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Wie keiner sonst / ebook (German Edition)

Wie keiner sonst / ebook (German Edition)

Titel: Wie keiner sonst / ebook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas T. Bengtsson
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Laden kommen.
    Ich habe vergessen, etwas zu trinken einzupacken, also gehen wir zu einem Kiosk und kaufen ein Bier für meinen Vater und eine Limonade für mich. Wir gehen an etlichen Bänken vorbei, ehe mein Vater zufrieden ist. Ich habe die Brote in Papier gepackt, mit einem Gummiband drum herum, wie in den Sandwichläden. Auf dem Wurstbrot meines Vaters ist viel Senf, sonst sind beide gleich. Er isst es in großen Bissen und trinkt Bier dazu. »Lecker.« Er leckt die Finger ab. Vor uns steht ein Schloss, in dem ein König und eine Königin wohnen könnten.
    »Christiansborg«, sagt mein Vater. »Hier entscheiden die Politiker alles.« Er wischt sich den Mund ab. »Zumindest glauben sie das. Wir können ja demnächst mal hingehen und uns ein wenig umschauen.«

E s klopft an der Tür, ich will gerade öffnen, als mein Vater mich packt und zu Boden zieht. Ich sitze auf seinem Schoß. »Du darfst nie einfach so aufmachen«, flüstert er in mein Ohr. »Wenn du nicht weißt, wer es ist, darfst du nicht öffnen.«
    Wieder klopft es, diesmal fester.
    Ich zeige auf den Herd, und mein Vater lässt mich los. Ich laufe hin und stelle das Gas unter meinem Eintopf mit Kartoffeln, Wurst und Kohl ab. Ich habe noch die Hand am Regler, als es zum dritten Mal klopft. Es ist nur ein Mensch, da bin ich fast sicher. Finger, Hände und ein Knöchel, der auf Holz schlägt. Trotzdem gehe ich schnell zu meinem Vater zurück. Er nimmt mich in den Arm.
    »Ich weiß, dass ihr da drinnen seid«, höre ich durch die Tür und erkenne Saras Stimme.
    »Nein, ich weiß es nicht. Aber wenn ihr … Ach, macht endlich auf, zum Teufel.«
    Die Arme meines Vaters umschließen mich fest.
    »Bitte macht auf, ich will mit euch reden.«
    Mein Vater hält die Hand vor meinen Mund.
    »Sie will es nicht verstehen.«
    Die Worte dringen weiter durch die Tür, man kann sie nicht leiser stellen.
    »Ich will doch nur mit dir reden. Ich kann gut verstehen … nein, ich verstehe gar nichts mehr. Mach einfach auf.«
    Ich spüre die Muskeln meines Vaters durch die Kleidung hindurch, sein Atem ist warm an meinem Hals.
    »Sie will es nicht verstehen. Noch nicht. Aber irgendwann vielleicht.«
    Sara klopft weiter an die Tür. »Das ist nie leicht«, flüstert mein Vater. »Denk an Jonas, er wollte davonlaufen. Und was geschah dann?«
    »Das mit dem Wal.«
    Mein Vater nickt. Ich spüre es am ganzen Körper, er drückt mich fest an sich, und wir nicken beide, schaukeln auf dem Boden vor und zurück.
    Sara sagt: »Mir ist scheißegal, was mit dem Theater passiert. Ich will gar nicht wissen, ob du noch mitmachst, oder was du jetzt tust.«
    Dann wird es still vor der Tür. Ich spüre das Herz meines Vaters an meinem Rücken klopfen.
    »Mir ist scheißegal, dass alle sauer auf dich sind. Mach auf.«
    Ihre Stimme kommt von unten, ich glaube, sie sitzt auf der Fußmatte.
    Ich höre sie durch die Tür weinen. Ich sehe meinen Vater an, er hält die Hand vor meine Augen.

M ein Vater hat Zeitungspapier auf dem Boden ausgebreitet und sitzt auf einem Stuhl in der Mitte.
    »Wie willst du es haben?«, frage ich ihn.
    »Einfach nur schön.«
    Ich kämme sein Haar, an manchen Stellen ist es so verknotet, dass der Kamm stecken bleibt. Dann schneide ich vorsichtig die ersten Haarbüschel ab, fürchte, dass er »Stopp« rufen wird. Aber er sagt nichts, also mache ich weiter. Die Haare bedecken die Zeitungsseiten unter uns.
    »Es ist schon ziemlich kurz.«
    Er fasst sich an den Kopf, fegt ein Haarbüschel hinter dem Ohr weg.
    »Schneid weiter, es wächst ja schnell wieder.«
    Ich versuche, mich zu erinnern, welche Frisur die Männer haben, die Mappen unter dem Arm tragen und es immer eilig haben, weil sie einen Zug erreichen und andere Männer mit Mappen treffen müssen. Ich versuche, sein Haar an den Seiten etwas kürzer als oben zu schneiden. Wenn ich in die Schule komme, wird er wie alle anderen Väter aussehen, darüber freue ich mich.
    Als ich mich nicht mehr traue, mehr abzuschneiden, geht er ins Bad und schaut in den Spiegel. Ich halte die Luft an, bis er sagt: »Das hast du gut gemacht.«
    Er richtet es ein bisschen, bis er zufrieden ist.
    »Ich sag ja nicht, dass du Friseur werden sollst, aber das ist wirklich gut.«
    Er kämmt sich einen Mittelscheitel und grinst sein Spiegelbild an. Dann probiert er es mit einem Seitenscheitel, erst nach links, dann nach rechts. Nun sieht er wie ein Schlipsträger aus, der in einer Bank arbeitet und jeden Tag zur selben Uhrzeit nach Hause kommt.

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