Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wie Kinder heute lernen

Titel: Wie Kinder heute lernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Korte
Vom Netzwerk:
alles andere als einfach, erst recht für Eltern. Ein Außenstehender - am besten ein Profi - sieht deutlicher, was uns als direkt Betroffene unerklärlich scheint. Er erkennt auch, wann und ob ein Kind und die Familie professionelle Hilfe benötigen. Anlaufstellen sind Familien- oder psychologische Beratungsstellen, Familien- oder Kindertherapeuten und Schulpsychologen.
Wenn die Seele aus dem Gleichgewicht gerät
    Das Versagen in der Schule kann aber auch einen seelischen Ursprung haben, wenn das Kind psychisch krank ist. Ursachen hierfür können genetische Veranlagungen sein, wie sie bei Schizophrenien
und Depressionen vorliegen, oder auch mit der familiären Situation zusammenhängen. Eine Scheidung oder der Tod einer wichtigen Bezugsperson können ein Kind für viele Wochen und Monate emotional aus der Bahn werfen. Die Studie zur Kinder- und Jugendgesundheit des Robert-Koch-Instituts (KIGGS) 2007 ergab, dass etwa 15 Prozent aller Jugendlichen psychische Auffälligkeiten zeigen, z. B. Probleme im Umgang mit Gleichaltrigen, emotionale Krisen oder Hyperaktivität. So kämpft jeder fünfte Pubertierende mit Nervosität, Erschöpfungszuständen und Unzfriedenheit. Viele Gehirnareale durchlaufen in dieser Zeit nochmals eine Art Neuorganisation, die Jugendliche und Eltern in tiefe Verzweiflung stürzen kann. Reifungs- und Entwicklungsprozesse verlangen eine Neudefinition der Gefühle und Bindungen - bei Eltern und Kindern.
    Jede länger andauernde psychologische Krise, Ängste, Konflikte oder Familienprobleme bedeuten für Kinder Dauerstress, und der führt zu ähnlichen Symptomen, wie wir sie von überarbeiteten Managern kennen: Schlafstörungen, Konzentrationsschwächen, Kopf- und Magenschmerzen. Achtzig Prozent der 11-bis 17-Jährigen klagten, so die KIGGS-Studie, in einem Zeitraum von drei Monaten über Kopf-, Bauch oder Rückenschmerzen. Jeder zehnte Schulanfänger leidet bereits regelmäßig unter Schlafstörungen, fanden Kinder- und Jugendpsychiater der Universität Köln 2009 heraus. Eine Zahl, die man nicht ignorieren darf.
    Experten schätzen, dass bis zu eine Million Schüler an einer Form von Schulangst leidet, die meist aufgrund von Leistungsdruck, Angst vor Lehrern, Mitschülern oder Misserfolgen auftritt. Ess-Brech-Sucht (Bulimie) und Magersucht (Anorexie) gehören als Essstörungen mittlerweile zu den häufigsten psychischen Störungen im Jugendalter, immer häufiger bereits im Kindesalter. Auch Aggressionen gegen sich selbst oder andere zu richten, erscheint mehr und mehr Jugendlichen als Ausweg aus einer psychischen Krise. Über 20 Prozent der Jugendlichen hatten laut Drogen- und Suchtbericht 2009 in den vergangenen 30 Tagen
vor der Befragung mindestens einmal mehr als fünf Gläser alkoholische Getränke zu sich genommen. Damit ist das exzessive Rauschtrinken weit verbreitet. Fast jeder Zehnte im Alter von 12 bis 17 Jahren weist einen gefährlich hohen Alkoholkonsum auf. Auch dies ist Ausdruck zunehmender Verunsicherung. Mobbing in der realen Welt der Schüler sowie im Internet und Gewalt unter Schülern haben zugenommen. Bei einer Online-Befragung unter 2000 Kindern und Jugendlichen durch die Universität Koblenz-Landau berichtete jeder Zweite, innerhalb von zwei Monaten einmal direkt attackiert worden zu sein. Schätzungsweise verhalten sich zwischen fünf und zehn Prozent der Jugendlichen regelmäßig aggressiv. Häufig kommen diese Kinder aus Familien, in denen ein emotional kaltes Klima herrscht und kaum klare Erziehungsregeln aufgestellt werden, vermutet der Psychologe Friedrich Lösel von der Universität Erlangen. Nach der Polizeistatistik ist der Anteil der Mädchen unter den gewalttätigen Jugendlichen von 1987 bis 2007 um 60 Prozent gestiegen.
    Und noch eine Tatsache sollte uns alle wachrütteln: Jedes Jahr nehmen sich in Deutschland etwa 240 Jugendliche unter 20 Jahren das Leben. Das entspricht etwa einem jungen Menschen an jedem Wochentag, der den psychischen Druck nicht mehr erträgt und glaubt, nur noch im Selbstmord einen Ausweg finden zu können. Davon sind zwei Drittel Jungen. Und auf einen Suizid kommen zehn fehlgeschlagene Versuche. Hier sind doppelt so viele Mädchen betroffen, erklärt der Stuttgarter Psychiater Elmar Etzersdorfer.
    Der bewusste Umgang mit Konflikten, ohne dabei Probleme zu verharmlosen - und das gilt für Eltern ebenso wie für Lehrer -, ist die beste Chance, allen Beteiligten zu helfen. Anti-Aggressionstrainings, Streitschlichterprogramme und

Weitere Kostenlose Bücher