Wie redest du mit mir
abzählen müssen, lassen sich doch die wesentlichen Kommunikationsregeln auf eine überschaubare Zahl begrenzen.
Warum nur so wenige? Ganz einfach deshalb, weil viele Gesprächsfehler die Gemeinsamkeit aufweisen, dass ihnen ganz bestimmte, für ein partnerschaftliches Gespräch entscheidende Merkmale fehlen.
Denken Sie dabei z. B. an die Verschleierungs- und die Weghör-»Regeln« in Kapitel 2. 2. 1. und 2. 2. 2., die zwar verschiedene Ausprägungen haben können, doch auch einige wenige Gemeinsamkeiten aufweisen, denn: Was wird hier ausnahmslos unterlassen?
Es wird in jedem Falle unterlassen, die eigene Person dem Gegenüber offen spürbar werden zu lassen. Wenn wir uns nochmals die bereits beschriebenen Fehler vergegenwärtigen und dabei versuchen, schlicht und einfach diese Ausweich- und Angriffsstrategien wegzulassen und stattdessen die eigene Person ins Gespräch bringen, was wäre dann zwangsläufig der Fall?
Mein Gesprächspartner würde mich als eigene Person wahrnehmen können, die offen und direkt kundtut, was sie gerade fühlt, denkt, wünscht oder überlegt. Er/sie könnte sich, ohne selbst in Bedrängnis zu geraten, viel leichter auf meine Mitteilungen einlassen und einfühlen, würde neugieriger, mehr zu erfahren und gleichzeitig angeregt, selbst offener zu kommunizieren (Psychologen nennen das den dyadischen Effekt). Im Einzelnen bedeutet das, dass ich auch wirklich von mir spreche, wenn ich mich meine, dass ich meine Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse offen mitteile(wenn nicht in der Partnerschaft, wo denn dann?), dass ich konkret, das heißt nachvollziehbar, beschreibe, was mir wichtig ist.
Es bedeutet, dass ich umgekehrt in der Zuhörerrolle Aufmerksamkeit signalisiere, dass ich zeige, was ich aufgenommenen habe und darüber Rückmeldung gebe, dass ich meinem Wunsch, Noch-nicht-Verstandenes zu klären, und meiner Neugier, mehr zu erfahren, durch offene Fragen Ausdruck verleihe. Auf diese Weise werden die Gesprächspartner füreinander einfühlbar und vertiefen so ihre Beziehung.
Diese Grundregeln der partnerschaftlichen Kommunikation sind keineswegs neu und niemandem gänzlich unbekannt. Sie werden seit Jahrzehnten in Veröffentlichungen unterschiedlicher psychologischer Schulrichtungen empfohlen.
Es ist erstaunlich, dass auch kleinere Kinder um diese Regeln zu wissen scheinen, bis ihnen dann allerdings unter dem Einfluss so mancher »Erziehungsmaßnahmen« diese offene und direkte Ausdrucksweise leider nur allzu häufig abhandenkommt und zunehmend durch indirekte Kommunikation ersetzt wird.
So leicht diese Regeln auch einzusehen sind, so schwer sind sie im Gespräch lebendig umzusetzen. Das ist auch kein Wunder, sind wir doch viel mehr Zeit in unserem Leben damit beschäftigt, indirekte Formen der Kommunikation zu lernen, statt eine direkte Art und Weise der Verständigung zu pflegen. Das ist auch der Grund, weshalb die bloße Lektüre zu diesem Thema kein Erfolgsgarant dafür ist, dass die vermittelten Gesprächsregeln auch praktisch umgesetzt werden können. Nur konsequentes Üben mit dem/der eigenen PartnerIn, wie es in den EP L-Kursen großgeschrieben wird, kann hierzu den Grundstein legen.
Auf den folgenden Seiten finden Sie zwei Übersichtsblätter mit jeweils fünf Gesprächsfertigkeiten, getrennt nach Sprecher- und Zuhörerrolle (Ich kann nur eine Rolle zur gleichen Zeit in einem Gespräch wahrnehmen).
Wie diese zehn Aspekte einer guten Paarkommunikation in Paargespräche übernommen werden können und welche positiven Auswirkungen sie haben, schildern wir Ihnen an einigen Beispielen in den Kapiteln 4. 2. 1. – 4. 2. 3.
Fertigkeiten der Sprecherrolle
1. Sich öffnen
Öffnen Sie sich und beschreiben Sie, was in Ihnen vorgeht. Wenn Sie Ihre Gefühle und Bedürfnisse direkt äußern, lassen sich Anklagen und Vorwürfe vermeiden und Sie können sich viel leichter verständlich machen. Auch kann dadurch »negatives Gedankenlesen« vermieden werden. Hierunter versteht man Äußerungen, die die Reaktionen des Partners vorwegnehmen, z. B. »Auf andere Art kann man ja nicht mit dir reden« oder »Ich würde was unternehmen, aber du machst ja doch nicht mit«. Der Sprecher sichert sich schon im Voraus gegen eine mögliche Reaktion ab und riskiert damit eine selbsterfüllende Prophezeiung.
2. Ich-Gebrauch
Sprechen Sie von Ihren eigenen Gedanken und Gefühlen. Kennzeichen dafür ist der Ich-Gebrauch. Alle Aussagen werden dadurch persönlicher.
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