Wie Kinder heute lernen
ohne dass man die Bewegung noch stoppen kann. Oder: Der Ball fliegt so weit, dass er im Garten des Nachbarn landet.
Komplizierte Bewegungen planen zu können, hilft nicht nur beim Beutefang mit Speeren und Steinen, sondern auch auf abstrakter Ebene: beim Denken. Und zwar, wenn Gedanken zu Ketten verknüpft werden und damit komplexe Handlungen vorausgeplant werden - wie eine nicht ausgeführte Bewegungssequenz. Um eine Wurfbewegung genau und zeitlich präzise
ausführen zu können, bedarf es vieler Nervenzellen, die letztendlich die Muskelansteuerung präzise planen müssen. Doch die Nervenzellen arbeiten alle mit einer gewissen zeitlichen Ungenauigkeit; sie können aber im Mittelwert präzise sein, wenn viele Zellen eine Aufgabe kodieren. Darüber hinaus existieren in unserem Bewegungsgedächtnis für jede Bewegung alternative Vorstellungen. Wirft man auf ein neues Ziel, muss man verschiedene »alte« Wurflösungen miteinander kombinieren, die zudem miteinander konkurrieren. Übertragen auf Gedankenassoziationen heißt das: Viele mentale Objekte wetteifern miteinander um die richtige Lösung, ähnlich wie die Sänger eines Chors, die jeweils ein eigenes Lied singen, was zusammengenommen aber einen harmonischen Gesang ergibt wie bei Händels »Hallelujah«.
Macht Musik schlau?
In der Tat existiert eine zumindest kurzfristige Wechselwirkung zwischen Musik, die ja aus einer mitunter komplizierten Sequenz von Noten besteht, und Intelligenz. Führt man einen Intelligenztest durch, nachdem die Probanden z. B. Musik von Mozart gehört hatten, so fallen die Testergebnisse um vier Prozentpunkte besser aus als bei den Versuchspersonen, die vorher keine Musik gehört hatten. Daraus schlossen einige Forscher und viele Eltern: Kinder, die häufig klassische Musik hören, werden klüger. Allerdings ist diese Leistungssteigerung nur von kurzer Dauer, so als sei Musik eine gute Lockerungsübung, wenn man schnell Probleme lösen oder Sprache rasch verarbeiten will. Erklären lässt sich der Effekt damit, dass Sprache und Musik sich in Bezug auf das Analysieren von Sequenzen sehr ähnlich sind.
Es ist also ein Mythos, dass Musikhören dauerhaft die Intelligenz von Kindern steigert. Musik erhöht kurzfristig die kognitiven Fähigkeiten der meisten Menschen. Im Unterschied zum Musikhören hat Musizieren aber einen bleibenden positiven Einfluss
auf die Intelligenz. Man vermutet, dass die Verschaltungen zwischen den beiden Großhirnhemisphären durch das Musikmachen besonders effektiv ausgebildet werden. Bei Testverfahren, bei denen es vor allem auf Geschwindigkeit ankommt, trägt dies maßgeblich dazu bei, die Kombinationsfähigkeit des Gehirns zu verbessern. Dieser Einfluss ist dauerhaft, wenn Kinder in sehr frühen Jahren mit dem Musikunterricht beginnen. Vor allem Klavierspielen und Trommeln, also Tätigkeiten, bei denen man beide Hände mit unterschiedlichen Rhythmen bewegen muss, sind förderlich, da sie ein hohes Maß an Training für große Teile des Gehirns bedeuten und eine intensive Art des Gehirnjoggings darstellen.
Wie intelligent sind IQ-Tests?
Wo steht eigentlich geschrieben, dass wir Intelligenztests benötigen, um festzustellen, ob jemand intelligent ist oder nicht? So fragt der Harvard-Psychologe und Intelligenzforscher Howard Gardner. Die Antwort ist einfach: Nirgendwo. Intelligenz ist eine vielschichtige Fähigkeit. Sie erlaubt uns, neue Gesetzmäßigkeiten in bestehenden Abläufen zu erkennen, ebenso wie kreativ zu sein und zu Problemlösungen zu kommen. Des Weiteren spielt in Intelligenz die Geschwindigkeit mit hinein, mit der das Gehirn logische Verknüpfungen herstellen kann, Wahrnehmungen verarbeitet oder Wortanalogien findet. Ein Aspekt, der sich leicht quantifizieren lässt und daher auch in Intelligenztests gemessen wird: z. B. wenn Testpersonen in einer bestimmten Zeit Rechenaufgaben lösen müssen - und das möglichst richtig. Aus der Zahl der gelösten Aufgaben entsteht dann ein Zahlenwert für die Intelligenz. Aber vermag eine einzige Zahl auszudrücken, was ein Mensch zu leisten vermag? Wohl kaum. Trotzdem genießt der Intelligenzquotient (IQ) einen enorm hohen, fast mystischen Stellenwert. So hat Marilyn vos Savant als angeblich klügste Frau der Welt mit einem IQ von 230 über viele Jahre hinweg Kolumnen
für eine New Yorker Zeitung geschrieben, in denen sie unter anderem auf Fragen nach dem Wesen von Glück und Liebe antwortete. Aufgrund ihres hohen IQs traute man ihr zu, Rat in allen Lebenslagen zu
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