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Wie man einen verdammt guten Roman schreibt

Wie man einen verdammt guten Roman schreibt

Titel: Wie man einen verdammt guten Roman schreibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James N. Frey
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Szene, bzw. die Art, wie sie wahrgenommen wird, sollte sich verändern. Dies hier ist statisch:

    Hinter dem Haus stand der rote Schuppen. Er war seit Jahren nicht mehr benutzt worden. Die Farbe blätterte ab, die Tür hing schief in den Angeln, die Schweinekoben waren verfallen.
        Das ist ein Stilleben. Die Überarbeitung zeigt, wie die Beschreibung dynamisiert werden kann:

        Hinter dem Haus stand der rote Schuppen, die in verrosteten Scharnieren hängenden Fensterläden schlugen gegen die Außenwände. Die Farbe, die im Wind abblätterte, fiel rostroten Schneeflokken gleich in die verwaisten Schweinekoben. Das Quieken tausender dort großgezogener Schweine war nun als leises Echo zu hören …

        Die Mahnung, als Dichter des Guten nicht zuviel zu tun, ist in der folgenden Passage in den Wind geschlagen worden:

        Mildred war eine kleingewachsene Frau mit einer Himmelfahrtsnase und kleinen, fast mausähnlichen Ohren. Sie hielt sich sehr gerade, und wenn sie sprach, mußte man automatisch an den Schneesperling der Hochebenen Tibets denken. Ihre Stimme war eher ein Klingeln als ein Zirpen, wie beim Schneesperling. Aber ihre vogelähnlichen Qualitäten endeten hier. Sie hatte die Füße eines Wasserbüffels. Nicht die des afrikanischen, dessen Füße lang und spitz sind, sondern die des siamesischen Wasserbüffels, dessen Füße so breit sind wie die Zedernholzplanken auf dem Vorderdeck einer Hongkong-Dschunke. Ja, Mildred war schon eine wilde Mischung …

    Zusammengefaßt: Ihre Prosa sollte die zeitliche Dimension berücksichtigen, Farbe und Dichte haben, eher detailliert und spezifisch sein als allgemein gehalten, ein Gefühl von Bewegung vermitteln und an die sieben Sinne appellieren: Hören, Sehen, Fühlen, Schmecken, Riechen, das psychische Empfinden und den Sinn für Humor.

    8
    ÜBERARBEITEN UND UMSCHREIBEN: DIE
    LETZTEN QUALEN

    WESHALB UND WAS MUSS ÜBERARBEITET
    WERDEN

    »Das Überarbeiten«, sagt William C. Knott in The Craft ofFiction, »ist wie der Ringkampf mit einem Dämon«, da kommt »kaum jemand, der schreiben kann, drum herum; nur Schriftsteller wissen, wie man einen Text umschreibt. Diese Fähigkeit allein macht den Amateur zum Profi.«

        Jeder, der einen Creative-Writing-Kurs durchführt, weiß, daß Mr. Knott völlig recht hat.

        Das Buch, das Sie gerade lesen, stellt eine Methode vor, wie man einen verdammt guten Roman verfaßt. Zunächst haben Sie irgendeine Idee. Dabei kann es sich um eine Idee für eine Figur, einen Plot, einen Ort oder bloß um ein unheimliches Gefühl handeln, das Sie im Nacken spüren.

    Als nächstes machen Sie sich ein paar Notizen, wie sich diese Idee in eine Geschichte umsetzen ließe. Angenommen, die ursprüngliche Idee wäre ein bestimmter Typ, eine dümmliche Blondine. Das ist alles. Als Ihnen Blondie im wirklichen Leben bei einer Party über den Weg läuft, sind Sie von ihr fasziniert und möchten mit ihr arbeiten. Sie fangen an zu fragen, was wäre wenn … Was wäre, wenn Blondie sich in einen Trappistenmönch verliebte? Was wäre, wenn Blondie eine Million Dollar beim Pferderennen gewänne? Was wäre, wenn Blondie zur Armee ginge? Schon bald haben Sie eine Vorstellung, wie der zentrale Konflikt aussehen könnte. Sie schreiben ein paar Charakterskizzen, reichern sie zu Biographien an, suchen nach einer Prämisse und entscheiden sich für etwas wie »Dümmlichkeit führt zum Glück«. Dann folgt das Stufendiagramm. Aufgrund des Stufendiagramms wird der Roman entworfen. Und nun muß das Ganze überarbeitet und verfeinert werden, das sind die letzten Qualen. Und wenn man all das gewissenhaft tut, dann kann man doch einen spannenden Roman schreiben, nicht wahr? Dann kann man ihn einem Verleger verkaufen und viel Geld verdienen, oder?

    Ich fürchte, nein. Nicht ganz so.

    Nun kommt der Augenblick der Wahrheit.

        Wenn Sie noch nie einen Roman geschrieben haben, stellen Sie sich vor, wie schwierig das sein könnte, und dann multiplizieren Sie das Ganze mit hundert. Für manche Leute ist es schwieriger, einen Roman zu schreiben, als in einer Badewanne den Nordatlantik zu überqueren.

        Ja aber, sagen Sie. Doch nicht, wenn man ein Genie ist. Nicht, wenn man Talent hat. Wenn man ein Genie ist oder Talent hat, dann ist es noch viel schwerer.

    Wieso denn das? fragen Sie.

        Weil es dem Autor verdammt schwerfällt, sich über das, was er geschrieben hat, ein Urteil zu bilden, und wenn er nicht die Stärken

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