Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie man einen verdammt guten Roman schreibt

Wie man einen verdammt guten Roman schreibt

Titel: Wie man einen verdammt guten Roman schreibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James N. Frey
Vom Netzwerk:
Das könnte dann etwa so aussehen:

    Als Beatrice Applegate an dem mit hellgrauen Dachschindeln bedeckten Reno Amtrak Terminal eintraf, mußte sie feststellen, daß der 5.15-Zug nach San Francisco gerade im Westen verschwand, während sein schrilles Pfeifen in der Entfernung allmählich verklang. Seine Rauchfahne schwebte noch einen Moment in der Luft, bevor sie von einer Bö des Wüstenwinds zerrissen wurde, der heiß über ihre Wangen strich und ihr in der Nase brannte.
        Sie ging nachdenklich auf den schweren grauen Bohlen auf und ab, ihre spitzen Absätze erzeugten ein rhythmisches Klopfen. Was konnte sie tun? Eine verstaubte Straßenkarte an der Wand gab ihr die Antwort. Verdi war nur zehn Meilen entfernt, und der 5.15-Zug hielt dort, um die Post mitzunehmen. Ein gelbschwarzes Taxi, ein alter Plymouth mit verrosteten Kotflügeln, stand vor dem Bahnhof. Der Fahrer, ein müder dunkelhäutiger Mexikaner, las, an einen der Kotflügel gelehnt, ein Rennprogramm. Er roch nach Marihuana und verbreitete eine Aura von Gefahr.

        Sie mußte das Risiko eingehen. Sie wedelte mit einem 100-DollarSchein vor seinem Gesicht. Seine Augen begannen vor unschuldiger Gier zu glänzen.

        »Bringen Sie mich rechtzeitig nach Verdi, um den Zug zu kriegen, und er gehört Ihnen«. Er spielte mit dem silbernen Schlüsselbund in seiner Hand, während er überlegte, dann schüttelte er den Kopf. »No es posible«, sagte er traurig.

        Das dritte Gebot: »Sei ein Dichter« ist leicht gesagt, meinen Sie, aber nicht leicht getan. Sie haben recht. Und das ist nicht das einzige Problem. Dieses Gebot hat noch ein zweites im Gefolge: »Tu als Dichter nicht zuviel des Guten.« Ein Dichter zu sein, heißt für den Autor eines Romans, Rede- und Stilfiguren wirkungsvoll einzusetzen. Solche Redefiguren sind unter anderem: Personifikation, Hyperbel, Metapher und Vergleich.

    Bei einer Personifikation gibt man leblosen Dingen menschliche Eigenschaften: »Ich liebe mein Auto, aber mein Auto haßt mich.« Eine Hyperbel ist eine Übertreibung: »Meine Ex-Frau hat soviel Mitleid wie ein SA-Mann und das Gemüt eines Krokodils.« Eine Metapher ist ein impliziter Vergleich einer Sache mit einer anderen: »Im Mai hörte sie mit ihrer Diät auf, im November war sie ein Nilpferd.« »George steckte die Hand in das Triebwerk und machte Hackfleisch aus ihr.« Viele Metaphern scheinen derart gut zu pas-sen, daß sie zu Klischees geworden sind: »Er sieht die Welt durch eine rosarote Brille.« Ein Vergleich setzt zwei unterschiedliche Bereiche mithilfe der Vergleichspartikel »(so) wie« zueinander in Beziehung: »Nachdem das Pferd dem Mann auf den Fuß getreten hatte, sah dieser aus wie ein Pfannkuchen.« »Marys Freund ist so fade wie Haferschrot.«

        Eine gute Redefigur wird dem Leser nicht nur geistreich vorkommen, sondern oft bestimmte Assoziationen wecken. Dickens beispielsweise beschreibt Scrooge als »zurückgezogen wie eine Auster«. Das ist nicht nur treffend, weil die Auster in einer Muschel verschlossen ist, sondern weil sie auch eine schleimige kleine Kreatur ist. Nabokovs Humbert Humbert beschreibt seine erste Begegnung mit Lolita so. »Ein weißgepunktetes schwarzes Tuch, um ihre Brust geknotet, verbarg meinen alternden Affenaugen …« Seine Augen sind »Affenaugen« nicht nur, weil sie häßlich sind, sondern auch, weil sie die Augen eines Kinderschänders sind, eines Tiers. Wenn wir Charles Bovary zum ersten Mal zu Gesicht bekommen, sagt Flaubert, er habe »sein Haar über der Stirn gerade geschnitten wie ein Dorfkantor«. Zweifellos trugen Dorfkantoren häufig einen solchen Haarschnitt, aber der Vergleich klingt deshalb stimmig, weil Dorfkantoren in der Regel engstirnig, provinziell und schwer von Begriff sind, ganz wie Charles. Der Häuptling, der Erzähler von »Einer flog über das Kuckucksnest«, beschreibt den Mund der Großen Schwester als »so dreieckig wie das Mäulchen einer Puppe, das sich einer falschen Brustwarze entgegenspitzt«. Dieser Vergleich paßt nicht nur aus dem Grund, daß der Mund der Großen Schwester im Aussehen dem einer Puppe entspricht, sondern die Große Schwester hat auch selbst etwas Puppenhaftes, Unmenschliches an sich.

    Wie können Sie treffende Stilfiguren für Ihre Texte finden? Dazu brauchen Sie wirklich kein Genie zu sein. Alles, was Sie brauchen, ist Übung. Versuchen Sie immer, wenn Sie Erzählungen schreiben, so viele treffende Stilfiguren wie möglich zu finden. Wenn Sie an

Weitere Kostenlose Bücher