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Wie Inseln im Strom

Wie Inseln im Strom

Titel: Wie Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O`Brien
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wollte nicht, dass jemand davon erfuhr, erst recht nicht du. Ich hatte keine Ahnung, dass du es mitbekommen hast …”
    Langsam, als würde ihre Beine nachgeben, sank sie nach unten, bis sie auf der Treppe saß. “Aber das alles spielt keine Rolle mehr. Es ist vorbei. Das war es schon eine lange Zeit. Ich wollte mich nur einfach nicht damit abfinden.”
    “Oh, Lacy”, sagte Gwen. “Es tut mir leid.” Ohne zu überlegen, ging sie zu ihr und hockte sich vor sie, um ihre Schulter zu berühren – zaghaft, als wäre sie nicht sicher, ob Lacy es zulassen würde. Sie wusste nicht mehr, wann sie ihre Stiefmutter zuletzt angefasst hatte.
    Zu ihrem Erstaunen wich Lacy nicht zurück. Behutsam legte Gwen den Arm um sie und stellte überrascht fest, wie zart und schmal sie war. Lacy war ihr immer so stark, so überlegen erschienen.
    Aber sie hatte sich in so vielen Dingen getäuscht. Sie spürte, wie ihre Augen feucht wurden. Sie war so dumm gewesen.
    “Es war nicht nur deine Schuld”, sagte sie leise. “Ich war unausstehlich und habe dir das Leben noch schwerer gemacht, als es ohnehin schon war. Oh, Lacy. Es tut mir schrecklich leid.”
    “Ich weiß”, erwiderte Lacy fast unhörbar. Sie ließ den Kopf auf die Arme sinken. Sie weinte nicht, aber Gwen wusste, dass ihr Schmerz zu groß für Tränen war. “Schon gut, Gwen. Das weiß ich doch.”
    Behutsam legte Gwen auch den anderen Arm um sie. Lacy protestierte nicht, sondern drehte sich nach vorn, bis sie den Kopf an Gwens Brust legen konnte. Deutlicher hätte sie nicht zeigen können, dass sie ihr verzieh.
    Gwen schloss die Augen und nahm Lacys Wärme und Güte in sich auf – wie ein Kind, das in der Nähe und Liebe der Mutter Trost fand. Das Gefühl durchströmte sie und vertrieb die Verbitterung, die sie so lange beherrscht hatte. Oh, wie sehr sie sich danach gesehnt hatte, gehalten zu werden. Angenommen zu werden. Zu einer Familie zu gehören.
    Und dann weinte jemand, aber es war nicht Lacy. Es war Gwen, die endlich den ersten Schritt auf dem weiten Weg nach Hause gemacht hatte.

15. KAPITEL
    “A lso ehrlich gesagt”, begann Gwen, während sie in die Hocke ging, um Lacy das Klebeband zu reichen. Lacy befand sich auf der anderen Seite des Pakets, das sie gerade versandfertig machten. “Ich verstehe beim besten Willen nicht, warum du dir all die Arbeit machst, nur um dieses Bild zu verschenken.”
    Lächelnd verklebte Lacy das dick wattierte Packpapier. “Nun ja, ebenso ehrlich gesagt, ich bin heilfroh, dass ich es verschenken kann. Mich wundert, dass jemand es haben will.”
    “Wer hat es denn genommen? Das Blindenmuseum von Neu-England?”
    Lacy schmunzelte. Gwens unverwechselbarer Humor hatte an den letzten zwei Tagen das Zusammensein beträchtlich erleichtert. Als Gwen und sie erst einmal angefangen hatten, ernsthaft und ehrlich miteinander zu reden, war bald klar geworden, dass sie viele Gemeinsamkeiten besaßen. Zum Beispiel, dass sie beide
Samstagmorgen: Nach dem Paradies
nicht ausstehen konnten. Gwen hatte gestanden, dass sie das Wohnzimmer immer gemieden hatte, um das Ding nicht sehen zu müssen.
    Als sie fertig war, ließ Lacy sich auf die Absätze zurückfallen und schaute sich um. Das Porträt von Malcolm und ihr war bereits auf den Dachboden verbannt worden, und seit die beiden wuchtigen Gemälde nicht mehr die Wände beherrschten, sah das Zimmer irgendwie größer aus.
    “Willst du es dir nicht doch noch anders überlegen?”, fragte Gwen. Sie saß auf der Kante von Malcolms Schreibtisch und kaute Sonnenblumenkerne, während sie Lacy zusah. “Du weißt, dass du meinetwegen nicht wegmusst. Wir beiden könnten uns hier eine tolle Zeit machen. Schließlich sind wir beide Singles. Natürlich müssten wir unsere Dates miteinander absprechen, damit wir uns nicht gegenseitig ins Gehege kommen …”
    “Nein, Gwen.” Lacy legte das Klebeband auf den Tisch und erhob sich langsam. “Ich bin mir sicher, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Sie war längst überfällig.”
    Sie freute sich darüber, wie zuversichtlich sie klang. Hoffentlich würde sie es irgendwann auch sein.
    Vor zwei Tagen hatte sie sich entschieden, gleich nach dem letzten Zusammentreffen mit Adam. Sie würde nach Boston ziehen, denn sie hatte sich lange genug auf dieser unwirklichen kleinen Insel versteckt.
    Jetzt, da Malcolm tot war, hielt sie nichts mehr auf Pringle Island. Und jetzt, da Adam …
    Nein, es wäre nicht sehr hilfreich, an Adam zu denken. Sie musste

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