Wie keiner sonst / ebook (German Edition)
Wenn ich das nächste Mal einkaufen gehe, bringe ich ihm einen Schlips mit. Wenn ich lächle, während er ihn auspackt, würde er ihn sogar anziehen. Ich fürchte nur, er würde ihn über dem Pullover tragen.
Er reibt mehr Wasser ins Haar. »Ein Superseitenscheitel«, sagt er und kämmt es ganz glatt. Dann holt er schwarze Schuhcreme, schraubt den Deckel auf und steckt zwei Finger hinein. Er malt sich einen dicken Strich zwischen Nase und Oberlippe. »Wer bin ich?«, fragt er.
»Hitler«, rufe ich.
Mein Vater marschiert mit steifen Beinen durch die Wohnung und streckt die rechte Hand in die Luft. Er ruft auf Deutsch: »Arbeit macht frei!«, und wirbelt Haarbüschel vom Boden auf. Er schielt, sabbert und ruft: »Die Endlösung der Judenfrage.« Ich lache, bis mir der Bauch wehtut.
An diesem Abend essen wir Kartoffeleintopf mit Würstchen, das Rezept habe ich aus dem großen Kochbuch von der Bibliothek. Immer, wenn ich meinen Vater ansehe, kann ich mir das Lachen nicht verkneifen. Er hat geschrubbt und geschrubbt, aber den schwarzen Strich nicht von der Oberlippe abbekommen.
»Wenn es so gut schmeckt, darf man ruhig schmatzen«, sagt er und trinkt einen Schluck Bier. Ich bin stolz, zum ersten Mal habe ich etwas so hinbekommen, wie es im Buch aussieht.
Die Wand hinter uns ist wieder leer. Mein Vater hat alle Zeitungsausschnitte abgenommen, während ich kochte. Nur die blauen Striche auf der Tapete sind noch da.
M ein Vater hat schon Frühstücksbrote geschmiert. Der Schulranzen steht fertig gepackt auf dem Tisch.
Ich bin gerade aufgewacht. »Heute machen wir einen Ausflug«, sagt er.
»Zieh deine feinen Sachen an«, sagt er durch den Türspalt, »heute gehen wir nicht in den Wald.« Er selbst trägt ein weißes Hemd unter der Jeansjacke, seine schwarzen Schuhe glänzen, das Haar ist frisch gekämmt.
Er setzt mir den Ranzen auf. »Du musst dich daran gewöhnen. Die Schule beginnt bald.« Ich spanne die Tragriemen.
Wir gehen hinaus.
»Ist er auch nicht zu schwer? Ich habe die Trinkflasche reingesteckt.« Ich schüttle den Kopf, weiß, dass er noch viel schwerer sein wird, wenn er voller Bücher ist.
Mein Vater macht große Schritte und schaut auf die Uhr. Ich muss laufen, um mitzukommen. »Entschuldigung«, lächelt er und geht langsamer. »Soll ich die Tasche tragen?« Ich schüttle den Kopf.
An der Bushaltestelle richtet er meine Frisur mit Kamm und Spucke.
»Wir fahren nach Christiansborg, da müssen wir schick aussehen.«
Mein Vater schaut aus dem Busfenster. Er massiert seine Knie, unaufhörlich fährt er mit der Hand über den Jeansstoff. Ich zupfe an seinem Ärmel. Er dreht sich zu mir und nimmt meinen Kopf in beide Hände. Dann küsst er mich auf die Stirn und schaut wieder aus dem Fenster. Jetzt bewegt er nicht einmal mehr die Hände.
Ich habe kein Frühstück bekommen, bevor wir die Wohnung verließen, das spüre ich jetzt. Die Dame auf dem Sitz gegenüber isst Brot aus einer Bäckereitüte. Wie ein Vogel, der Futter pickt, zupft sie Stück für Stück von dem Laib.
Ich will meinen Vater wieder am Ärmel ziehen, will fragen, was wir zu essen dabeihaben, und mehr über die Politiker wissen. Wie man einer wird, und warum sie so wichtig sind. Irgendetwas, weil er viel zu still ist. Da dreht er sich zu mir und lächelt.
»Spannend, nicht wahr, mein Schatz?« Er nimmt meine Hand.
Als wir aussteigen, sage ich, dass ich Hunger habe. Er klopft auf den Schulranzen. »Gleich«, sagt er. Wir gehen über den gepflasterten Platz auf das Schloss zu. Mein Vater hält die große, hölzerne Tür für mich auf. Anstelle von Wächtern in Ritterrüstungen stehen zwei Polizisten dahinter. Sie lächeln, und wir gehen weiter durch einen langen Gang und eine Treppe hinauf. Ich bleibe vor einem Bild stehen. Ein Vogel, vielleicht eine Krähe, umgeben von anderen Vögeln. Er sieht krank aus, mit offenem Schnabel und hängendem Kopf. Die Flügel hat er ausgebreitet, und dazwischen steht: »Wer die Sprache der Vögel versteht, kann Minister werden.«
Mein Vater lacht, greift meine Hand und zieht mich mit, vorbei an anderen Bildern.
Der Saal platzt vor Menschen, und als wir hineinkommen, drehen sich alle nach uns um. Sie haben Kameras mit langen Objektiven und Mikrofone in den Händen.
Sie sehen uns kurz an, dann reden sie weiter. Mein Vater sagt, die große Kamera in der Mitte des Saals sei vom Fernsehen.
Die Tür geht auf, und plötzlich schauen alle dorthin. Ich sehe nur noch Rücken.
Die Leute reden
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