Wie Kinder heute lernen

geschärft werden. Sie liegt oft dann bei Kindern vor, wenn sie gar nicht oder erst sehr spät Bauklötzchen nach Größe sortieren können. Oder wenn sie Probleme haben, Gegenstände nach Farbe, Größe oder Form zu sortieren. Längen abzuschätzen fällt ihnen ebenso schwer, wie z. B. die Breite eines Buches mit Hilfe von Buntstiften anzugeben.
    Die Psychologin Angelika Schlotmann-Wagener gründete in der Nähe von Heidelberg das »Rechen-Therapie-Zentrum«. In einem dort entwickelten Test zur Erfassung der Rechenschwäche werden die Kinder beispielsweise gebeten, ein Blatt Papier gerecht in zwei Teile zu schneiden. Dabei wird überprüft, ob das Konzept der Teilung bei den Kindern schon angelegt ist. Vergleiche von Strecken auf einem Zahlenstrahl geben Aufschluss über das Vermögen der Kinder, Relationen zu erkennen. Auch die mathematische Symbolsprache stellt für das rechenschwache Kind schon eine Herausforderung dar, z. B. beim Gleichheitszeichen. Werden die betroffenen Kinder z. B. gefragt, ob »5 = 5« ist, bekommt man häufig Antworten folgender Art: »Ganz falsch, denn da kann man ja nichts rechnen.«
    Liegt der Verdacht einer Rechenschwäche vor, sollten Eltern eine Lerntherapie für das Kind anstreben. Direktes Üben mit den Kindern hat sich gerade für Eltern als schwierig herausgestellt.
    Eltern können aber auch indirekt einiges bewirken: Sie können beginnen, die Umwelt des Kindes zu »mathematisieren«, indem sie gemeinsam mit dem Kind z. B. Stufen, vorbeifahrende Autos oder auf dem Tisch liegende Gegenstände zählen.
    Auch Anregung zur körperlichen Bewegung ist für Kinder mit einer Rechenschwäche hilfreich. Insbesondere Bewegungsformen, die körperliches Geschick erfordern, haben sich als sinnvoll erwiesen: Seilhüpfen, Federballspielen, Jonglieren, Schaukeln und Radfahren. Sie haben insofern einen positiven Effekt auf das Kind, als Bewegung die Reifungsprozesse im Gehirn fördert und das räumliche Vorstellungsvermögen verbessert.

    Mathematik hat generell viel mit abstrakter Vorstellungskraft zu tun, und auch diese sollte beim Kind trainiert werden. Dies kann geschehen, indem man anfängt, eine Geschichte mit Kindern zu lesen, und sie dann bittet, sie weiterzuerzählen oder eine Bildergeschichte daraus zu machen.
    Grundsätzlich gilt, dass spielerische Übungen am wirkungsvollsten sind. Hier sind Beispiele aus der Alltagswelt der Kinder am anschaulichsten und instruktivsten für sie. Teilen kann man anhand von Torten, Gleichheit gut mit Waagen demonstrieren, bei denen es den Kindern selbst erlaubt ist, gleich viele Objekte in die Waagschalen zu geben. Das Kind kann dann ermuntert werden zu formulieren, was es sieht. Durch Feedback helfen die Eltern, die Äußerungen allmählich zu präzisieren und schließlich in die mathematische Sprache zu übersetzen. Bei diesen Übungen ist Frontalunterricht zu meiden; die Kinder sollen selbst zu Lösungsstrategien kommen, vonseiten der Eltern sind dabei lediglich Hilfestellungen erlaubt. Ob anfallende Fördertherapiekosten eventuell übernommen werden, ist mit den Krankenkassen und Jugendämtern der Kommunen zu klären. Hier gibt es noch zu wenig Erfahrungen und auch Unterschiede zwischen den Bundesländern. In Baden-Württemberg und Hessen erstatten Jugendämter seit dem Jahr 2000 die Therapiekosten ganz oder zumindest anteilig. Andere Länder planen, diesem Beispiel zu folgen.

Aufmerksamkeitsstörung (ADS /ADHS)
    Konzentrationsschwächen kennt jeder - an sich selbst und bei seinen Kindern. Je jünger die Kinder, umso kürzer sind die Konzentrationsphasen, also die Zeit, die ein Kind sich intensiv mit einer Sache beschäftigen kann. Diese Fähigkeit, vor allem die der selektiven Aufmerksamkeit, hängt vor allem von der Leistungsfähigkeit des Arbeitsgedächtnisses ab. Dies ist der Zwischenspeicher im Gehirn, der festhält, was man sich vorgenommen
hat und gegen alle anderen eingehenden Sinnesinformationen und Gedanken verteidigt, um einer Tätigkeit länger konzentriert nachzugehen. Es ist die Gedächtnisfunktion, die wir benötigen, um uns beispielsweise eine Telefonnummer kurzfristig zu merken.
    Die Konzentrationsfähigkeit bei Kindern ist sehr unterschiedlich ausgeprägt - sie reicht auf einer kontinuierlichen Kurve von »gar nicht konzentrieren« bis »sehr gut konzentrieren«. Wenn Kinder eine sehr schlechte Konzentrationsfähigkeit haben, ist man in den letzten Jahren vermehrt dazu übergegangen, diese hinsichtlich einer Aufmerksamkeitsdefizit/