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Wie man sie zum Schweigen bringt

Wie man sie zum Schweigen bringt

Titel: Wie man sie zum Schweigen bringt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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»Salo? «
    »Wer sonst? Die Sache geht natürlich ans Kriminalamt .  «
    Ich nahm Iida auf den Arm, um sie zu beruhigen. Manchmal kam sie morgens mit zum Briefkasten, an den Wochenenden holte sie sogar ganz allein die Zeitung und war sehr stolz auf diese Aufgabe. Was, wenn sie heute als Erste nach draußen gegangen wäre? Oder Antti?
    »Was jetzt? «, fragte Antti, der mittlerweile am Küchenfenster Ausschau hielt.
    »Wir warten auf das Räumkommando. Iida, komm essen. Es ist alles wieder gut .  «
    »Ich kann meine Katze nicht einfach verrecken lassen! Ich geh sie suchen«, erregte sich Antti und wich meinem Blick aus. »Sie muss in die Tierklinik .  «
    »Nein! Womöglich liegen da draußen noch mehr Sprengsätze. Wir bleiben vorläufig im Haus. Iida, möchtest du Erdbeermarmelade zum Brei? «
    Es kam mir vor, als wäre ich völlig unbeteiligt. Jemand anders war gerade eben auf den Tod zugegangen und nur verschont geblieben, weil die Katze die Bombe vorzeitig ausgelöst hatte. Ich stellte meiner Tochter den Breiteller hin wie jeden Morgen, trank Kaffee und zwang mich, ein Stück Brot zu essen. Bevor die Kollegen kamen, musste ich mich anziehen und die Zähne putzen.
    Als Erstes traf ein Streifenwagen ein, der jedoch zehn Meter vor unserem Grundstück anhielt. Einer der beiden Beamten rief an und sagte, sie würden die Straße absperren und unsere Nachbarn befragen. Ich zog Iida an und füllte die Waschmaschine. Ihr gleichmäßiges Rumpeln öffnete den Weg in den Alltag, einen Alltag mit glatten Bettlaken und friedlichen Morgenstunden. Gleichzeitig versuchte ich mich an das Motorengeräusch zu erinnern, das ich in der Nacht gehört hatte. Auch Taskinen rief an, er war bereits im Präsidium und hatte von dem Vorfall gehört. Seine Stimme klang besorgt und zugleich verärgert, als er sagte, wenn nötig, solle ich mich krankschreiben lassen.
    Das Kriminalamt schickte außer dem Bombenentschärfungskommando einen Hauptmeister namens Muukkonen. Auch er rief mich an, ich sah ihn am Waldrand stehen und in sein Handy sprechen. Er sagte, sobald sein Partner einsatzbereit sei, werde er zum Gefängnis fahren und Salo vernehmen. Es gab zahlreiche Zeugen für die Morddrohung, denn Salo hatte nach der Urteilsverkündung im Gerichtssaal gerufen, er werde mich, den Staatsanwalt und einen Kommissar aus dem Rauschgiftdezernat umbringen. An Helfershelfern fehlte es ihm nicht. In Gedanken stellte ich eine Liste der infrage kommenden Komplizen auf, obwohl ich sie nicht selbst vernehmen konnte. In diesem Fall war ich nicht Ermittlerin, sondern Opfer.
    Hinter den Gardinen stehend, beobachtete ich den Zeitlupentanz, den die Sprengstoffexperten in unserem Garten aufführten. Die Detektoren fuhren tastend umher, der Sprengstoffspürhund bewegte sich sicher und vorsichtig zugleich. Der Weg von der Tür zum Briefkasten war bereits überprüft; ich hatte den Leiter der Gruppe gebeten, gleich danach die Strecke zwischen Briefkasten und Vogelbeerbaum abzusuchen. Ich wagte nicht zu hoffen, dass Einstein noch lebte, die Wunde hatte schlimm ausgesehen. Sein Fressnapf stand auf dem Küchenboden. Ich konnte mich nur mühsam beherrschen, den Futterrest vom Vorabend wegzukippen, und musste plötzlich an Tommi Laitinen denken, der am Abend von Petris Tod angefangen hatte, die Garderobe leer zu räumen. Der Suchtrupp meldete, die Katze liege halb bewusstlos unter dem Vogelbeerbaum. Sofort holte Antti Tragkorb und Verbandszeug.
    »Wohin gehst du? «
    »Ich hol Einstein und bringe ihn in die Tierklinik. Ruf mir ein Taxi! « Antti war die ganze Zeit blass und einsilbig gewesen und mir aus dem Weg gegangen. Einstein war seine Katze, er hatte sie schon jahrelang gehabt, bevor wir uns kennen lernten.
    »Halte dich an die Anweisungen der Bombenexperten. Ich bestell das Taxi zum Nachbarhaus. Soll ich auch bei der Tierklinik anrufen? «
    »Ja klar! «, fauchte er. »Du kümmerst dich wohl um Iida? Zur Tagesmutter können wir sie nicht mehr bringen, sie ist eine Gefahr für die anderen Kinder! «
    »Iida bringt niemanden in Gefahr! «, zischte ich wütend, doch er war bereits weg. Während ich ein Taxi rief, sah ich ihn eilig durch das Gras stapfen. Die Bombenexperten schien er gar nicht wahrzunehmen. Er stand mit dem Rücken zu mir, als er die Katze hochhob. Sie hing schlaff in seinen Armen, ihr Blut lief auf seine Jeans, und ich seufzte erschrocken auf, als die Taxizentrale sich meldete. Antti wickelte Einstein in ein Handtuch und legte das Bündel

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