Wie man einen verdammt guten Roman schreibt
Sie starke Gefühle aus.
Das Lesen von Romanen ist in erster Linie ein emotionales Erlebnis. In Ihrem Literaturkurs »Der amerikanische Roman von 1800 bis 1865« hat Ihnen Ihr Professor beigebracht, Jagd auf versteckte Symbole und historische Bezüge zu machen, nach versteckten literarischen Anspielungen zu suchen, philosophische Nuancierungen zu sammeln, soziologische Implikationen zu erspüren und existentielle Verästelungen auszuloten. Diese Art Unsinn hat viele Schriftsteller und auch viele Leser verdorben. Das Hauptziel bei der Lektüre eines Romans besteht darin, am Leben der Figuren auf der emotionalen Ebene teilzunehmen - mit ihnen zu lachen, mit ihnen zu weinen, mit ihnen zu leiden. Ihr Hauptziel als Romanautor besteht darin, den Leser emotional anzusprechen.
Eine spannende Geschichte baut ein Höchstmaß an emotionaler Konzentration zum Höhepunkt hin auf, und an dieser Stelle wird ein geschickter Romanautor den Leser einfach umhauen. Wenn McMurphy einer Lobotomie unterzogen wird, ist der Leser schokkiert. Wenn der alte Mann den Fisch fängt, steht der Leser auf und jubelt ihm zu. Wenn Leamas den Tod wählt, ist der Leser fassungslos. Wenn Scrooge schwindlig vor Freude wird, als er feststellt, daß er Weihnachten nicht verpaßt hat, wird es dem Leser mit ihm schwindlig. Der Leser drückt Michael Corleone die Daumen, wenn er seine Rache nimmt. Wer würde nicht um Emma Bovary weinen, als sie das Gift nimmt, oder um Humbert Humbert, als er aus Verzweiflung stirbt?
Drittens: Sprechen Sie ein Urteil vor dem Gerichtshof der poetischen Gerechtigkeit aus
Was ist Gerechtigkeit? Gerechtigkeit besteht darin, die Unschuldigen zu verteidigen, die Schuldigen zu bestrafen und die Tugendhaften zu belohnen. Poetische Gerechtigkeit ist Bestrafung, die dem Verbrechen, oder Belohnung, die der Tugendhaftigkeit entspricht. Um »poetisch« zu sein, muß die Instanz, die für Gerechtigkeit sorgt, verborgen sein. Wenn die Polizei das tut, ist es nicht poetisch. Ein Mann ertränkt seine alte unverheiratete Tante in der Badewanne. Mit dem Geld von der Versicherung kauft er sich ein Boot, das dann untergeht. Er ertrinkt. Das ist poetische Gerechtigkeit, weil die Instanz (Schicksal? Unfall? der Herr des Universums?), die für Gerechtigkeit gesorgt hat, nicht sichtbar ist, und die Strafe (Ertrinken) dem Verbrechen (Mord durch Ertränken) entspricht.
Nehmen wir an, ein ehrgeiziger Mann strebt nach Reichtum, Macht und Ruhm. Er träumt von dem Tag, an dem er und seine Frau ganz oben sind, sich zurücklehnen und sich ihres Reichtums erfreuen können. Doch sein Ehrgeiz macht ihn hartherzig und als er schließlich den Gipfel erreicht hat, indem er alle seine Konkurrenten beseitigt hat, hat seine Frau ihn wegen eines liebenswürdigeren und netteren Mannes verlassen. Er hat sein Ziel erreicht, doch das Erreichte ist hohl. Auch das ist poetische Gerechtigkeit.
Wenn Sie die Unschuldigen schon nicht vollkommen entlasten und die Tugendhaften nicht vollkommen belohnen können, dann geben Sie Ihnen zumindest ein Stück von dem Kuchen. Leser war-ten sehnsüchtig darauf, daß Gerechtigkeit geschieht. Angenommen, Sie schreiben eine Geschichte über Unterdrückung. Ihr Held, ein Textilarbeiter in einem Ausbeuterbetrieb, versucht einen Betriebsrat zu organisieren. Der Betriebsrat wird zerschlagen, ihr Held ist gescheitert. Vor dem Gerichtshof der poetischen Gerechtigkeit haben Ihre Schurken den Sieg davongetragen. Doch wenn Ihr Held Mut, Selbstachtung und die Liebe einer guten Frau gefunden hat, dann hat er etwas erreicht, das noch viel mehr wert ist
- und es kann noch Siege bei anderen Textilfabriken geben, andere Kriege, die gekämpft und gewonnen werden. Selbst im Tod kann eine Figur noch etwas gewinnen. Hamlet hat seine Rache. McMurphy flößt dem Häuptling neues Leben ein.
Viertens: Entdecken Sie neue Facetten an Ihren Figuren.
Wenn auf dem Höhepunkt neue Qualitäten an Ihren Figuren enthüllt werden - um so besser. Jetzt hat sich Joe Gocarefully also endlich ein Herz gefaßt, sagt der Leser. Schön für ihn! Ihrer Hel-din wird endlich klar, daß ihr Liebhaber ein Schuft ist. Die Guten entkommen endlich aus dem Gefangenenlager. Wenn der Leser am Ende jubelt, dann haben Sie wahrscheinlich einen wirklich großartigen Höhepunkt zustandegebracht.
Fünftens: Höhepunkt und Lösung sollten den Roman zu einem geschlossenen Ganzem machen.
Durch Ihren Roman haben Sie beim
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