Wie redest du mit mir
in ihrem Buch »Du kannst mich einfach nicht verstehen« an einer Stelle:
»Selbst mit der besten Absicht wird der Versuch, das Problem durch ein Gespräch zu lösen, alles nur noch schlimmer machen, wenn die eigentliche Ursache der Schwierigkeiten ein unterschiedliches Gesprächsverhalten ist« (S. 82). Das heißt also, dass das Gesprächsverhalten an sich reflektiert werden muss. Doch reicht es dabei, klassifizieren zu können, was typisch männlich und typisch weiblich ist?
Als eines von vielen Beispielen unterschiedlichen Gesprächsverhaltens wird häufig genannt, dass Frauen, denen ein Problem erzählt wird, dazu neigen, den Sprecher zu bedauern, Verständnis für dessen Gefühle zu zeigen und Situationen, in denen es ihnen ähnlich erging, als Beispiele heranzuziehen.
(»Das kann ich sehr gut verstehen, dass es dir damit schlecht geht. Ich hab gestern nämlich ganz Ähnliches erlebt, als mir Tante Frieda plötzlich vorwarf, dass …«)
Männer, denen ein Problem erzählt wird, neigen dazu, sofort Lösungen anzubieten.
(»Du regst dich völlig umsonst auf, Tante Frieda meint’s bestimmt nicht so. Da musst du einfach drüber weghören.«)
Beide Gesprächsbeispiele können, obwohl sie gut gemeint sind, trotzdem schmerzliche Missverständnisse auslösen. So könnte ein Mann als Sprecher bei der oben genannten »typisch weiblichen« Reaktionsweise den Eindruck gewinnen, seiner Zuhörerin gehe es mehr um sich selbst und ihre eigenen Probleme als darum, ihn zu verstehen.
Umgekehrt könnte eine Frau als Sprecherin bei der »typisch männlichen« Antwort zu dem Schluss kommen, ihr Zuhörer nähme sie mit ihren Gefühlen nicht ernst und wolle nur zeigen, dass er es besser weiß. Beide würden sich in unserem Beispiel nicht verstanden fühlen und wären zumindest enttäuscht, was dazu führen kann, dass sie sich mit der Zeit immer seltener Probleme mitteilen.
Unserer Erfahrung nach lassen sich auch solche Missverständnisse »typisch weiblicher« oder »typisch männlicher« Kommunikation am besten durch die Einhaltung der Gesprächsregeln vermeiden. In unserem Beispiel würden etwa die Zuhörerregeln »Zusammenfassen« und »Offenes Nachfragen« sowohl ein zu schnelles Umschwenken auf eigene Problemthemen als auch vorschnelle Lösungsvorschläge verhindern und ein besseres Eingehen auf das Gegenüber ermöglichen.
Missverständnisse zwischen Mann und Frau lassen sich besser und vor allem noch konkreter auf der Ebene der Gesprächsregeln erklären. Auch wird dadurch der Gefahr begegnet, Probleme in der Kommunikation ausschließlich am Anderssein der Geschlechter festzumachen. Solch eine Festschreibung könnte leicht dazu führen, Chancen für eine bessere Verständigung gar nicht mehr wahrzunehmen und resignierend die Ursachen für alle Schwierigkeiten beim anderen Geschlecht zu suchen.
Zudem sind alle als eher männlich oder eher weiblich beschriebenen Eigenarten in der partnerschaftlichen Kommunikation durchaus auch beim jeweils anderen Geschlecht zu finden. So kann sich z. B. ein Mann mit einer zu vorschnellen Problemlösungen neigenden Frau nicht damit trösten, dass es sich hier um eine typisch weibliche Verhaltensweise handelt, die ihm zu schaffen macht. Ebenso wenig wie eine Frau mit einem Mann, der sofort von seinen eigenen Problemen erzählt, sich zum Trost sagen kann: »Er ist halt nur ein Mann.« Was dann? Beide können sich z. B. dazu entschließen, über ihre Enttäuschungen nach allen Regeln der Kunst zu sprechen und dabei die Erfahrung machen, dass Geschlechtsunterschiede im Verhalten, wenn sie erst einmal sorgfältig und fair miteinander besprochen worden sind, sogar eine Bereicherung darstellen können.
Wir denken dabei an einen Ausspruch des Familientherapeuten Martin Kirschenbaum: »Stell dir vor, du wärst mit dir selbst verheiratet. Ist das nicht ein grässlicher Gedanke?«
2. 3. 3. Können Kommunikationsregeln auch missbraucht werden?
Es gibt eine Menge Leute, die die oben vorgestellten Regeln nur scheinbar einzuhalten versuchen. In Wirklichkeit aber verdecken sie damit nur noch geschickter ihre wirklichen Gefühle und Bedürfnisse. Deutlich wird diese Taktik in dem von uns so bezeichneten »Psycho-Jargon«, einem Sprechstil, in dem Gesprächsregeln nur als Fassade eingesetzt werden. Wie alles Nützliche, können auch die Kommunikationsregeln sogar als Waffe gegen den Partner missbrauchtwerden. Für ungeübte Kommunikationstrainer ist es dann oft gar nicht so
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