Wie Kinder heute lernen
Hyperaktivitätsstörung (ADHS), auch als ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom) bezeichnet, zu diagnostizieren. Davon betroffen sind etwa zwei bis vier Prozent eines Jahrgangs, Jungen viermal häufiger als Mädchen. Von einem Kind mit ADS geht man dann aus, wenn es mindestens sechs der folgenden neun Aussagen erfüllt:
› macht Flüchtigkeitsfehler oder übersieht Details
› hat Mühe, bei Aufgaben oder beim Spielen die Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten
› scheint nicht zuzuhören, wenn ihm etwas erklärt wird
› hat Mühe, Anweisungen zu erfassen, und kann nur selten Hausaufgaben, alltägliche Beschäftigungen oder aufgetragene Tätigkeiten erfolgreich zum Abschluss bringen
› hat Mühe, die eigene Arbeit oder andere Tätigkeiten zu organisieren
› vermeidet Aufgaben, die länger anhaltende geistige Anstrengungen erfordern
› verliert häufig Gegenstände oder vergisst, die für eine Aktivität benötigten Sachen wie Stifte, Bücher oder Kleidungsstücke mitzunehmen
› wird leicht von dem, was in der Umgebung geschieht, abgelenkt
› ist bei alltäglichen Tätigkeiten vergesslich.
Folgende Kriterien, die bereits im Vorschulalter sichtbar werden, können ebenfalls auf eine Aufmerksamkeitsstörung der Kinder hinweisen:
› Sie haben schon als Säuglinge eine starke motorische Aktivität und Unruhe gezeigt.
› In der Schule fallen sie auf, weil sie ständig in Bewegung sind, mit den Beinen zappeln, den Fingern trommeln, ungefragt im Unterricht reden, andere Schüler stoßen und auf ihrem Stuhl herumrutschen.
› Sie haben auch Probleme, Freundschaften zu knüpfen und generell mit Gleichaltrigen zurechtzukommen.
› Sie können sich nur schwer konzentrieren.
› Sie leiden unter extrem starken Stimmungsschwankungen.
› Sie handeln oft impulsiv und unbedacht.
› Die Störungen müssen mindestens in zwei sozialen Bezugssystemen, z. B. Elternhaus und Kindergarten, zu beobachten sein.
Die meisten dieser Kriterien lassen sich isoliert bei vielen Vor- und Grundschulkindern finden - in einem Klassenraum von Erstklässlern herrscht ein hohes Maß an Hyperaktivität, Unkontrolliertheit und Unaufmerksamkeit! Nur wenn diese Faktoren bei einem Kind zusammenkommen und es diese Probleme über längere Zeit hinweg und in verschiedenen sozialen Kontexten zeigt, besteht der Verdacht, dass es an ADS leiden könnte. In diesem Fall sollte man den Kinderarzt oder therapeutische Einrichtungen aufsuchen, die auf eine Diagnose von ADS spezialisiert sind. Laien sollten sich mit Diagnosen zurückhalten, aber die Warnsignale müssen von Eltern und Lehrern erkannt werden, denn erst dann kann ein Psychologe oder Kinderarzt aktiv werden.
Kinder mit ADS haben enorme Schwierigkeiten bei der Verarbeitung von Sinnesreizen. Ihre eingeschränkte bzw. abweichende Wahrnehmungsfähigkeit z. B. im auditiven, visuellen oder taktilen Bereich hat komplexe Auswirkungen auf ihr Verhalten, auf ihre Bewegungssteuerung und auf ihre Fähigkeit,
sich zu konzentrieren. Wahrscheinlich besteht eine genetische Disposition für die Krankheit: Wenn bereits die Eltern mit ADS diagnostiziert wurden, trifft es in etwa 50 Prozent der Fälle auch ihre Kinder. Zwillingsstudien weisen ebenfalls in Richtung einer genetischen Veranlagung. Bei den Betroffenen wird oft eine Besonderheit bei einem der vielen Dopaminrezeptoren festgestellt. Da Dopamin, ein Botenstoff im Gehirn, sowohl an der Aufmerksamkeit als auch an motorischer Koordinationsleistung im Gehirn beteiligt ist, würde dies erklären, warum Kinder mit einer leicht verminderten Leistungsfähigkeit des Dopaminsystems anfälliger für ADS sind. Dies sollte aber nicht zu dem Umkehrschluss führen, dass ADS deshalb nicht therapierbar sei. Das Gehirn lässt sich gerade in seiner Reifung auch strukturell durch Umweltreize beeinflussen, und so ist die Chance, erfolgreich einzugreifen, wenn Entwicklungsdefizite oder Verzögerungen vorliegen, relativ groß. Eine höhere Anfälligkeit für ADS bedeutet nicht, dass die Kinder die Störung notwendigerweise in all ihren Symptomen zeigen.
Einer der wenigen bekannten, nicht genetischen Faktoren, die zu Hyperaktivität führen können, ist das Rauchen während der Schwangerschaft. Nikotin kann hier zu einer dauerhaft verminderten Freisetzung von Dopamin führen. Da Dopamin auch an der Regulation der Aufmerksamkeit beteiligt ist, könnte darin die Erklärung für das gehäufte Auftreten von ADS bei Kindern rauchender Mütter liegen.
Mit Hilfe von bildgebenden
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