Wie man Freunde gewinnt
für andere interessiert, ist überall
willkommen
Wozu ein Buch lesen, um herauszufinden, wie man Freunde gewinnt? Warum nicht die Methode des kompetentesten Sachverständigen auf diesem Gebiet studieren? Wer das ist? Sie können ihm morgen schon auf der Straße begegnen. Sobald Sie ihm auf fünf Meter nahe sind, beginnt er mit dem Schwanz zu wedeln. Wenn Sie stehenbleiben und ihn streicheln, fährt er beinahe aus der Haut, um Ihnen zu zeigen, wie gut er Sie mag.
Dabei wissen Sie genau, daß sich hinter seinen
Sympathiekundgebungen keine Nebenabsichten verbergen. Er will Ihnen kein Grundstück verkaufen und er will Sie auch nicht heiraten.
Haben Sie je daran gedacht, daß der Hund das einzige Tier ist, das sich seinen Lebensunterhalt nicht verdienen muß? Ein Huhn muß Eier legen, ein Kanarienvogel muß singen, aber ein Hund verdient sein Leben einzig und allein damit, daß er Sie gern hat.
Als ich fünf Jahre alt war, kaufte mein Vater für fünf Cents einen kleinen gelbhaarigen Welpen. Er war die Freude meiner Kindheit.
Jeden Nachmittag gegen halb fünf saß er im Hof und blickte unverwandt die Zufahrt entlang, und sobald er meine Stimme hörte, schoß er wie ein Pfeil los und rannte atemlos den Hügel herauf, um mich mit Freudensprüngen und aufgeregtem Gebell zu begrüßen.
Tippy war fünf Jahre lang mein ständiger Begleiter. Dann wurde er eines Nachts, wenige Meter von mir entfernt, vom Blitz erschlagen. Sein Tod war für mich eine Tragödie.
Tippy hatte nie ein Buch über Psychologie gelesen. Er hatte es nicht nötig. Sein natürlicher Instinkt sagte ihm, daß jemand, der sich für andere interessiert, in zwei Monaten mehr Freunde
-74-
gewinnt als einer, der immer nur versucht, die andern für sich zu interessieren, in zwei Jahren. Lassen Sie mich diesen Satz wiederholen: Wer sich für andere interessiert, gewinnt in zwei Monaten mehr Freunde als jemand, der immer nur versucht, die andern für sich zu interessieren, in zwei Jahren.
Sie und ich kennen Menschen, die ihr ganzes Leben lang versuchen, die andern für sich zu interessieren. Natürlich klappt das nicht. Die Leute sind weder an Ihnen noch an mir interessiert. Sie interessieren sich ausschließlich für sich selbst, am Morgen, am Mittag, am Abend.
Die New Yorker Telefongesellschaft stellte eine genaue Untersuchung darüber an, welches Wort in den
Telefongesprächen am häufigsten vorkommt. Sie haben es sicher schon erraten: Es ist das Wörtchen «ich», «ich», «ich». Es wurde in fünfhundert Gesprächen 3900mal gesagt. «Ich», «ich»,
«ich», «ich», «ich».
Wenn Sie ein Gruppenbild anschauen, auf dem Sie mit abgebildet sind, wen suchen Sie dann zuerst?
Wenn wir immer nur versuchen, den anderen Eindruck zu machen und ihr Interesse für uns zu beanspruchen, dann werden wir nie viele gute, aufrichtige Freunde haben. Freunde, wirkliche Freunde schafft man sich nicht auf diese Weise.
Napoleon probierte es, doch bei seiner letzten Begegnung mit Josephine sagte er: «Josephine, ich hatte soviel Glück wie kaum ein Mann auf dieser Welt; dennoch bist du zu dieser Stunde der einzige Mensch, dem ich vertrauen kann.» Die Historiker bezweifeln allerdings, ob er ihr überhaupt je vertrauen konnte.
Der Psychologe Alfred Adler schrieb: «Der Mensch, der sich für seine Mitmenschen nicht interessiert, hat im Leben die meisten Schwierigkeiten und fügt andern am meisten Schaden zu. Solche Menschen sind die Ursache allen menschlichen Elends.»
Sie können haufenweise gelehrte Bücher über Psychologie
-75-
studieren, ehe Sie auf einen Satz stoßen, der für uns alle von größerer Bedeutung wäre. Adlers Feststellung sagt so ungeheuer viel aus, daß ich sie unbedingt noch einmal wiederholen möchte: Der Mensch, der sich für seine Mitmenschen nicht interessiert, hat im Leben die meisten Schwierigkeiten und fügt andern am meisten Schaden zu. Solche Menschen sind die Ursache allen menschlichen Elends.
Ich besuchte einmal an der Universität New York einen Kurs darüber, wie man Kurzgeschichten schreibt und im Verlauf dieses Kurses sprach auch der Redakteur einer Zeitschrift zu unserer Klasse. Er erklärte uns, daß er irgendeine der Geschichten, die täglich zu Dutzenden auf seinem Schreibtisch landen, herauspicken könne und nach den ersten Sätzen schon spüre, ob ihr Verfasser die Menschen liebt oder nicht. «Wenn ein Autor die Menschen nicht mag», sagte er, «dann mögen die Leute auch seine oder ihre Geschichten nicht.»
Dieser
Weitere Kostenlose Bücher