Wie immer Chefsache
uns allen schaden. Und bei Tina ist es auch besser, wenn sie nicht gesehen wird. Zu viele Erklärungen verkomplizieren die Verhandlungen.« Die Althoff hatte Respekt vor den Besuchern. Dabei hatte sie Steinle-Bergerhausen vorher so frech angelogen. Aber genau das war jetzt vermutlich das Problem.
Mattes selber war überhaupt nicht aufgeregt. Was sollte schon passieren? Der Verlag würde kein unmittelbar nach Erscheinen ausverkauftes Magazin einstellen. Er war der für die Neukonzeption verantwortliche Chefredakteur, der aus ›Hassos Herrchen – Finas Frauchen‹ im Handumdrehen einen Megaseller gemacht hatte. Auf seltsame Weise hatte er trotzdem ein ungutes Gefühl. Irgendwo verrechnete er sich gerade, aber wo? Vermutlich machte ihn nur das aufgeregte Gehabe der Althoff verrückt. 40 000 verkaufte Exemplare – da konnte es kein Gegenargument geben. Mattes zog sich in sein Büro zurück, weil er das Gefühl hatte, es wirke besser, wenn der Chef der Redaktion nicht tatenlos im Foyer rumlungerte.
Als wenig später die beiden dunkel gekleideten Besucher eintraten, empfing sie eine wie verwandelte, überaus herzliche Gisela Althoff. Die Frau hat es echt drauf, dachte Mattes, der die Szene von seinem Büro aus verfolgte. Die benimmt sich, als wäre sie die Hausherrin, die gerade ihre Gäste in der 40-Zimmer-Villa empfängt. Kein Wunder, dass sie als Chefsekretärin und Begleiterin eines Vorstandchefs durch die halbe Welt gekommen war. Hinter seiner Bürotüre zählte er langsam bis zehn und beschloss, dass nun der passende Moment für seinen Auftritt gekommen war. Traraaa! Der Hausherr betritt lässig den Salon und begrüßt jovial die Besucher. In diesem Fall trat der erfolgreiche Chefredakteur aus seinem Büro und ging auf die Vertreter der Verlagsleitung zu. Lässig und als sei er ein wenig überrascht, so unerwartet auf die beiden Herren im Flur zu treffen, schritt er auf sie zu. Steinle-Bergerhausen beugte sich zu Weber und raunte gut vernehmlich: »Das ist der Grafiker der Truppe, den hab ich beim letzten Mal schon getroffen.« Völlig uninteressiert an Mattes, der als Grafiker zu weit unten in der Hierarchie stand, um an dieser Stelle persönlich begrüßt zu werden, wandte Herr Weber sich an Frau Althoff: »Ist denn endlich mal Herr Reuter im Haus?«
Mattes bekam ein komisches Gefühl in der Magengegend. Er hatte dem blöden Steinle selber erzählt, dass er der Grafiker sei. Insgeheim hatte er gehofft, jetzt mit einem Scherz darüber hinweggehen zu können. Die beiden Herren sahen aber so gar nicht nach Scherzen aus. Die Grafiker-Panne konnte selbst die Althoff nicht mehr geradebiegen. Er sah, wie sie freundlich guckte und bedauerte: »Nein, leider ist er nicht da. Sie hätten uns rechtzeitig informieren sollen, dass Sie kommen. Er ist gestern nach China geflogen.«
»Nach China?«, rief Steinle-Bergerhausen aufgebracht. »Was macht er denn da?«
Das war genau die Frage, die Mattes an dieser Stelle auch gestellt hätte und deren Antwort er interessiert entgegen sah.
Frau Althoff lächelte: »Nackthunde. Chinesische Nackthunde.«
In der Art, wie sie es sagte, lag ihre selbstverständliche Erwartung, dass jeder sofort wusste, um was es ging.
»Aha«, sagte Steinle-Bergerhausen und sah blöd aus.
Herr Weber drehte sich zu Mattes und fragte: »Sie sind also der Grafiker, der das Heft gestaltet hat?«
»Öhm … sozusagen«, bestätigte Mattes vorsichtig.
»Und wer schreibt die Artikel?«
»Das machen Frau Berger und Herr Reuter«, informierte Mattes vorsichtig.
»So, so.«
So, so? Was sollte das bedeuten?
Dr. Steinle-Bergerhausen mischte sich ein und erklärte Herrn Weber: »Die Hasso-Redaktion bestand in den letzten Monaten aus vier Personen. Es hat allerdings Änderungen gegeben … Ich bin aktuell nicht genau informiert …« Er brach ab und wirkte plötzlich nervös.
Herr Weber sah ihn kritisch an: »Es ist Ihr Zuständigkeitsbereich, Steinle. Sie müssen doch wissen, wer hier arbeitet und was produziert wird. Die Verlagsleitung jedenfalls wurde von ›doggies live‹ mehr als überrascht.«
Frau Althoff blieb ruhig: »Wir arbeiten weiterhin zu viert. Eine Journalistin, ein Grafiker, Herr Reuter als Chefredakteur und ich.«
Herr Weber schüttelte überrascht den Kopf: »Ein so aufwendiges Magazin mit nur vier Leuten zu produzieren, das ist wirklich erstaunlich.«
Er sah Mattes an: »Wunderbares Layout, sehr gut. Überhaupt hat mir das ganze Heft gefallen. Ich würde mich gerne mit Herrn
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