Wie man sie zum Schweigen bringt
Dabei wurde auch Hannu Jarkola festgenommen, nach dem wir seit längerem gesucht hatten. Die Helsinkier Kollegen versprachen, ihn uns zur Vernehmung zu schicken, sobald sie selbst mit ihm fertig waren. Der Rest des Donnerstags verging mit einer Reihe von Besprechungen. Am Nachmittag traf die Meldung ein, etwa einen Kilometer von der Mülldeponie seien im Wald blutgetränkte Stoff und Lederfetzen gefunden worden. Die Pistolenkugel wurde gefunden, als ich gerade nach Hause gehen wollte; es hatte sich also doch gelohnt, den Metalldetektor einzusetzen. Obwohl das Motiv noch im Dunkeln lag, verfasste ich mit der Pressereferentin eine kurze Mitteilung, der Mord an Petri Ilveskivi stehe kurz vor der Aufklärung. Eine große Pressekonferenz wollte ich noch nicht anberaumen, sosehr Taskinen und der Vizepolizeichef Kaartamo darauf drängten. Ich war mit den Ergebnissen nicht ganz so zufrieden wie sie.
Nach der Morgenbesprechung am Freitag nahm ich mit Koivu und Wang die Stelle in Augenschein, wo Marko Seppälä offensichtlich verblutet war. Es gab nichts Besonderes zu sehen. Wucherndes Weidengestrüpp, schwarz-weiße Birkenstämme, verblühte Buschwindröschen und frühlingstrunkene Kohlmeisen. Was hatte Seppäläs Mörder getan, während sein Opfer verblutete? Eine Zigarette geraucht? Die SIM-Karte des geliehenen Handys zerstört? Oder war er weggefahren und erst später in der Nacht auf den Gedanken gekommen, die Leiche auf der Mülldeponie zu verstecken?
Eine Frau, die an der zur Deponie führenden Straße wohnte, erinnerte sich, am Abend des 22. April kurz vor zehn Uhr ein Motorrad gesehen zu haben. Sie wusste das Datum so genau, weil ihre Tochter am nächsten Tag Geburtstag hatte und sie noch einen Kuchen im Ofen hatte. Deshalb hatte sie ihren Hund nur kurz nach draußen geführt. Der Motorradfahrer war viel zu schnell über die schmale Straße gerast, und die Frau war mit ihrem Hund in letzter Minute beiseite gesprungen. Ein Kriegsveteran, der zwei Häuser weiter wohnte, hatte sich über einen Kleintransporter gewundert, der in einer Nacht vor dem Ersten Mai in Richtung Deponie und wieder zurück gefahren war. An das genaue Datum erinnerte er sich nicht, hatte aber gesehen, dass der Wagen dunkelblau war und eine fremdsprachige Aufschrift trug. Russisch sei es nicht gewesen, hatte er betont.
Zwei Waldwege, zwei Tote. Und ganz offensichtlich zwei Mörder.
»Wie lange mag Seppälä wohl bei Bewusstsein gewesen sein? Hat er begriffen, dass er sterben muss? «, dachte ich laut. »War ihm denn nicht klar, dass er es mit einem knallharten Typen zu tun hatte? Na kommt, fahren wir zurück, ich muss zum Arzt . «
Als ich gegen elf das Dezernat verließ, um zur Gynäkologin zu fahren, kam mir Puustjärvi entgegen und berichtete, Jarkola werde gerade aus Helsinki zur Vernehmung gebracht.
Meine Ärztin hielt neuerdings auch in Tapiola Sprechstunde. Ich hätte also den Bus nehmen können, doch da ich nicht wusste, ob ich für den Rückweg eine passende Verbindung finden würde, fuhr ich mit dem Wagen. Im Prinzip war ich zwar für die Verringerung des Straßenverkehrs, aber ich selbst fuhr unverschämt oft Auto. Ein Eichhörnchen, dessen Fell schon fast ganz braun war, überquerte mit Todesverachtung die Straße. Zum Glück war auch der entgegenkommende Fahrer besonnen genug, zu bremsen.
Für eine Frau, die bereits ein Kind geboren hatte, hätte die vaginale Untersuchung Routine sein müssen, doch mir war sie jedes Mal zuwider. Da half es auch nichts, dass ich die Ärztin sympathisch fand und wusste, wie wichtig die Untersuchung war. Mein Blutdruck war leicht erhöht, aber nicht so hoch, dass ich die Pille nicht mehr hätte nehmen können.
»Soll Iida ein Einzelkind bleiben? Wenn ihr keine Kinder mehr wollt, würde ich zur Sterilisation raten . «
»Mir oder Antti? «, fragte ich, wohl wissend, dass der Eingriff bei Männern weitaus unkomplizierter war.
»Die Entscheidung liegt bei euch . «
Die Lösung erschien mir zu endgültig, um überhaupt darüber nachzudenken, also ließ ich mir ein Rezept für ein Jahr ausschreiben. In einer Cafeteria kaufte ich eine Flasche Cola light und ein Stück Baguette mit Mozzarella und Tomate und speiste wieder einmal beim Autofahren. Ich musste unbedingt daran denken, in den nächsten Tagen mit meinem Rezept zur Apotheke zu gehen, denn der Inhalt der letzten Pillenpackung reichte nur noch für zweieinhalb Wochen.
Puupponen hatte mir einen Zettel an die Tür gehängt, ich solle mich
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