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Wie man sie zum Schweigen bringt

Wie man sie zum Schweigen bringt

Titel: Wie man sie zum Schweigen bringt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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das Gesicht in den Händen. Nach einer Weile stand er auf und fragte mit ruhigerer Stimme:
    »Möchtest du einen Kaffee? «
    Warum nicht, es konnte eine lange Nacht werden. Ich setzte mich auf das Sofa, von dem Kim gerade aufgestanden war. Es war angenehm weich.
    Ich streifte die Schuhe von den Füßen und zog die Beine unter mich. An der gegenüberliegenden Wand hing ein stilvolles Schwarz-Weiß-Foto von Eriikka Rahnasto. Die scharfen Kontraste von Licht und Schatten betonten die hohen Wangenknochen und die gerade Nase. Die Schultern waren nackt, die blonden Haare fielen über das rechte Ohr.
    Das Bild an der anderen Wand zeigte ein Sofa. Das rote Sofa, das bei Petri und Tommi im Wohnzimmer stand. Kim kam aus der Küche zurück.
    »Petris Sofa… Es ist eine gute Aufnahme, ich hab sie vergrößert. Man sollte meinen, es täte nicht weh, das Foto zu betrachten, Petri ist ja nicht drauf. Er hat da links gestanden und gegrinst, da drüben auf dem weißen Fußboden ist der Schatten von seinem Arm zu erkennen, siehst du ihn? Jedes Mal, wenn ich das Bild anschaue, sehe ich auch Petri, und sein Bild legt sich über alles andere, über das Sofa und das Fenster und das ganze Bild. Wahrscheinlich sollte ich es abnehmen und Eriikka sagen, es wäre mir langweilig geworden .  «
    Kim hatte die Vorhänge nicht vorgezogen, zwischen den Birkenzweigen schimmerten blasse Sterne. Auf einmal wurde ich entsetzlich müde, doch der Espressogeruch aus der Küche war verlockend.
    »Ich hab Latte Macchiato gemacht, du hast doch hoffentlich keine Laktose-Intoleranz? Eriikka verträgt keine Milch«, sagte Kim und schob einen Teewagen aus Chromstahl heran, auf dem zwei große Milchkaffeeschalen und ein Teller mit Orangenkeksen standen.
    »So, nun stell deine Fragen«, sagte er nach dem ersten Schluck.
    »Was hat Petri über Reijo Rahnasto gesagt? «
    »Sie schienen über alles entgegengesetzter Meinung zu sein. Petri war ziemlich verunsichert, als er erfuhr, wer meine Freundin ist. Er wollte wissen, ob Eriikka sehr an ihrem Vater hängt .  «
    »Und, tut sie das? «
    Er antwortete nicht sofort, sondern biss in einen Keks, als sei er ausgehungert. Der Kaffee war stark und angenehm warm. Da die Schale keinen Henkel hatte, wärmte sie auch gleich die Hände.
    »Ich weiß es eigentlich nicht. Eriikka spricht nicht viel über ihre Eltern. Ihre Mutter wohnt in Turku. Die Scheidung war offenbar so schmerzhaft, dass sie nicht mehr in derselben Stadt leben wollte wie ihr Exmann, aber das war lange bevor ich Eriikka kennen gelernt habe. In letzter Zeit ist Reijo öfter mit einer Kollegin von Eriikka ausgegangen. Warum fragst du mich eigentlich nach ihm? « Als Kim begriff, wurde sein schmales Gesicht wachsbleich.
    »Du glaubst doch nicht etwa, Reijo hätte davon gewusst? Und Petri wäre deshalb… Mich hätte er garantiert zusammengeschlagen, wenn er es erfahren hätte, aber Petri… Nie im Leben! « Die langen Finger fuhren durch die Haare, schlossen sich dann zitternd um die Kaffeeschale.
    »Ist er gewalttätig? «
    »Er hat sowohl Eriikkas Mutter als auch seine zweite Frau verprügelt, aber das ist ein Familiengeheimnis. Eriikka hat es mir einmal verraten, als sie ein bisschen zu viel getrunken hatte, aber danach hat sie sich geweigert, darüber zu reden. Ihre Mutter war weniger diskret, sie hat gesagt, hoffentlich würde ich Eriikka nicht so behandeln, wie ihr Mann sie behandelt hat. Pfui Teufel! «
    »Was hat Petri über Rahnasto gesagt? «, fragte ich noch einmal.
    Kim stand auf und ging ans Fenster. Draußen hörte man Bremsgeräusche und Hupen, auf der nahe gelegenen Bahnstrecke rumpelte ein Frachtzug vorbei. Ich nahm einen Keks, die Orangenfüllung tropfte mir aufs Kinn, doch Kim hatte zum Glück Papierservietten bereitgelegt.
    »Petri meinte, Rahnasto verstößt gegen das Kommunalgesetz, weil er dem Ausschuss nicht alle Anträge vorgelegt hat. Er war sehr erleichtert, als er gemerkt hat, dass ich Reijo auch nicht besonders mag. Reijo ist durch und durch skrupellos, darüber kann auch sein geschliffenes Auftreten nicht hinwegtäuschen. Im Geschäftsleben mag das noch angehen, da muss man natürlich auf seinen eigenen Vorteil aus sein, aber in der Politik sollte man doch wohl auch die Interessen der Bürger vertreten. Möchtest du noch Kaffee? «
    »Danke, gern. Offensichtlich hast du bei der letzten Wahl nicht für Rahnasto gestimmt .  «
    Kim lachte. Er holte Kaffee und Milchkanne aus der Küche und füllte unsere Tassen auf. Dann

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