Wie man sie zum Schweigen bringt
. «
»War die Bombe in Tötungsabsicht gelegt? «, fragte Koivu, doch ich konnte es ihm nicht sagen, denn das Gutachten der Sprengstoffexperten stand noch aus. Die Bombe war nach oben detoniert, wahrscheinlich hätte sie demjenigen, der zum Briefkasten ging, die Hände und das Gesicht zerfetzt. Die Sachverständigen würden uns sicher bald über Bauart und Professionalität Auskunft geben können.
»Ich will mir meine Liste von Salos Komplizen ansehen. Jarkola hat ja auch mal für ihn gearbeitet«, sagte ich und goss mir Kaffee ein. Er war abgestanden und hatte auf nüchternen Magen eine ähnliche Wirkung wie ein Whisky.
»Ob Salo bei dem Mord an Seppälä doch seine Hände im Spiel gehabt hat? «, überlegte Koivu. »Vielleicht hat er die Bombe legen lassen, um dich von dem Fall abzulenken . «
»Ich weiß nicht, aber darüber können wir uns später Gedanken machen. Rate mal, wo ich gestern war . « Ich erzählte ihm von meinem Karaoke-Auftritt im »Café Escale« und brachte ihn zum Lachen. Er versprach bereitwillig, Iida Gesellschaft zu leisten, solange ich am Computer saß. Das entsprach zwar nicht ganz den Vorschriften, doch Koivu schien nichts dagegen zu haben. Ich hatte ein paar Bilderbücher mitgebracht, die er ihr vorlas. Ich selbst ging als Erstes in die Rüstkammer und ließ mir zwei kugelfeste Westen aushändigen. In Kindergröße gab es sie leider nicht. Nach kurzem Überlegen nahm ich auch einen Helm mit.
Ich fand zahlreiche Angaben über Salos Dealerring und mailte sie an Muukkonen weiter. Es fiel mir schwer, mich aus den Ermittlungen herauszuhalten, doch das war nun einmal die übliche Marschordnung. Als ich gerade die Strafregisterauszüge von zwei Aufmischern las, die Salo gelegentlich eingesetzt hatte, kam Taskinen herein.
»Ich hab dich vom Fenster aus gesehen, als du mit Iida gekommen bist, aber ich saß gerade in einer Besprechung mit dem Polizeichef. Du hättest lieber zu Hause bleiben sollen . «
»Hier fühle ich mich sicherer. Stell dir vor, Jyrki, ich hab in der Nacht ein Auto gehört. Wenn ich nur aufgestanden wäre, vielleicht hätte ich wenigstens das Kennzeichen gesehen…«
»Wir haben mit dem Polizeichef vereinbart, dass ich die Kontakte zum Kriminalamt koordiniere . «
»Okay, aber ich will sämtliche Vernehmungsprotokolle sehen, sobald sie vorliegen. Ich muss doch wissen, vor wem ich mich in Acht nehmen soll . «
»Hast du über Krankschreibung nachgedacht? Du könntest mit Iida eine Weile verreisen, zu deinen Eltern nach Nordkarelien zum Beispiel«, sagte Taskinen, doch sein besorgtes Gesicht gefiel mir nicht. Ich spürte, dass seine Sorge nicht mir und meiner Familie galt.
Bevor ich mir eine Antwort zurechtlegen konnte, klingelte das Telefon. Antti berichtete knapp, Einstein habe die Operation überstanden, und sein Zustand sei stabil. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde er mit dem Leben davonkommen, er müsse aber noch mehrere Tage in der Klinik bleiben.
Vor Erleichterung stiegen mir Tränen in die Augen. Antti erklärte, er wolle ein paar Stunden zur Arbeit gehen.
»Morgen steht die Geschichte natürlich in der Zeitung. Sieh bloß zu, dass Iida nicht fotografiert wird«, sagte er böse. Ich fand es ungerecht, dass er seine Wut an mir ausließ, ich fühlte mich ohnehin mies genug. Wie oft hatte ich vergewaltigten oder verprügelten Frauen erklärt, nicht das Opfer sei schuld, sondern der Täter. Und doch fiel es mir nun schwer, die Schuld für den Anschlag nicht auch bei mir selbst zu suchen. Ich erinnerte mich an Salos Vernehmungen. Wir waren hart mit ihm umgesprungen, keiner von uns war der Meinung gewesen, er hätte Freundlichkeit verdient.
Muukkonen und Hakala würden ihn jetzt erneut in die Zange nehmen. Anschläge auf Kollegen nahm jeder Polizist besonders ernst. Der Fall würde mit Sicherheit aufgeklärt werden, aber niemand konnte garantieren, dass die Drohungen und Gewalttaten damit ein Ende hatten.
»Ich möchte keine Krankschreibung. Das Erfolgserlebnis gönne ich Salo nicht. Schauen wir erst mal, was das Kriminalamt herausfindet«, sagte ich ruhig, obwohl die Unsicherheit an mir nagte. Vielleicht sollten sich Antti und Iida für eine Weile eine andere Bleibe suchen. Der Gedanke, mich von meiner Familie zu trennen, war schrecklich, aber eventuell gab es keine andere Möglichkeit.
»Maria, du brauchst nicht besonders zäh zu sein, nur weil du eine Frau bist«, sagte Taskinen ernst. »Überleg es dir noch mal . «
Ich machte keine
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