Wie man sich beliebt macht
ich außer zu besonderen Anlässen wie Thanksgiving oder Ostern nie Cola trinken durfte -, dass ich mitten in der Nacht (so kam es mir jedenfalls vor, obwohl es wahrscheinlich noch vor Mitternacht war) ins Bett pinkelte.
Ich weiß noch, wie ich in meiner nassen Unterhose dalag und immer verzweifelter wurde. Jason schlummerte tief und fest, aber selbst wenn er wach gewesen wäre, hätte ich ihm niemals gesagt, was passiert war. Er hätte mich bestimmt ausgelacht. »Iih! Du hast ins Bett gemacht wie ein kleines Baby!«, hätte er bestimmt gerufen. Na gut, so wie ich Jason kenne, hätte er das wahrscheinlich nicht gesagt, aber in meinem verwirrten vierjährigen Hirn war ich überzeugt davon, dass er niemals mein bester Freund bleiben würde, wenn er wüsste, dass ich ins Bett gemacht hatte. Und dass er es mir bei jeder Gelegenheit unter die Nase reiben würde. »Okay, bei ›Vier gewinnt‹ hast du mich vielleicht besiegt, aber dafür bin ich wenigstens kein Bettnässer!«
Als meine Unterhose immer kälter und klammer wurde, hielt ich es irgendwann nicht mehr aus, krabbelte aus dem Bett und tappte in das Elternschlafzimmer hinüber, wo Jasons Großmutter schlief.
Sie wachte sofort auf. »Stephanie!«, sagte sie verschlafen.
»Es ist noch viel zu früh zum Aufstehen, Kleines. Schau mal auf die Uhr. Wir stehen auf, wenn der große Zeiger auf der Zwölf steht und der kleine auf der acht. Oder auf der neun.«
Ich erklärte ihr, dass ich nicht aufgestanden war, weil ich aufstehen wollte, sondern weil mir ein Missgeschick passiert war.
Kitty reagierte wirklich toll. Sie schälte mich aus meiner nassen Unterhose und steckte sie in die Waschmaschine, ohne Jason aufzuwecken.
Und als sie mich wieder ins frisch gemachte Bett bringen wollte und ich jammerte, weil ich keine Unterhose anhatte (ja, ich war eines dieser Kinder, die unter dem Schlafanzug ein Höschen tragen wollten), holte sie eine von Jason aus der Kommode und versicherte mir, dass Jungsunterhosen genausogut seien wie Mädchenunterhosen, weshalb ich sie unbesorgt unter meinem Schlafanzug anziehen könnte, und dass Jason nie etwas davon erfahren würde.
Ich war natürlich skeptisch. Jungsunterhosen sind nämlich kein bisschen wie Mädchenunterhosen. Hallo? Die haben einen Eingriff! Und außerdem war es eine Batman-Unterhose.
Aber sie war besser als gar nichts. Also legte ich mich mit Jasons Batman-Unterhose und mit dem Versprechen ins Bett, am nächsten Morgen meine eigene - frisch gewaschene und getrocknete - Unterhose zurückzubekommen.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich im Bett lag und dachte: »Ich habe Jasons Große-Jungen-Unterhose an!« So nannten wir sie damals, als wir beide von Windelhöschen
zu richtigen Unterhosen übergingen - seine waren Große-Jungen-Unterhosen und meine Große-Mädchen-Unterhosen.
Ehrlich gesagt, fand ich es irgendwie auch aufregend, Jasons Große-Jungen-Unterhose anzuhaben. Krank, ich weiß. Aber so war ich eben schon damals.
Als Jason am nächsten Morgen im Bad war, schmuggelte Kitty mir meine Unterhose ins Zimmer, und ich gab ihr Jasons Große-Jungen-Unterhose zurück. Irgendwie war ich fast ein bisschen traurig, sie wieder hergeben zu müssen. Und sie hat niemandem je ein Wort davon erzählt - weder Jason, noch seinen Eltern oder meinen. Niemandem. Ich weiß bis heute nicht, ob sie sich noch daran erinnert, wie sie mich damals gerettet hat … aber ich werde es ihr nie vergessen.
Und ich bin sehr froh, dass sie meine Großmutter wird, weil ich finde, dass sie eine der tollsten Großmütter ist, die ein Mädchen sich nur wünschen kann.
Schade, dass meine Mutter da anderer Meinung ist, aber das liegt vielleicht daran, dass Kitty nie sie vor der tödlichen Blamage bewahrt hat, mit nasser Unterhose ertappt zu werden.
»Nein«, beantwortete ich Grandpas Frage nach Mom. »Aber ich bin mir sicher, dass sich das mit euch irgendwann wieder einrenkt.«
Obwohl ich das, ehrlich gesagt, nicht glaube. Das sage ich bloß zu Gramps, wenn er so traurig aussieht wie in diesem Moment. Meine Mutter kann sehr radikal sein. Ich habe mal miterlebt, wie sie einen ausgewachsenen Mann eigenhändig aus dem Laden geschmissen hat, bloß weil er verdächtig lange um den Ständer mit den Ohrringen
herumgestrichen ist und sie ihn im Verdacht hatte, etwas klauen zu wollen. Er war viel kräftiger als sie, aber das nützte ihm nichts. Moms Körperschwerpunkt liegt tiefer als bei anderen Leuten, was vermutlich daran liegt, dass sie so viele
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