Wie redest du mit mir
leicht, rechtzeitig und in angemessener Form in das Gespräch einzugreifen.
Die beliebteste Technik solcher »Kommunikationsregelmissbraucher« besteht darin, die Regeln isoliert anzuwenden, das heißt jeweils nur eine oder zwei Regeln aufzugreifen und die anderen einfach wegzulassen. Auf diese Weise wird häufig das genaue Gegenteil von dem erreicht, was die vollständige Anwendung der Regeln bewirken soll.
In den folgenden Beispielen wollen wir die Gefahren der isolierten Regelanwendung verdeutlichen.
Am einfachsten ist wahrscheinlich noch der Missbrauch des »Ich-Gebrauchs« einzusehen. »Ich finde, du bist unmöglich« ist eine genauso unmögliche Formulierung wie »Du bist unmöglich«. Der Ich-Gebrauch, ohne Äußerung eigener echter Gefühle und losgelöst von den Konkretheitsregeln, wirkt genauso als Vorwurf wie reine Du-Sätze.
Aber auch die Koppelung von »Ich-Gebrauch« und dem »Äußern von Gefühlen« kann noch einen deutlichen Angriff darstellen. »Ich bin stocksauer und total enttäuscht von dir.« Das Äußern von Gefühlen jeglicher Art ist für eine partnerschaftliche Beziehung unbedingt notwendig. Doch muss es, vor allem wenn es sich um negative oder unangenehme Gefühle handelt, mit den Konkretheitsregeln und den Zuhörerregeln verbunden werden, damit der Angesprochene merkt, dass sich diese Gefühle nicht auf seine ganze Person, sondern auf ganz konkrete Situationen und Verhaltensweisen beziehen. Außerdem kann er einem guten Zuhörer gegenüber seine Sichtweisen und Empfindungen darlegen.
Eine beliebte Möglichkeit des Regelmissbrauchs ist die übertriebene Anwendung der Konkretheitsregeln unter Aussparung persönlicher Sichtweisen. Dieser bei uns unterdem Stichwort »Faktendreschen« bekannte und berüchtigte Kommunikationsstil, der übrigens häufiger von Männern als von Frauen gepflegt wird, führt zu langatmigen, langweiligen Gesprächen ohne Tiefgang. »Also, vor zwei Tagen, genau um 15.00, nein 15.05 war es, weil gerade die Nachrichten zu Ende waren, da stand die Tür zur Küche offen, also so halb offen …« Diese detaillierte Situationsbeschreibung kann noch viele Minuten lang so weitergehen. Wenn der Trainer hier nicht eingreift, drückt sich der Sprecher um das Wesentliche, nämlich um seine Gefühle und Wünsche, herum, während der Zuhörer langsam immer wütender oder immer schläfriger wird.
Genauso wie die Sprecherregeln lassen sich auch die Zuhörerregeln durch einseitiges Anwenden als Angriffswaffe gegenüber dem Gesprächspartner missbrauchen.
Beispiel »Aufnehmendes Zuhören«: Starrer Blickkontakt, losgelöst von den anderen Regeln, kann auf den Sprecher alles andere als ermutigend wirken. Eher wird er sich wie das durch den Schlangenblick hypnotisierte Kaninchen vorkommen. Stures Nicken, eintöniges »Mhm« signalisieren dem Sprecher eher Überdruss und Langeweile als Aufmerksamkeit auf Seiten der Zuhörer.
Selbst die so unglaublich wichtige Regel des »Zusammenfassens in eigenen Worten« kann ein offenes Gespräch zerstören, wenn sie zu einseitig angewendet wird. »Du sagst mir gerade, dass du dich gestern Abend allein gelassen gefühlt hast und sehr traurig warst.« Auf diese oder ähnliche Zusammenfassungen müssen weitere Regeln folgen. Entweder »Offenes Nachfragen« (»Hattest du fest damit gerechnet, dass ich komme?«) damit der Sprecher sich noch mehr öffnen kann, »Positives Rückmelden« (»Ich bin froh, dass du das gleich so deutlich ansprechen kannst«), damit der Sprecher das Gefühl bekommt, mit seiner Selbstöffnungauf dem richtigen Weg zu sein, oder Rückmeldung eigener Gefühle« (»Das wundert mich jetzt schon …«) eventuell mit einem Wechsel von der Zuhörer- in die Sprecherrolle (»… weil ich doch dachte, dass du gar keine Zeit hättest, mich zu sehen, und ich auch darüber traurig war«), damit deutlich wird, dass das Gesagte den Zuhörer nicht »kalt« lässt. Bleibt der Zuhörer dagegen dabei, ausschließlich zusammenzufassen, bekommt der Sprecher das Gefühl, es mit einem unbeteiligten gefühllosen Sprechautomaten zu tun zu haben, der ihm eiskalt einen Spiegel vorhält und als menschliches Gegenüber nicht fühlbar wird.
Talentierten »Kommunikationsregelmissbrauchern« bietet das »Zusammenfassen in eigenen Worten« noch eine weitere sehr wirksame Möglichkeit des Missbrauchs. Mit etwas Übung kann der Zuhörer die Selbstöffnungen eines Sprechers so pointiert und mit kleinen bösartigen Interpretationen versehen
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