Wie man mit einem Lachs verreist
des
städtischen Hundezwingers«, und schon brachen alle in
stürmischen Beifall aus. Manchmal brauchte der Moderator bloß den Mund aufzumachen, um »Guten Abend« zu sagen,
und frenetische Ovationen übertönten das letzte Wort. Dann sagte der Moderator: »Da sind wir wieder, wie jeden
Donnerstag«, und die Zuschauer klatschten nicht nur wie besessen, sondern wieherten, daß ihre Kinnladen sich
verrenkten.
Der Beifall wurde so unverzichtbar, daß man sogar in den Werbespots, wenn der Sprecher ausrief: »Kauft das
Abmagerungsmittel Pip«, einen ozeanisch aufbrausenden
Beifall hörte. Die Zuschauer an den Fernsehgeräten wußten sehr wohl, daß im Saal vor dem Sprecher niemand saß, aber sie brauchten den Applaus, sonst wäre ihnen die Sendung künstlich vorgekommen, und dann hätten sie das Programm gewechselt. Die Bonga verlangen vom Fernsehen, daß es das wahre Leben zeigt, so wie es ist, ohne Vortäuschungen. Die Beifallsgeräusche macht das Publikum (also Leute wie wir), nicht der Schauspieler (der etwas vortäuscht), und daher sind sie die einzige Garantie, daß das Fernsehen ein geöffnetes Fenster zur Welt ist. Zur Zeit wird eine Sendung ausschließlich mit applaudierenden Schauspielern vorbereitet, und sie soll
»Televeritas« heißen.
Um sich im Leben verankert zu fühlen, applaudieren die Bonga jetzt immer und überall, nicht nur im Fernsehen. Sie
applaudieren sogar auf Beerdigungen, nicht weil sie zufrieden wären oder um dem Verstorbenen eine Freude zu machen,
sondern um sich nicht als Schatten unter Schatten zu fühlen, um sich lebendig und wirklich zu fühlen, real wie die Bilder, die sie auf der Mattscheibe sehen. Einmal war ich bei einer Bonga-Familie zu Gast, als ein Verwandter hereinkam und sagte:
»Eben ist Großmama von einem Lastzug überfahren worden!«
Alle erhoben sich und klatschten laut in die Hände.
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Ich kann nicht sagen, daß die Bonga uns unterlegen wären. Im Gegenteil, einer von ihnen sagte mir, sie hätten vor, die Welt zu erobern. Daß dieses Vorhaben nicht ganz platonisch ist, ging mir jetzt auf, als ich wieder nach Hause kam. Abends stellte ich den Fernseher an und sah einen Quizmaster, der die
Assistentinnen seiner Show vorstellte, dann kündigte er an, er werde jetzt einen komischen Monolog halten, schließlich sagte er: »Und jetzt kommt eine Tanzeinlage.« Ein distinguierter Herr, der mit einem anderen distinguierten Herrn über die großen Probleme der Politik diskutierte, unterbrach sich mittendrin und sagte: »Und jetzt machen wir eine Pause für die Werbung.«
Einige Entertainer stellten sogar das Publikum vor. Andere die Kamera, von der sie gerade gefilmt wurden. Alle applaudierten.
Verstört eilte ich hinaus und ging in ein Restaurant, das berühmt ist für seine Nouvelle Cuisine. Der Kellner erschien und brachte mir drei Salatblätter. Und sprach: »Dies ist ein Salat aus lombardischem Lattich, bestreut mit feingeschnittener Rauke aus der Lomellina, gewürzt mit Meersalz, eingeweicht in unserem Balsamessig und beträufelt mit dem Saft gepreßter Oliven aus Umbrien.«
Die Bonga sind unter uns.
(1987)
Wie man die vermaledeite Kaffeekanne benutzt
Es gibt verschiedene Arten, einen guten Kaffee zu machen: es gibt den caffè alla napoletana, den Espresso, den türkischen Kaffee, den brasilianischen cafesinho, den französischen café filtre, den amerikanischen Kaffee. Jeder Kaffee ist auf seine Art exzellent. Der amerikanische Kaffee kann eine kochendheiße Brühe sein, serviert in Plastikbechern mit Thermoseffekt, wie er gewöhnlich auf Bahnhöfen zum Zwecke des Völkermords
verabreicht wird; aber mit dem percolator gemacht, wie man ihn in manchen Privathaushalten oder in bescheidenen
Luncheonettes finden kann, serviert zu Rührei und Schinken, ist er köstlich und duftend, man trinkt ihn wie Wasser, und dann fängt einem das Herz zu bumpern an, denn eine Tasse enthält mehr Koffein als vier Täßchen Espresso.
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Daneben gibt es den Kaffee als Gesöff. Er besteht in der Regel aus schlecht gewordener Gerste, Totengebein und einigen echten Kaffeebohnen, die sich im Abfall einer Fürsorgestelle für Geschlechtskranke gefunden haben. Man erkennt ihn am
unverwechselbaren Geruch von in Abwaschwasser gebadeten Füßen. Serviert wird er in Gefängnissen, in
Besserungsanstalten, in Schlafwagen und Luxushotels.
Tatsächlich kann man zwar, wenn man im Plaza Majestic, im Maria Jolanda & Brabante oder im Hotel des Alpes et des Bains absteigt,
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