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Wie man sie zum Schweigen bringt

Wie man sie zum Schweigen bringt

Titel: Wie man sie zum Schweigen bringt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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erledigt hatte. Wir wollten mit der ganzen Familie ins Eurodisneyland fahren. Unsere Kinder sind noch nie weiter gekommen als nach Tallinn. Da sind wir hin, als Marko letztes Mal aus dem Knast kam. Wir sind mit dem Aufzug in den obersten Stock vom Hotel Viru gefahren und haben uns die Gegend angeguckt. Marko hat gesagt, eines Tages hätte er Geld genug, um mir alles kaufen zu können, und den Kindern auch .  «
    Suvi schlang die Arme um sich und schluckte. Obwohl sie verfroren wirkte, schloss sie das Fenster nicht.
    »Marko wollte doch nur für uns sorgen. Aber nach der Jugendstrafe hat er keine Arbeit gefunden. Bei der Gefangenenfürsorge haben sie ihm gesagt, er müsste den Schulabschluss nachholen. Aber wovon hätten wir denn dann leben sollen? Wir hatten schon ein Kind, und das zweite war unterwegs. Also hat er schwarz auf dem Bau gearbeitet, und als er erwischt wurde, hat das Arbeitsamt ihm die Unterstützung gesperrt. Da musste ich dann zum Sozialamt. Und jetzt geht das Ganze von vorn los .  « Sie zündete sich die nächste Zigarette an. Wang schrieb sorgfältig mit, und ich versuchte, Suvi wieder auf das eigentliche Thema zu lenken.
    »Versuch bitte, dich zu erinnern, jede Einzelheit kann wichtig sein. Wie sah das Handy aus? Wann hat Marko es bekommen? Hat er dir die Nummer gegeben? «
    Das neue Videogerät und die Kinderräder auf dem Hof ließen darauf schließen, dass Marko mindestens einige Tausender als Anzahlung bekommen hatte. Die Seriennummer des Geldscheins, den Suvi abgeliefert hatte, war nirgends registriert, also hatte Markos Auftraggeber das Geld offenbar legal verdient.
    »Es war ein ganz normales Handy, ein Nokia mit grauem Gehäuse. Ohne Spiele und so was. Marko hatte es in der Tasche seiner Motorradjacke, damit die Kinder es nicht sahen, die brauchten davon nichts zu wissen. Er hat es ein paar Tage vorher gekriegt, am Sonntag, glaube ich .  «
    Ein Schwärm Finken flog am Fenster vorbei und bildete ein schwarzes Kreuz am Himmel, das sich nach seinen eigenen Regeln vergrößerte und verkleinerte. Ein Windstoß riss das glühende Ende der Zigarette mit sich, die Asche stob Suvi ins Gesicht, doch sie schien es nicht zu bemerken.
    »Ich hab mir angewöhnt, keine Fragen zu stellen, damit ihr mir nichts anhängen könnt. Als Marko zum ersten Mal verurteilt wurde, wegen ein paar Körperverletzungen und Hehlerei, wollte die Schmiere mich auch drankriegen. Wir haben damals in einer kleinen Zweizimmerwohnung in Suvela gewohnt, und Marko hatte geklaute CD-Player und Autoradios unter unserem Bett versteckt. Er hatte mir nichts weiter gesagt, als dass er die Sachen von einem Händler zum anderen vermittelt. Richtige Arbeit hat er ja nie gekriegt. Aber das eine hat er mir versprochen: Er würde nie beim Rauschgifthandel mitmischen, obwohl man da das große Geld machen kann. Jetzt könnt ich mich schwarz ärgern, weil ich ihn nicht weiter nach dem Boss gefragt hab. Wenn ich wüsste, wer es ist, würde ich ihm ins Gesicht spucken. Erst macht er den Vater meiner Kinder zum Mörder, und dann bringt er ihn um. Verscharrt ihn auf einer Müllkippe wie den letzten Dreck! «
    Sie schniefte und zog das Flanellhemd enger um sich. »Ich will einen feinen Sarg für ihn, kein Prolomodell, und ein Grab in Hietaniemi, am Meer. Da haben wir früher oft gesessen. Wir sind einfach über die Mauer geklettert, vor zehn Jahren war das überhaupt kein Problem, nicht wie heute, wo irgendwelche Bekloppten die Grabsteine umkippen. Jedenfalls will ich ihn da begraben, nicht auf dem popligen Waldfriedhof. Ich darf ihm doch bestimmt seine Lieblingsklamotten anziehen, seine besten Levis und das Hemd, wo ›Born to be Wild‹ draufsteht? «
    »Natürlich«, sagte ich, dachte aber zugleich an die zum Teil verweste Leiche. Hoffentlich konnten die Mitarbeiter des Bestattungsunternehmens Suvi überreden, das Anziehen ihnen zu überlassen.
    »Es dauert noch eine Weile, bis Markos Leiche freigegeben wird, der Gerichtsmediziner und die Techniker versuchen, die Todeszeit und das Kaliber der Tatwaffe festzustellen. Hatte Marko eine Waffe? « Suvi schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß es nicht. Ich hab ihm verboten, Schießeisen mit nach Hause zu bringen, seit Tony mal eins gefunden hat. Er dachte natürlich, es wäre eine Spielzeugpistole. Ich komm aus der Waschküche, und der Knirps fuchtelt hier mit 'ner Knarre rum! Hatte es sogar geschafft, sie zu entsichern. Zum Glück war sie nicht geladen. Rate mal, ob ich Marko danach zur Schnecke

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