Wie man sie zum Schweigen bringt
nur, sie verstehe seine Witze nicht immer. Ich verkniff mir die Bemerkung, da sei sie nicht die Einzige. Auf dem Rückweg in mein Zimmer überlegte ich, ob Reijo Rahnasto vielleicht doch von dem Verhältnis zwischen Kajanus und Ilveskivi erfahren hatte. Allerdings schien mir Rahnasto eher der Typ zu sein, der Ilveskivi höchstpersönlich verprügelt hätte, statt einen anderen vorzuschicken. Und wenn er doch der unbekannte Auftraggeber gewesen wäre, hätte er es nicht nötig gehabt, Seppälä umzubringen. Ein bekannter Kommunalpolitiker und erfolgreicher Unternehmer brauchte die Anschuldigungen eines windigen Gewohnheitsverbrechers nicht zu fürchten - niemand hätte Seppälä geglaubt.
Ich überprüfte noch einmal die Ergebnisse der Drogentests, die an Petri Ilveskivi durchgeführt worden waren. Sämtliche Resultate waren negativ, man hatte nicht einmal Koffein nachgewiesen. Wurde im »Café Escale«, wo Ilveskivi häufig zum Karaoke gewesen war, mit Rauschgift gehandelt? Ich erinnerte mich an meinen Jahre zurückliegenden Besuch im »Club Bizarre«, einem Treffpunkt diverser sexueller Minderheiten. Einige der Gäste dort waren ganz offensichtlich nicht nur von Alkohol und Sex berauscht gewesen, doch da ich damals nicht als Polizistin, sondern als Juristin tätig war, hatte ich nicht eingegriffen. Kurz entschlossen rief ich Liisa Rasilainen an, die Stammgast im »Café Escale« war. Sie saß mit ihrem Partner Jukka Airaksinen im Streifenwagen und wollte in seiner Anwesenheit offenbar nicht über private Dinge reden, sondern sagte nur kurz, von Drogengeschäften habe sie nie etwas bemerkt. Allerdings mochte es sein, dass die anderen Gäste sich in ihrer Anwesenheit zurückhielten, weil sie wussten, was sie beruflich machte.
Kim Kajanus war Fotograf, er hatte selbst gesagt, in seinem Beruf komme er mit allen möglichen Typen in Berührung.
Auch mit Dealern? Hatte Kim seine sexuellen Eskapaden mit Speed oder Ecstasy aufgepeppt?
Sosehr ich mich bemühte, ich konnte mir Petri Ilveskivi einfach nicht als Dealer vorstellen. Vielleicht hatte er gelegentlich Hasch geraucht, allerdings sicher nicht regelmäßig, denn Cannabis war noch nach Wochen im Organismus nachzuweisen.
Hatte Marko Seppälä womöglich den Falschen erwischt? Sollte der Anschlag einem anderen gelten? Das klang weit hergeholt. Frustriert schob ich einen Papierstapel zur Seite, mit dem Ergebnis, dass die obersten Blätter auf den Boden fielen. Es handelte sich um ein gemeinsames Memorandum des Zentralverbands der Polizeigewerkschaften und des Innenministeriums zum Thema Leistungsgehalt. Ich kroch unter dem Schreibtisch herum und sammelte die Papiere auf, als das Telefon klingelte.
»Eila Honkavuori hier, guten Tag. Ich habe in der Zeitung gelesen, dass ihr Petris Mörder gefunden habt. Gratuliere. Warum hat er es getan? «
»Das wissen wir noch nicht . « Ich zögerte, dann fragte ich geradeheraus: »Hattest du je den Verdacht, dass Petri Drogen konsumiert oder vermittelt hat? «
»Petri? Auf gar keinen Fall! Warum versucht ihr immer noch, ihn als den Schuldigen hinzustellen? «
»Darum geht es wirklich nicht. Ich suche nach einem Motiv. Hat er jemals einen Mann namens Marko Seppälä erwähnt? «
»Nein. Aber ich wollte dich auch nach einem Mann fragen. Tommi und ich sind vor ein paar Tagen Petris Unterlagen durchgegangen. Dabei haben wir ein Foto von einem bildschönen jungen Mann gefunden, der uns beiden unbekannt war. Ich hatte allerdings das Gefühl, ihn schon einmal gesehen zu haben. Erst heute bin ich darauf gekommen, wann und wo, nämlich am Abend vor dem Ersten Mai in Tapiola, zusammen mit dir. Wer ist das? «
»Kim Kajanus, ein Fotograf, den ich flüchtig kenne«, sagte ich rasch.
»Tommi war sehr verwundert. Petri hatte nicht die Angewohnheit, Fotos von schönen jungen Männern zu sammeln. Weißt du, ob dieser Kajanus Petri gekannt hat? «
»Keine Ahnung«, log ich. »Gab es an dem Abend, als Petri ermordet wurde, irgendetwas Außergewöhnliches in der Sitzung des Stadtplanungsausschusses? «
»Es war eine ausgesprochen langweilige Sitzung. In letzter Zeit haben wir immer wieder mit unseren alten Beschlüssen jonglieren müssen, weil die Stadtverwaltung einen nach dem anderen kassiert. Zum Beispiel bei dem Teilbebauungsplan für das Zentrum und bei dem riesigen Supermarktprojekt. Der Ausschuss kann so kritisch sein, wie er will, aber der Vorsitzende handelt ziemlich eigenmächtig. Rahnasto und die Vorsitzende der
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