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Wie keiner sonst / ebook (German Edition)

Wie keiner sonst / ebook (German Edition)

Titel: Wie keiner sonst / ebook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas T. Bengtsson
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den Ball in den Händen. »Er ist mit Hundesabber gefüllt.« Dann rollt er ihn zu mir zurück.
    »Wiederholung. Schieß den Affen.«
    Ich sitze am Tisch und zeichne, als mein Vater nach Hause kommt. »Komm, ich zeige dir die Stadt«, sagt er.
    Wir gehen hinaus in den Abend.
    Wenige Straßen von unserer Wohnung entfernt gibt es einen großen Gemüseladen.
    Der Mann im Laden schneidet ein Stück von einem Käse ab, der in gräulichem Wasser liegt. Er redet merkwürdig und lächelt, als er den Käse über die Theke reicht. Er schmeckt mir nicht, ist viel zu salzig, aber ich lasse mir nichts anmerken und zwinge den Bissen hinunter. Mein Vater bekommt eine kleine Tüte Oliven, muss nichts dafür bezahlen, wir gehen weiter.
    Ich frage meinen Vater, wo er herkomme, der Gemüsehändler. Er hat schwarze Haare, sieht aber nicht wie die Chinesen in den Imbissen aus.
    »Von einem Ort, an dem alles anders ist als in unserer Stadt. Oder vielleicht auch nicht so anders.«
    Mir fällt auf, dass mein Vater nun »unsere Stadt« sagt. Obwohl die Stadt mir Angst macht, hoffe ich, dass wir länger hier bleiben.
    Wir gehen weiter. Durch lange Straßen, um unzählige Ecken, vorbei an Bänken und Bars, aus denen laute Gespräche und goldgelbes Licht dringen. Ich bin sicher, dass die Stadt jeden Moment aufhört, sie kann unmöglich endlos sein. Um die nächste Ecke müssen die Felder beginnen. Oder niedrige Betongebäude, Landstraßen und Autobahnen. Mein Vater isst die Oliven und spuckt die Kerne aus. Wenn wir uns verlaufen, finden wir durch sie zurück.
    Wir kommen zu einem großen, offenen Platz.
    »Hier wurde früher Stroh verkauft«, sagt mein Vater.
    Wir gehen an Mädchen in kurzen Kleidern vorbei. Man hört ihre Absätze klackern, wenn sie auf und ab gehen.
    Ich frage meinen Vater, was sie tun.
    »Geld verdienen«, antwortet er. »Jeder muss Geld verdienen.« Ich nicke. Wir haben schon oft an Orten gewohnt, wo die Mädchen dasselbe verkaufen, aber mein Vater dachte immer, ich wüsste das nicht.
    Er spuckt einen Olivenkern aus und trifft eine Mülltonne.

W ir fahren durch die Stadt, früh am Morgen. Ich sitze auf der Ladefläche des alten Lastenfahrrads, das mein Vater von dem Mann geliehen hat, für den er arbeitet. Die Kühle der Nacht hängt noch in der Luft, die Sonne geht gerade auf, aber sie wärmt noch nicht. Mein Vater hat eine Decke um mich gewickelt. Meine Nase läuft, und Tränen steigen mir in die Augen, aber ich lächle so breit, dass meine Lippen wehtun und die Zähne so trocken werden, dass ich sie mit der Zunge befeuchten muss. Ich strecke mich auf der Ladefläche aus und betrachte den Himmel. Sehe die Möwen hoch über uns schweben. Sehe die Wolken, groß und weiß wie Milch.
    Mein Vater stellt sich auf die Pedale, ich kann seinen Kopf über mir sehen.
    »Was liebst du dann, du sonderbarer Fremder?«, sagt er und schaut zu mir hinab. Ich weiß, was ich antworten soll.
    »Ich liebe die Wolken … die Wolken, die vorbeiziehen … dort oben … die wunderbaren Wolken!«
    Wir fahren durch ein Tor in einen Hof. Ich springe von der Ladefläche. »Wenn der Chef kommt, hältst du dich im Hintergrund, klar? Er mag keine Kinder.«
    Mein Vater schließt die Werkstatt auf, sie ist klein und dunkel. Ein paar Fensterscheiben sind zerbrochen und zugenagelt oder mit Pappe überklebt.
    Weiter innen ist eine Tür mit einem großen Vorhängeschloss. Ich frage meinen Vater, was dahinter sei. Nicht so wichtig, antwortet er.
    Ich helfe ihm, das Werkzeug in den Hof zu tragen, eine Bohrmaschine mit sehr dünnem Bohrer, ein Schraubenzieher und eine Feile. Eine Dose mit Kaffeesatz und ein Glas Essigsäure. Pinsel und eine Rolle Sandpapier.
    Als Letztes trägt mein Vater zwei alte Sessel hinaus.
    Ich sitze auf einer rostigen Kiste, in der einmal Nägel waren. Sie geht nicht mehr auf, ich habe es probiert.
    Wenn ich meinen Vater störe, darf ich nicht mehr mit, das weiß ich genau, deshalb sitze ich ganz still. Ich schaue meinem Vater gern bei der Arbeit zu. Er sieht aus, als hätte er nie etwas anderes getan, seine Bewegungen fließen, er hält nicht ein, kratzt sich nicht am Kopf. Die Zigarette hängt im Mundwinkel, die Asche wird immer länger und fällt von selbst ab. Er hat alles um sich herum vergessen, auch mich. Er benutzt das Sandpapier, den Schraubenzieher, den Bohrer. Taucht die Finger in den Kaffeesatz.
    Ich werde nie so gut wie mein Vater, egal worin, das weiß ich. Ich langweile mich viel zu schnell. Oder ich vergesse, was ich

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