Wie Samt auf meiner Haut
um.
»Noch
eines.«
Sie
befeuchtete ihre Lippen, die bleich vor Furcht waren. »Ja, Jason?«
»Solltest
du dich aus irgendeinem Grund entschließen, dich noch einmal auf Averys Seite
zu schlagen, wirst du es nicht mit einem naiven jungen Herzog zu tun haben,
sondern mit einem Mann, der dich bis ans Ende der Welt verfolgen wird, um
dir den Atem aus deinem schönen, falschen Körper zu drücken.« Damit drehte er
sich um und schritt hinaus.
Draußen auf
der Gasse hielt er inne, da sein Wagen nicht zur Stelle war. Erst als er um die
Ecke ging, sah er das Gefährt und stieg ein. Endlich nahm das Schicksal eine
für ihn glückliche Wendung. Wenn Celia zu seinen Gunsten aussagte, war seine
Unschuld bewiesen. Er würde seinen Besitz zurückbekommen, von seinem Namen
würde jeder Makel getilgt sein.
Zum
erstenmal seit seiner Rückkehr nach England löste sich seine innere Anspannung,
und er verspürte Erleichterung.
Sein Wagen
bog um die Kurve und rollte an der Vorderfront des Hauses vorüber, vor dessen
Tür eine elegante schwarze Kutsche stand. Kaum hatte er das Wappen der Havershams
am Wagenschlag erkannt, als seine Erleichterung wie verflogen war und er wieder
den wohlbekannten Druck in seinem Inneren spürte.
Es war
Velvets erster
Besuch in Lady Brookhursts Stadthaus am Hanover Square, das von außen ebenso
schmal und schmucklos war wie alle anderen, die sich um den baumbestandenen
Platz eng nebeneinander drängten. Im Inneren sah es freilich völlig anders aus.
Celias
Stadtresidenz war ganz in kunstvoll verspieltem französischem Stil gehalten.
Extravagante, vergoldete und mit Seide überzogene Polstermöbel wurden von
orientalischen Stücken ergänzt, die in der Umgebung fehl am Platze wirkten.
Die Mischung wäre bei sparsamer Anwendung noch erträglich gewesen, doch die
Fülle wertvoller, dicht aneinandergerückter Stücke wirkte erdrückend. Die
einzige freie Fläche, diese allerdings auch nur klein, befand sich in der Mitte
des Salons.
Der Butler
zog eine seiner buschigen grauen Brauen hoch, als er Velvet empfing. »Lady
Brookhurst erwartet Sie oben, Lady Hawkins. Sie wünscht, daß Sie in ihrem
privaten Salon den Tee mit ihr einnehmen.« Damit drehte er sich um und ging
ihr, die spitze Nase hoch in die Luft gereckt, in der selbstverständlichen
Erwartung voraus, sie würde ihm folgen.
Auf dem
Korridor fiel ihr auf, daß bis auf den Butler und ein Hausmädchen im Erdgeschoß
keine Dienstboten zu sehen waren.
Das
Unbehagen, das sie schon empfunden hatte, als sie von zu Hause losgefahren war,
meldete sich wieder, als sie sich der Tür zur Privatsuite der Countess näherte.
Als der Butler die Tür zum Salon öffnete und sie dabei mißbilligend beäugte, lagerte
sich dieses Gefühl kalt und schwer wie Stein in ihrem Magen ab. Dort blieb es
liegen und mischte sich mit einer gewissen Erregung. Vielleicht würde sie just
heute irgendeine Kleinigkeit erfahren, die Jason weiterhalf.
Velvet nahm
auf einem mit hellem Brokat bezogenen Sofa Platz und sah sich im Salon um, der
ebenso überladen und protzig wirkte wie die Räume im Erdgeschoß. Unruhig hin
und her rutschend, versuchte sie, sich in ihrer steifen Krinoline bequemer
hinzusetzen. Sie strich ihr besticktes aprikosenfarbenes Kleid glatt und
wunderte sich, warum die Dame des Hauses sie warten ließ. Als hinter der
geschlossenen Tür zu Celias Schlafgemach Geräusche zu hören waren, fuhr sie
erschrocken auf. Möbel wurden gerückt, gedämpfte Stimmen waren zu vernehmen,
ein scharrendes Geräusch, ehe etwas Schweres zu Boden fiel. Du lieber Himmel,
was ging da drinnen vor?
Auf
Zehenspitzen tapste sie über den Teppich und bemühte sich, das dumpfe
Durcheinander von Geräuschen im angrenzenden
Raum einzuordnen. Als sie ihr Ohr an die Tür drückte, war der Lärm verstummt.
Velvet
nagte an ihrer Unterlippe, während Neugierde mit Besorgnis in ihr kämpften.
Vielleicht war die Countess hingefallen. Vielleicht war sie verletzt und
brauchte Hilfe. Gewappnet gegen den Zorn, dem sie sich womöglich auf der anderen
Seite der Tür gegenübersehen würde, drehte Velvet den Silberknauf und schob die
Tür vorsichtig auf, ehe sie den Kopf durch den Spalt steckte und hineinspähte.
»Allmächtiger!«
Ihr stockte der Atem beim Anblick Celia Rollins, die auf dem großen Himmelbett
liegend alle Glieder von sich streckte, weiß wie ihre Laken, den Kopf in
unnatürlichem Winkel verdreht. Velvet stürzte auf sie zu – eben noch
rechtzeitig, um eine große Männergestalt
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