Wie man seine durchgeknallte Familie überlebt - Rick ; Bd.1
abgefahren.
»Skipper«, rief Finn. »Steig endlich ein und setz die Segel. Oder willst du von den Kannibalen gefressen werden?«
Was für Kannibalen? Der hatte doch wohl ’ne Schraube locker.
Hinter mir raschelte es. Ich fuhr herum. Durchforstete die Dunkelheit mit meinen Augen.
Und plötzlich sah ich sie. In gebückter Haltung kamen sie direkt auf mich zugeschlichen.
Ein Stromschlag durchfuhr mich.
»Haut ab!«, hätte ich am liebsten geschrien. Doch es ging nicht. Meine Stimme war verschwunden. Mit einem Satz war ich im Boot.
Finn keuchte neben mir: »Das war knapp«, und drehte das Segel scharf in den Wind. Die Kannibalen konnten nur noch Wasser schlucken, so schnell schoss unser Katamaran davon.
Über ihre Giftpfeile, die zischend an uns vorbeisausten, lachte Finn sich kringelig. Er streckte die Hand hoch und zeigte ihnen den Stinkefinger. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die Kannibalen wussten, was das zu bedeuten hatte.
Wir segelten quer über den Ozean. Das Wasser schlug hart gegen unseren Katamaran. Ich hoffte inständig, dass die nächste große Welle nicht das morsche Holz zerschlagen und uns mit Haut und Haaren verschlingen würde.
»Du musst rudern, los, schnell!«, schrie mir Finn durch den heulenden Wind aufgeregt zu.
Ich schnappte mir die Holzpaddel und stieß sie ins Wasser. Dann ruderte ich um mein Leben – um unser Leben.
Finn kämpfte vorne mit dem Segel. Er stöhnte und ächzte und beinahe hätte ihn eine große Welle mit sich in den tiefschwarzen Ozean gerissen. Er konnte sich gerade noch am Mast festhalten.
»Yeah!«, brüllte er. »Mich kriegt ihr nicht, ihr hinterhältigen Wasserdämonen.«
Ich weiß nicht, wie lange wir gegen das Meer mit seinen mörderischen Wellen ankämpften. Irgendwann jedenfalls wurde die See ruhiger und am Horizont tauchte Land vor uns auf. Nicht eine Sekunde zu früh. Denn ich war kurz davor, vor lauter Erschöpfung ohnmächtig zusammenzubrechen.
Finn ging nach Luft schnappend in die Hocke. »Land. Endlich. Wir sind gerettet.«
»Ja«, japste ich und hätte vor Erleichterung glatt flennen können.
Als ich kurze Zeit später das Ufer betrat, hatte ich keine Arme mehr. Sie waren mir einfach abgefallen. Na ja, auf jeden Fall fühlte es sich so an. Ich ließ mich in den warmen weißen Sand fallen und seufzte tief.
»Hier bleibe ich liegen, bis das Museum wieder öffnet.«
Finn trat neben mich und schaute kopfschüttelnd auf mich herunter. »Vergiss es. Wir können hier nicht bleiben. Wenn uns die Eingeborenen erwischen, war alles umsonst.«
Ich stützte mich auf die Ellbogen. »Schon wieder Kannibalen?«
Finn schüttelte den Kopf. »Nein, viel schlimmer. Die Anhänger der Hexe Rangda.«
»Oh nee, nicht schon wieder die«, stöhnte ich.
Aber Finn ließ sich nicht davon abbringen. »Doch, schon wieder die! Wir sind gerade rechtzeitig zum großen Kampf zwischen der Hexe Rangda und den Barong auf die Insel gekommen.«
Meinetwegen. Sollte sich die Hexe doch mit diesem Baron kloppen, solange sie wollte. Hauptsache, wir mussten uns nicht schon wieder mit irgendwelchen verrückten Maskenträgern herumprügeln.
Finn deutete auf die balinesischen Trommeln. »Zunächst müssen wir den Göttern ein Opfer bringen«, erklärte er.
»Ähm … okay, wenn du das sagst. Und was für ein Opfer soll das sein? Müssen wir eine Fliege massakrieren, die wir hier irgendwo gefangen haben?«
Finn machte ein todernstes Gesicht. »Rick, du solltest das Ganze nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ein falscher Ton und wir landen auf dem Scheiterhaufen.«
»Ton? Scheiterhaufen?«
Finns Miene wurde noch dunkler. »Jawohl. Wir müssen den Göttern auf den Trommeln ein Lied spielen. Doch wenn uns auch nur
ein
falscher Ton entweicht, dann verbrennen uns die Anhänger der Hexe Rangda auf dem Scheiterhaufen.«
Ufff! Ich war nicht gerade der größte Musiker. Vor meinem inneren Auge sah ich mich an einen Pfahl gebunden, unter mir ein Haufen Zweige und rundherum wild tanzende Eingeborene. Mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen.
»Können wir nicht einfach woandershin segeln?«, fragte ich.
Finn rümpfte verächtlich die Nase. »Du kannst dich ja so lange zu den Frauen unters Strohdach setzen und Reiskörner sortieren.«
Geht’s noch? Ich meine, mal ehrlich, sah ich aus wie ein langweiliger Reiskörnersortierer?
Mit einem Satz war ich auf den Beinen und marschierte zielstrebig auf die Trommeln zu.
Finn sprang aufgeregt hinter mir her.
»Und wie soll das jetzt genau
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