Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie man sie zum Schweigen bringt

Wie man sie zum Schweigen bringt

Titel: Wie man sie zum Schweigen bringt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
Vom Netzwerk:
hier aufgetaucht, die wollte nicht bloß schnüffeln, sondern mir auch noch beibringen, wie man Kartoffeln kocht. Der hab ich aber Bescheid gestoßen! Ich habe schon mit acht Kartoffeln gekocht und das Essen gemacht, wenn meine Mutter Nachtschicht hatte und mein Vater auf Sauffour war. Mein Bruder schwört bis heute auf meine Lasagne. Verdammt nochmal, ich versteh was vom Haushalt, auch wenn ich manchmal Fertigessen kauf .  «
    »Das tue ich auch off genug«, sagte ich und versuchte durch mein Lächeln eine Bindung zwischen uns zu schaffen. Da fuhr ein Auto vor, und Suvi lief ans Küchenfenster.
    »Das ist mein Bruder mit den Kindern. Ihr müsst jetzt gehen! Ich konnte den Kids nicht sagen, dass ihr Vater erschossen worden ist, da hab ich ihnen erzählt, er hätte einen Unfall gehabt. Ist doch okay, sie ein bisschen zu schonen? «, fragte sie besorgt. »Oder werden sie mich hassen, wenn sie die Wahrheit erfahren? «
    »Du brauchst das nicht alles allein zu entscheiden. Es könnte den Kindern gut tun, sich bei der Erziehungsberatung auszusprechen .  «
    »Aber sie sind doch nicht verrückt! Bloß Halbwaisen«, wehrte Suvi ab.
    Da ging die Tür auf, und Kinderstimmen füllten den Flur.
    »Mann, wem gehören die Stollenschuhe? «, rief Tony mit heiserer Stimme.
    »Gut, dass du uns angerufen hast, Suvi. Deine Auskünfte haben uns sehr geholfen. Wenn dir noch irgendetwas einfällt, melde dich wieder«, sagte ich rasch. Wang klappte den Laptop zu und stand auf. Im Flur herrschte eine Weile ziemliches Gedränge, denn Suvis Bruder war ungefähr dreimal so dick wie sie.
    »Spielen Frauen etwa Fußball? «, fragte Tony ungläubig.
    »Ja«, sagte ich und strich ihm über den Kopf.
    »Vati und ich spielen immer, aber ohne Mädchen«, erklärte er bestimmt und lief zu seiner Mutter. Suvi umarmte alle drei Kinder gleichzeitig und versuchte ihr Schluchzen hinter einer Frage zu verbergen:
    »War's schön im Kino? «
    Wir zogen uns unauffällig zurück. Auf der Rückfahrt fragte Wang vorsichtig: »Sollten wir die Drogentheorie nicht doch in Betracht ziehen? «
    »Es gibt keine Hinweise darauf, dass Ilveskivi Drogen genommen oder vermittelt hätte«, antwortete ich kühl, obwohl ich wusste, dass wir Erkundigungen einziehen mussten. »Versuchen wir es erst noch weiter mit Jarkola. Ich schicke eine Streife zu seiner Wohnung, vielleicht ist er inzwischen nach Hause gekommen. Schaffst du es, ihn heute Abend noch zu vernehmen? «
    »Klar, nur umziehen will ich mich vorher .  «
    Doch Jarkola war nicht aufzutreiben, also konnten wir Feierabend machen. Nachdem Iida eingeschlafen war, entschloss ich mich, als Ersatz für das ausgefallene Fußballtraining eine Runde zu joggen. Es war kurz vor zehn, doch auf die Baumwipfel fielen noch Sonnenstrahlen, die die knospenden Blätter und das selbstbewusste Grün der Linden hervorhoben. Einige Hundebekanntschaften mit ihren Besitzern kamen mir entgegen, an die Tiere erinnerte ich mich oft besser als an die Menschen. An der Baustelle, wo immer noch ein Bagger die Erde aufwühlte, roch es nach frischem Beton. Meine Pobacken waren vom langen Sitzen verspannt, ich nahm mir vor, zu Hause ausgiebige Dehnungsübungen zu machen. Da merkte ich plötzlich, dass ein Pkw hinter mir herzockelte. Ich wich auf die Böschung aus, damit der Wagen mich auf der schmalen Straße leichter überholen konnte. Doch der Fahrer machte keine Anstalten vorbeizuziehen.
    Ich hatte keine kugelsichere Weste, keinen Helm, nicht einmal ein Handy. Der Hausschlüssel in der Tasche meiner Sportjacke war das einzige Instrument, mit dem ich mich zur Wehr setzen konnte, aber gegen eine Schusswaffe würde ich damit nichts ausrichten können. Sämtliche Hundebesitzer schienen verschwunden zu sein, im Wald war es plötzlich ganz still. Sollte ich mich ins Gebüsch retten?
    Ich zwang mich, nicht nach hinten zu schauen. Dann war der Wagen neben mir, und ein Mann fragte in gebrochenem Finnisch: »Du wissen, wo Tikkaskallio zehn? So viel neue Straßen, dass ich nicht finde .  «
    Ein braunes Gesicht schaute zum Seitenfenster des gelb-roten Pizzataxis heraus. Ich beschrieb den Weg, blieb jedoch auf der Hut. Ich würde mir angewöhnen müssen, das Handy beim Joggen mitzunehmen, so unangenehm mir die Vorstellung war. Doch die kleine Unbequemlichkeit war immer noch besser als Pistole, kugelsichere Weste oder hilflose Furcht.
    In der Nacht nahm die Helsinkier Drogenfahndung eine Razzia in einem Lokal vor, in dem mit Ecstasy gedealt wurde.

Weitere Kostenlose Bücher