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Wie Kinder heute lernen

Titel: Wie Kinder heute lernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Korte
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eine Schädigung im Gehirn isoliert werden können, z. B. kommt es zu Ausfällen im räumlichen Vorstellungsvermögen, wenn der Scheitellappen geschädigt ist, andere Fertigkeiten werden jedoch nicht davon beeinträchtigt. Es muss Individuen geben, die eine Spezialbegabung auf einem Gebiet haben, in anderen Gebieten aber eher durchschnittlich begabt oder sogar retardiert sind (Inselbegabungen).
Außerdem muss sich eine Evolutionsgeschichte nachweisen lassen. Und die Intelligenz muss durch ein eigenes System von Symbolen kodiert sein, wie z. B. Noten, Buchstaben oder mathematische Formeln.
Blitzgescheite Gehirne
    Um es vorwegzunehmen: Was das Gehirn von Einstein, Goethe oder Mozart auf ihren jeweiligen Gebieten intelligent gemacht hat, vermögen auch Hirnforscher und Psychologen nicht zu sagen. Was sie jedoch untersuchen können, ist, was Gehirne beim Absolvieren eines Intelligenztests leisten und welche Faktoren dazu beitragen, dass der Proband gut abschneidet. Dazu zählen:
    › eine hohe Leitungsgeschwindigkeit der Axone (faserartiger Fortsatz einer Nervenzelle)
    › eine effiziente Verdrahtung zwischen Gehirnarealen
    › ein großer Arbeitsspeicher (sich viele Dinge für wenige Minuten merken zu können)
    › flexible Synapsen, die schnell und zuverlässig neue Informationen speichern.
    Je besser und sorgfältiger die Axonen durch eine dichte Myelinschicht aus Gliazellen (von den Neuronen abgrenzbare Zellen im Nervengebwebe) isoliert sind, desto höher ist die Leitungsgeschwindigkeit des Gehirns. Und diese geht einher mit einer höheren Rechenleistung des Gehirns. Natürlich ist Geschwindigkeit nicht das alleinige Intelligenzkriterium, aber bei IQ-Tests ist sie ein wichtiger Faktor. Den Gliazellen kommt hier also eine überraschend wichtige Rolle zu, obwohl sie lange Zeit in der Hirnforschung so behandelt wurden, wie eine Übersetzung ihres Namens nahelegt: als Klebstoff (griech. glia: Leim), Füllmasse. Dass sie aber wesentlich bedeutender sind, ergibt sich aus folgenden Beobachtungen: Zum einen hat sich beim Menschen im Gegensatz zu Tieren im Laufe der Evolution nicht nur die Zahl der Nervenzellen erhöht, sondern auch das Verhältnis von Glia- zu Nervenzellen.
Während es bei den meisten Tieren bei 1:1 bis 3:1 liegt, ist das Verhältnis beim Menschen 10:1. Zum anderen vermochten Wissenschaftler, die nach dem Tod von Albert Einstein dessen Gehirn näher untersuchten, zwar nicht sein Genie in den fixierten und klein geschnittenen Hirnwindungen zu lokalisieren. Aber sie entdeckten, dass das Verhältnis von Glia- zu Nervenzellen im Scheitellappen, der insbesondere für das räumliche Vorstellungsvermögen verantwortlich ist, erhöht war. Mit einer hohen Effizienz Informationen verarbeiten zu können ist Intelligenz. Es bedeutet, dass Aufgaben mit einem Minimum an Gehirnressourcen bearbeitet werden können. In der Tat hat man mit Hilfe von bildgebenden Verfahren herausgefunden, dass Menschen mit einem hohen IQ beim Nachdenken über komplexe Probleme weniger Gehirnareale beanspruchen - hier ist weniger also mehr. Mit anderen Worten: Menschen mit einem hohen IQ müssen sich buchstäblich weniger anstrengen, um eine komplexe Aufgabe zu lösen, als andere, die einen weniger hohen IQ haben. Ihr Gehirn verbraucht beim Lösen von Problemen weniger Energie, weil die Verschaltung zwischen den Gehirnarealen effektiver ist.
Reifung und Entwicklung
    Wie aber wird die Effektivität eines Gehirns festgelegt? Kann ein Kind lernen, effektiv über Probleme nachzudenken, oder bestimmen genetische Faktoren eine effizientere Verschaltung? Ist uns die Intelligenz also in die Wiege gelegt, und haben dementsprechend intelligente Eltern auch intelligente Kinder? Auch dieser Aspekt der kindlichen Entwicklung ist weder ausschließlich eine Frage der Gene noch der Umwelt. Die kognitive Entwicklung eines Kindes ist immer ein Produkt aus Gehirnentwicklung und Erfahrung. Kinder sind weder Marionetten ihrer Gene noch Marionetten des Erziehungsstils ihrer Eltern. Aber sie werden von beidem maßgeblich beeinflusst. Dies hat der deutsche Psychologe Dietrich Dörner treffend formuliert: »Der Ballon ist
die erbliche Anlage und die Luft, die hineingeblasen wird, die Umwelt, die die Veranlagung erst zur Entfaltung bringen muss.« Diese Metapher gilt vor allem und gerade auch für die Intelligenz, respektive intelligentes Verhalten, denn ob es »die« Intelligenz gibt, ist wie schon beschrieben umstritten.
    Allein im ersten Lebensjahr verdreifacht das

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