Wie man sie zum Schweigen bringt
Ordnungspolizei waren gerade beim abschließenden Stretching, als ich hereinkam, aber auch sie verschwanden bald. Ich ging zur Beinpresse, legte die meinem Körpergewicht entsprechende Menge an Gewichten auf und begann mit dem Training. Mitten in der zweiten Serie fiel mir ein, dass ich keine saubere Bluse für das Seminar am nächsten Tag hatte. Am Abend würde ich waschen müssen.
Statt systematisch zu trainieren, nahm ich mir nach den Beinen die Bauchmuskeln vor. Auch der Sandsack lockte, aber ich hatte meine Boxhandschuhe nicht dabei, und im Fitnessraum gab es trotz meiner Beschwerde nur Handschuhe in Männergröße. Also ging ich als Nächstes zum Bankdrücken. Da niemand da war, der mir Hilfestellung leisten konnte, legte ich nur wenig Gewicht auf.
Kaum hatte ich angefangen, als die Tür aufging und Ilkka Laine, der Leiter des kleinen Begeka-Dezernats, hereinkam. Er trug hypermodische Fitnesskleidung, während ich in abgewetzten Leggings und einem löchrigen T-Shirt steckte. Das Einzige, wofür ich nämlich bereitwillig Geld ausgab, waren vernünftige Laufschuhe und ein solider Fahrradhelm.
»Tag, Kallio. Habe ich das Vergnügen, mit dir allein zu sein? «, lächelte Laine scheinbar flirtend und begann mit seinen Dehnungsübungen.
»Die Untergebenen malochen, und die Chefs schwitzen im Fitnessraum«, gab ich leichthin zurück. Laines Körper war makellos, seine Muskeln bewiesen, dass er regelmäßig und vielseitig trainierte. Das enge Hemd brachte den flachen Bauch zur Geltung, die kurzen schwarzen Haare lagen akkurat ausgerichtet wie bei einem Fotomodell.
»Du hast aber wenig aufgelegt, hast du Angst, deine Muskeln würden zu sehr wachsen? Wenn ich nicht wüsste, dass du Polizistin bist, würde ich bei deinem Bizeps glatt auf Doping tippen«, sagte Laine und trat hinter mich. »Bei euch Frauen wird sofort alles schlaff, wenn ihr mit dem Training aufhört. Wie hoch ist dein Fettprozentgehalt? «
»Hab ich nie gemessen . « Ich knallte die Stange auf die Halterung, die Lust am Training war mir vergangen.
»Legen wir ein bisschen mehr auf, ich kann Hilfestellung leisten. Sind achtzig okay? «
Ich hasste ungebetene Ratschläge. Achtzig Kilo, ein paarmal gestemmt, lagen an der Obergrenze meiner Kräfte, aber das wollte ich nicht zugeben. Ich wartete, bis Laine bereitstand, dann stemmte ich die Stange. Beim ersten Mal hob sie sich mühelos.
»Wie man hört, hast du gestern einen Asylanten laufen lassen, der mit dem Messer rumgefuchtelt hat«, sagte Laine unvermittelt, als ich zum zweiten Mal stemmte.
»Wovon sprichst du? «, keuchte ich überrascht und ließ die Stange ein wenig zu schnell sinken.
»Mein Nachbar war an derselben Haltestelle. Die Sache hat ihn natürlich interessiert, weil er weiß, was ich beruflich mache. Er hat erzählt, da wäre eine kleine Tussi in Lederjacke aufgetaucht und hätte behauptet, sie sei Polizistin. Der Beschreibung nach kann es niemand anders gewesen sein als du . «
Aufmerksam beobachtete er meine immer langsamer werdenden Bewegungen, er lächelte belustigt, doch seine Augen waren hart.
»Bist du sicher, dass du korrekt gehandelt hast? Hast du dem Nigger wenigstens das Messer abgenommen? «
Die Stange hob sich nur noch mühsam, würde ich es überhaupt schaffen, sie bis zur Halterung zu stemmen? Arm und Schultermuskeln brannten, sie waren längst voller Milchsäure. Wenn Laine mich jetzt im Stich ließe …
Irgendwoher nahm ich die Kraft, die Stange auf die Halterung zu stemmen. Meine Armmuskeln zitterten bereits.
»Natürlich hab ich dem Jungen das Messer abgenommen«, schnaufte ich und setzte mich auf. »Zwei Skinheads hatten Streit mit ihm angefangen, hat dein Nachbar dir das nicht erzählt? Er selbst hat es übrigens vorgezogen, sich herauszuhalten, als das Kind von zwei erwachsenen Männern bedroht wurde . «
Ich nahm ein Handtuch und trocknete mein schweißnasses Gesicht. Laine machte immer noch keine Anstalten, mit seinem Training zu beginnen, sondern diskutierte weiter: »Du bist doch sicher auch der Meinung, dass Zivilisten sich nicht in Schlägereien einmischen sollten. So etwas kann böse ausgehen . «
»Das kommt auf die Situation an. Der Gedanke, dass ein Kind in Gefahr ist und die Erwachsenen einfach wegschauen, gefällt mir absolut nicht. Was hätte dein Nachbar wohl empfunden, wenn vor seinen Augen jemand erstochen worden wäre und er nicht einmal versucht hätte, es zu verhindern? «
»Na, dafür hast du ja blitzschnell
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