Wie redest du mit mir
zusammenfassen, dass dieser sich völlig missverstanden oder sogar heimtückisch angegriffen fühlt. Gegen diesen Trick hilft nur, dass wir Trainer auf möglichst wörtliches Wiederholen des gerade Gesagten bestehen.
Das »Offene Nachfragen« birgt ebenfalls eine Anzahl von Kommunikationsfehlern in sich. Dass die Frage wirklich offen – im Sinne von offen und ehrlich – gestellt werden muss, wurde bereits ausgeführt. Die sogenannten Suggestivfragen sind für geübte Trainer auch leicht zu erkennen.
Eine weitere Gefahr besteht jedoch nicht in der Qualität, sondern in der Quantität der Fragen. Viele Gesprächspartner haben noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen, wenn sie ihr Gegenüber mit einem Fragenschwall bombardieren. Schließlich wenden sie ja nur eine Zuhörerregel an.
Doch genau darin liegt der Fehler: Sie wenden eben nur eine von fünf wichtigen Regeln an. Damit »nageln« sie den Sprecher in der Sprecherrolle geradezu fest. Dieser/diesewird dadurch gezwungen, sich immer mehr zu öffnen, während der Zuhörer sich hinter den Fragen verschanzen kann.
An dem Beispiel wird vielleicht besonders deutlich, dass die Trainer nicht nur auf die Einhaltung der einzelnen Regeln achten müssen, sondern auch darauf, dass Sprecher und Zuhörer möglichst abwechselnd von allen Regeln Gebrauch machen, und Sprecher- und Zuhörerrolle im gesamten Gespräch einigermaßen ausgewogen verteilt sind.
Diese Ausgewogenheit wird zum Beispiel auch gefährdet, wenn der Zuhörer zu häufig von der »Rückmeldung der eigenen Gefühle« Gebrauch macht. Der Sprecher kann sich dadurch leicht gezwungen fühlen, das Wort abzugeben. Als Kommunikationstrainer müssen wir häufig klarstellen, dass diese Zuhörerregel keineswegs zwangsläufig mit einem Wechsel der Sprecher-Zuhörer-Rollen einhergehen muss. Der Sprecher soll, wenn er offen und ehrlich seinwill, auch heftige Gefühle in dem Zuhörer auslösen dürfen, ohne dass er darauf sofort das Wort abgeben muss.
Schließlich bleibt nur noch die Überlegung, ob es auch einen Missbrauch der Regel der »Positiven Rückmeldung« gibt. Leider ist das gegenseitige Loben bei Paaren üblicherweise sehr selten, doch können wir in unseren Kursen immer wieder ganz spezielle Paare beobachten, die zu häufiges Loben als Abwehrstrategie verwenden, um bloß keine Konflikte austragen zu müssen. Wir sprechen dann von »Idealisierenden Paaren«. Beim idealisierenden Paar denken beide Partner, dass jegliche Form von negativen Gefühlen aus ihrer Partnerschaft herausgehalten werden muss. Deshalb lobhudeln sie ihren Partner auch in Situationen, in denen ihnen eigentlich mehr nach Schimpfen zumute wäre. Dem Partner wird so viel »Honig um’s Maul geschmiert«, bis jeder Konfliktstoff darin kleben bleibt.
3. Das EPL Ehevorbereitung – Ein Partnerschaftliches Lernprogramm
So wie alle Kommunikationsfehler, die wir im Laufe unseres Lebens lernen, sind auch Kommunikationsfertigkeiten, die den oben vorgestellten Regeln entsprechen, lernbar. Aber wie? Damit dieses günstigere Gesprächsverhalten nicht nur einsichtig bleibt, sondern auch dauerhaft übernommen werden kann, bedarf es eines intensiven Lernprogramms. Zu diesem Zweck wurde an unserem Institut 1 ein entsprechendes Programm, das EPL, mit umfassender wissenschaftlicher Begleitung entwickelt.
3.1. Inhalte und Durchführung
Das EPL zielt ganz konkret auf die Verbesserung von Kommunikations- und Problemlösungsfertigkeiten. Anhand von typischen Kommunikationsfehlern werden den Paaren Verhaltensweisen, wie wir sie in den Kapiteln 1.1 und 2.2 beschrieben haben, die ihre Beziehung belasten würden, bewusstgemacht. Daraus werden beziehungsfördernde Gesprächsmuster (s. Kapitel 2. 2. 1) abgeleitet und intensiv eingeübt. Die Teilnehmer lernen im Zweiergespräch mit ihrem eigenen Partner Gefühle, positive wie negative, und Wünsche konkret und in angemessener Form zu äußern und Probleme und Meinungsverschiedenheiten in fairer Weise anzugehen und – wenn möglich – zu lösen.
Der Kurs ist in sechs Einheiten gegliedert, die systematisch aufeinander aufgebaut sind, sodass die Paare Schritt für Schritt zum Kursziel geführt werden. So steht in den ersten drei Sitzungen das Vermitteln und Einüben der grundlegenden Kommunikations- und Problemlösefertigkeiten im Mittelpunkt. Speziell in den ersten beiden Sitzungen werden die in Kapitel 2. 3. 1 behandelten Sprecher- und Zuhörerfertigkeiten gelernt und trainiert.
Die dritte
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