Wie Kinder heute lernen
der häufigsten Beeinträchtigungen in den Lern- und Konzentrationsleistungen heranwachsender Kinder ist eine Bewegungskoordinationsstörung. Sie ist bei Jungen häufiger als bei Mädchen und betrifft etwa vier bis sechs Prozent der Vor- oder Grundschulkinder. Die Ursache ist häufig ein durch Bewegungsmangel oder Entwicklungsrückstand bedingter, nicht normal funktionierender Gleichgewichtssinn. Davon betroffene Kinder sind vielfach nicht imstande, richtig rückwärts zu laufen, sich bei Stürzen abzufangen und zu balancieren. Die Muskeln arbeiten bei diesen Kindern ganz normal, aber die Bewegungskoordination im Gehirn ist nicht vollständig ausgereift. Als Folge davon liegt meist eine Störung der sensorischen Integration vor. Eine solche Störung kann sich schon bei Säuglingen bemerkbar machen, z. B. wenn sie sich beim Weinen nur schwer beruhigen lassen, sie insgesamt extrem unruhig sind und nur sehr schwer ihren Schlaf- und Essensrhythmus finden. Weitere Indikatoren können sein, dass diese Kinder wenig Interesse an eigener Fortbewegung haben, ungern krabbeln und Bewegungen wie Rutschen und Schaukeln meiden (was die meisten Kleinkinder faszinierend finden). In diesen Fällen sollte man beim Kinderarzt nachfragen, ob seiner Einschätzung nach die motorische Entwicklung normal verläuft. Vor eigenen Diagnosen ist auch hier zu warnen.
Die häufigste Ursache für eine Koordinationsstörung ist schlicht Bewegungsmangel. Viele Kinder, die Bewegungskoordinationsstörungen zeigen, leben in beengten Verhältnissen; sie sind häufig gezwungen, wegen verkehrsreicher Straßen oder angesichts unwirscher und ruhebedürftiger Nachbarn ihren Bewegungsdrang einzuschränken. Sie werden zu Stubenhockern, mit einem nur schlecht ausgebildeten Muskelapparat. Die Zahlen in diesem Zusammenhang sind dramatisch: Neuere Studien zeigen, dass 60 Prozent der Schulanfänger Haltungsschäden haben und 25 Prozent gar unter muskulären Schwächen leiden. Dies ist umso bedenklicher, wenn man berücksichtigt, dass Bewegungsreize
wichtige Stimulatoren der kindlichen Gehirnreifung sind. Ein Mangel an Bewegung kann entsprechend zu Konzentrationsdefiziten, Sprach-, Lese- und Rechenschwäche führen. Damit ist eine richtige Bewegungskoordination auch für die Schulleistung relevant. Und dabei geht es nicht nur darum, richtige Buchstaben zu malen oder ganze Wörter schreiben zu können.
Eine andere Ursache für Koordinationsstörungen kann eine Blockade des Kopfgelenks sein. Hierbei handelt es sich um eine Kopfgelenk-induzierte Symmetriestörung (KISS-Syndrom), die zu Haltungsabnormalitäten führt. Dies kann zur Folge haben, dass die betroffenen Kinder die motorischen Meilensteine der Säuglings- und Kleinkindentwicklung nicht richtig oder verspätet durchlaufen. Manche Kinder überspringen ganze Stadien oder ersetzen z. B. das Krabbeln durch »Po-Rutschen«.
Seilspringen und rückwärts laufen
Oft können nur Ergotherapien oder psychomotorische Übungen Kindern mit einer Koordinationsstörung helfen. Sie fördern die sensorische Integration, indem sie versuchen, die unzureichende Vernetzung im Gehirn durch spezifische Übungen zu verbessern, indem gezielte Reize der Haut und Übungen für das Gleichgewicht durchgeführt werden. Dabei wird die Haut mit Wasser, diversen Stoffen und anderen Materialien stimuliert. Wichtig sind aber auch Übungen, die ein Gefühl für Größe, Ausdehnung und Proportion des eigenen Körpers (Propriozeption) vermitteln, etwa Massagen oder das Trainieren bestimmter Bewegungsabläufe. Das Gleichgewichtsorgan regt man durch Drehkreisel und Schaukeln an. Sie verbessern das Abschätzen von Entfernungen sowie die räumliche Wahrnehmung (oben und unten, rechts und links). Eine andere Gruppe von Übungen trainiert die Koordination von Auge (Blickrichtung), Mund (Artikulation) und Hand (Stifte halten).
In jedem Fall ist es aber wichtig, einen Kinderarzt zu befragen und auf seine Überweisung hin einen Ergo- oder Physiotherapeuten
aufzusuchen. Hilfreich kann auch eine »Mototherapie« sein, die als »psychomotorische Therapie« von Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Motopäden oder Motologen durchgeführt wird. Bei dieser Therapie wird über die Bewegungserfahrung nicht nur eine Verbesserung der motorischen Geschicklichkeit, sondern auch des emotionalen und sozialen Verhaltens sowie des Selbstwertgefühls der Kinder erreicht.
Besonders gut geeignet sind bewegungstherapeutische Spiele, die zu Bewegungen anregen, aber die
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