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Wie Kinder heute lernen

Titel: Wie Kinder heute lernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Korte
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Nervenzellen lassen sich meist nur durch stetes Üben ändern. Dies gilt auch für die emotionale Intelligenz. Ein einfaches »Nun sei doch mal netter zu deiner Schwester« ist dabei als Anreiz zu schwach.

Eltern mit EQ
    Aus den oben beschriebenen Beispielen und Erklärungen ergibt sich, dass der Schlüssel zu einer ausbalancierten kindlichen Psyche in einem einfühlsamen Verhalten der Eltern liegt. Vor allem was die Aufmerksamkeit anbelangt für die Signale, die ein Kleinkind aussendet; in raschen und angemessenen Reaktionen der Eltern auf die Bedürfnisse nach Essen, Schlaf, Trost und Zuwendung des Kindes. Wichtig für die emotionale Entwicklung eines Kindes ist, dass es sich akzeptiert und respektiert fühlt, selbst wenn man mit ihm schimpfen muss. Ab dem dritten Lebensjahr kann man auch damit beginnen, mit seinen Kindern über Gefühle und Beziehungen von Menschen zueinander zu reden. All diese Maßnahmen fördern die Entwicklung der emotionalen Intelligenz.
    Wer sich einen Eindruck vom Stand der emotionalen Intelligenz seiner Kinder verschaffen will, kann sich mit folgender Frageliste einen Überblick verschaffen:
    › Wie gut kann mein Kind seine Gefühle zeigen und ausdrücken?
    › Erkennt es, was andere Kinder fühlen?
    › Wie versucht das Kind, seine Ziele zu erreichen?
    › Kann das Kind warten, bis es ein bestimmtes Ziel erreicht hat? Wie gut geht es dabei mit Frustrationen um?
    › Wie löst das Kind im Kindergarten, in der Schule oder unter Geschwistern bzw. Freunden Probleme?
    Um diese Punkte genauer zu analysieren, kann man Kinder beispielsweise beim gemeinsamen Ansehen von Fernsehsendungen befragen, was diese und jene Figur aus ihrer Sicht wohl gerade empfindet; oder beim Reden über Konflikte versuchen herauszufinden, wie das Kind oder einer seiner Spielkameraden sich in dieser oder jener Situation gefühlt haben mag. Üben Sie mit Ihrem Kind doch einmal »Gesichter schauen«. Schneiden Sie aus Zeitschriften beliebige Gesichter von Menschen mit den unterschiedlichsten Gefühlsregungen aus und fragen Sie Ihr Kind: Was erkennst du?
Was glaubst du, fühlt dieser Mensch gerade? Wie könntest du reagieren? Was würdest du ihm sagen? Gerade für Jungen kann dies eine wichtiger Beitrag zu ihrer emotionalen Erziehung sein, denn in Kontrolle, Wahrnehmung und Differenzierung von Gefühlen sind sie einfach von Natur aus benachteiligt.
    Wie erfolgreich Erziehung in der Beziehung sein kann, lässt sich an Studien über extrem schüchterne Kinder belegen, bei denen verlässliche Daten erhoben wurden: Obwohl ihr rechter Stirnlappen noch im ersten Lebensjahr sehr häufig von starker Furcht überschwemmt wird, können, entsprechende Erziehung und Hilfestellung der Eltern vorausgesetzt, immerhin 40 Prozent dieser Kinder ihre extreme Schüchternheit bereits im Kindergarten verlieren. Eltern können extrem schüchternen Kindern ganz konkret helfen, selbstbewusster zu werden, indem sie sie sanft herausfordern und ermutigen, sich ihren Ängsten zu stellen. So lernen sie, mit Stress umzugehen, nicht, ihn zu vermeiden. Und nur so lassen sich auch die Nervenverbindungen der linken Stirnseite stärken. Eltern, die ihren schüchternen und zurückhaltenden, ängstlichen Kindern immer alle unangenehmen »Steine« aus dem Weg räumen, würden ihnen damit eine wichtige Lernerfahrung vorenthalten.
    Darüber hinaus ist es wichtig, ihnen die Fähigkeit zu vermitteln, Belohnungen aufschieben zu können, um erst einmal ein Zwischenziel zu erreichen oder den Gewinn zu erhöhen (wie im Marshmallow-Test). Unsichere Kinder tun sich schwerer damit, auf Belohnungen zu warten, und zwar aus Angst, dass ihnen diese schließlich entgeht. Gibt man diesen Kindern mehr Sicherheit und Zutrauen, lernen sie auch, ihre Affekte besser zu kontrollieren. Es ist also sinnvoller, wenn Eltern nicht jede Art von Stress von den Kindern fernhalten, sondern ihnen zeigen, wie sie mit Konflikten oder neuen, unübersichtlichen Situationen fertig werden.
    Aus dieser Erkenntnis lässt sich für die Erziehung von Kindern, egal ob schüchtern oder nicht, eine generelle Schlussfolgerung
ziehen: Zu viel Aufmerksamkeit, Ängstlichkeit und Zuwendung können schädlich für die emotionale Entwicklung sein. Es hemmt die Unabhängigkeit der Kinder sowie ihre Fähigkeit, ihre eigenen Gefühle zu steuern und mit Frustrationen umzugehen. Kinder müssen auch lernen, mit ihren eigenen Ängsten fertig zu werden, und sich in neuen Situationen allein zurechtzufinden. Das kann und

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