Wie Samt auf meiner Haut
deutlicher
zu verstehen geben können, und sie empfand deswegen ödeste Leere in sich.
Sie war ihm
nicht gleichgültig, sein Gefühl war aber nicht so stark, daß es ihn zum Bleiben
bewogen hätte. Er würde gehen, auch wenn er seine Unschuld beweisen konnte und
wieder in den Besitz von Titel und Vermögen gelangt war. Und er würde sie
nicht mitnehmen.
Velvet
würgte die Bitterkeit in ihrer Kehle entschlossen hinunter. Was sie gemeinsam
hatten, war nicht von Dauer. Früher oder später würde sie ihn verlieren. Der
Gedanke war jedoch so gallig, daß sie sich wünschte, sie hätte ihre Liebe
vergessen und begraben können, doch dazu war sie einfach nicht imstande. Statt
dessen wünschte sie sich inbrünstig, ihm helfen zu können.
Und als die
Sonne den grauen Horizont erhellte, gelobte sich Velvet wie schon zuvor, daß
sie einen Weg finden würde.
Lucien
Montaine warf den Morning
Chronicle aufgebracht auf den Wagensitz neben sich. Die Meldung vom Mord an
Celia prangte als Schlagzeile in riesengroßen Lettern auf der ersten Seite.
Lucien hatte davon schon gewußt, da das Verbrechen Tagesgespräch der feinen
Gesellschaft war und die Nachricht sich wie ein Lauffeuer verbreitet hatte.
Außerdem war von Jason eine Nachricht gekommen, deren entmutigter Ton Luciens
eigener Niedergeschlagenheit entsprach.
Das war
gestern gewesen. Lucien hatte keine Zeit verloren und in einem kurzen Schreiben
für den heutigen Tag um eine Unterredung mit Lord und Lady Hawkins ersucht.
Eine Niederlage einfach hinzunehmen, war nicht seine Sache.
Er hatte
einen Plan ausgearbeitet.
»Los,
Lucien, heraus damit.« Jason, der die Salontür schloß, blickte ihn durch die
Brille an, die er nun wieder trug. »Deine Schritte sind gar so kühn und
herausfordernd. Was hast du vor, mein Freund?« Dunkle Schatten unter den Augen
ließen ihn erschöpft aussehen, während Velvets Miene sich sofort hoffnungsvoll
erhellte und ihre Stimmung sich hob.
»Ja,
Mylord, bitte, wenn Sie etwas erfahren haben, etwas, das uns weiterhelfen
könnte ...«, drängte sie Lucien.
»Leider
gibt es nichts Neues. Ich wünschte, es wäre anders. Was ich nun vorzuschlagen
habe, ist sehr gewagt und gefährlich, aber in dieser Situation ...«
Jason
beugte sich vor, um nach der Schulter des Freundes zu greifen. »Wenn du einen
Plan hast, der Aussicht auf Erfolg bietet, kümmert mich keine Gefahr.«
»Das dachte
ich mir.«
»Was
schwebt Ihnen vor, Mylord?« fragte Velvet gespannt. »Was könnten wir
unternehmen?«
Lucien sah
die beiden an und sagte nach einem tiefen Atemzug: »Meiner Meinung nach haben
wir überzeugendes Beweismaterial gegen deinen Bruder in der Hand, das aber
leider Gottes nicht ausreicht, um ihn zu überführen. Celias Aussage hätte es
ermöglicht, aber die ist nun tot. Bleibt also nur eine Person, die uns
weiterhelfen kann.«
Jason nahm
die Brille ab. »Avery? Du meinst, wir könnten meinen Bruder zwingen, die
Wahrheit zu gestehen?«
»Nicht
ganz. Viel wahrscheinlicher könnte man ihm mit einem Trick ein Geständnis
entlocken. Wenn zufällig ein hoher Richter mithört, müßte dies zusammen mit
den bereits vorliegenden Beweisen genügen.«
Der
gehetzte Ausdruck wich aus Jasons Miene, und er sah trotz dunkler Kleidung und
grauer Perücke sofort viel jünger aus. »Lucien, du bist ein Genie«, sagte er
schmunzelnd. »Eine seit langem bekannte Tatsache.«
Jason
lachte. Es war ein voller, kehliger Ton, den Lucien schon lange nicht mehr
vernommen hatte.
»Aber wie
soll das vor sich gehen? Wann und wo?«
»Immer mit
der Ruhe, mein ungeduldiger Freund. Es bedarf dazu einiger Planung und Zeit.
Wir werden sehr vorsichtig ans Werk gehen und jede Einzelheit genau prüfen.
Ein einziger falscher Schritt, und du hast dein Leben verwirkt.«
Velvet
erbleichte, aber Jason nickte beifällig. »Wir fangen heute an«, sagte er,
»legen uns einen Plan zurecht und untersuchen ihn dann auf eventuelle
Schwachpunkte. Wie du ganz richtig sagst, wagen wir den ersten Schritt erst
dann, wenn wir sicher sein können, daß unser Plan klappt. Andererseits ist eine
gewisse Eile geboten, da die vornehme Gesellschaft es kaum erwarten kann,
Velvets geheimnisvollen jungen Ehemann endlich kennenzulernen. Sie hat die
Leute bisher unter dem Vorwand abgespeist, meine Interessen hielten mich meist
auf dem Lande fest. Aber wenn wir nicht bald etwas unternehmen, werden sie uns
womöglich in Scharen die Tür einrennen, nur um einen Blick auf mich zu
erhaschen.«
Lucien
lachte auf. »Sollen
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