft wird noch besser und noch dicker.«
Schnell hakte sie ein: »Haben Sie nicht gehört? Wir können weitermachen, aber es soll keine weiteren Veränderungen geben! Die
Weitere Kostenlose Bücher