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Wie man Freunde gewinnt

Wie man Freunde gewinnt

Titel: Wie man Freunde gewinnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Carnegie
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erfahrene Redakteur unterbrach sich zweimal während seines Vertrags und entschuldigte sich, daß er uns eine Predigt halte. «Ich sage Ihnen hier die gleichen Dinge, die der Pfarrer von der Kanzel predigt. Aber wer sich für seine Mitmenschen nicht interessiert, der wird mit seinen Kurzgeschichten nie im Leben Erfolg haben.»
    Wenn das auf das Schreiben von erfundenen Geschichten zutrifft, dann können Sie sicher sein, daß es auch für den persönlichen Kontakt von Mensch zu Mensch gilt.
    Das letztemal, als Howard Thurston am Broadway auftrat, habe ich ihn eines Abends in seiner Garderobe besucht.
    Thurston war der anerkannte Meister aller Zauberkünstler. Seit vierzig Jahren reiste er immer wieder durch die ganze Welt und führte seine Zuschauer hinters Licht, daß ihnen vor Staunen der Atem wegblieb. Mehr als sechzig Millionen Menschen haben Karten gekauft, um seine Vorstellungen zu besuchen, und er hat dabei ein Vermögen verdient.
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    Ich fragte Thurston nach dem Geheimnis seines Erfolges.
    Seine Schulbildung hatte sicher nichts damit zu tun, denn er brannte als Junge von Zuhause durch, wurde Landstreicher und Wanderarbeiter, fuhr in Güterwagen, schlief in Heustöcken, erbettelte sich sein Essen von Haus zu Haus und lernte lesen, indem er vom Güterzug aus die Anschriften längs der Eisenbahnlinie entzifferte.
    Verstand er mehr von Zauberkunst als seine Kollegen? Nein, denn er sagte mir, es seien Hunderte von Büchern über Taschenspielerei geschrieben worden und eine Menge Leute wüßten soviel darüber wie er. Zwei Dinge aber hatte er den anderen voraus: Zuerst einmal brachte er es fertig, die Zuschauer in den Bann seiner Persönlichkeit zu ziehen. Er war ein fabelhafter Schauspieler. Er kannte die menschliche Natur.
    Alles, was er machte, jede Bewegung, jede Betonung, jedes Augenzwinkern hatte er im voraus sorgfältig einstudiert und auf die Sekunde genau berechnet. Hinzu kam aber noch, daß Thurston sich für sein Publikum aufrichtig interessierte. Er erzählte mir, daß viele Zauberkünstler nach einem Blick in den Saal heimlich denken: «Ist das wieder eine Bande von Dummköpfen und Tölpeln! Die werd' ich mal ganz schön auf den Arm nehmen.» Thurston jedoch ging anders vor. Jedesmal, wenn er auf die Bühne trat, sagte er sich: «Ich bin dankbar, daß diese Leute gekommen sind, um mich zu sehen. Sie ermöglichen mir ein sehr angenehmes Leben. Ich will mir Mühe geben, ihnen für ihr Geld das Beste zu bieten.»
    Er erklärte mir, daß er nie ins Rampenlicht trete, ohne sich vorher immer und immer wieder zu sagen: «Ich liebe mein Publikum. Ich liebe mein Publikum.» Lächerlich? Albern?
    Halten Sie davon, was Sie wollen. Ich habe Ihnen nur kommentarlos das Rezept des berühmtesten Zauberkünstlers aller Zeiten verraten.
    George Dyke war nach dreißigjähriger Tätigkeit gezwungen, seine Werkstatt in Pennsylvania zu schließen, weil dort, wo sie
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    stand, eine neue Überlandstraße durchführen sollte. Schon bald begann ihm jedoch das müßige Rentnerdasein langweilig zu werden, und er holte seine alte Geige hervor, um sich die Zeit mit Musik zu vertreiben. Später fing er an, in der Gegend herumzureisen, um Musik zu hören und mit namhaften Fiedlern in Kontakt zu kommen. Auf seine bescheidene, freundliche Art ließ er sie von ihrer Herkunft und ihren Interessen erzählen und obschon er selbst kein großer Musiker war, gewann er auf diese Weise doch recht viele Freunde. Schließlich nahm er sogar an Wettbewerben teil und bald war er unter den
    Volksmusikliebhabern im Osten der Vereinigten Staaten als
    «Onkel George, der Fiedelkratzer» bekannt. Als wir ihn spielen hörten, war Onkel George zweiundsiebzig und freute sich jede Minute seines Lebens. Sein unablässiges Interesse an den anderen Menschen hatte ihm selbst in einem Alter, da andere ihre produktive Zeit für abgeschlossen halten, zu einem neuen Leben verholfen.
    Dieses Interesse am andern verhalf auch Theodore Roosevelt zu seiner ungeheuren Popularität. Sogar seine Dienstboten liebten ihn. Sein farbiger Diener, James E. Amos, schrieb ein Buch über ihn mit dem Titel: Theodore Roosevelt, der Held seines Dieners. Darin beschreibt er die folgende aufschlußreiche Begebenheit:
    «Meine Frau erkundigte sich einmal beim Präsidenten nach Wachteln. Sie hatte noch nie welche gesehen und er beschrieb sie ihr ausführlich. Einige Zeit später klingelte das Telefon in unserem Häuschen. [Amos und seine Frau bewohnten ein kleines Cottage auf

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