Wie Samt auf meiner Haut
in dein Bett möchte?« Mit raubtierhafter
Grazie war er auf sie zugegangen und so dicht vor ihr stehengeblieben, daß sie
seinen Pulsschlag am Hals sehen konnte.
Sein Blick
hatte sie voller Begehren abgetastet. »Velvet, du weißt, wie sehr ich mich nach
dir sehne, und du weißt, daß ich mich kaum zurückhalten kann, dir dein dünnes
Nachthemd vom Leib zu reißen und dich auf der Stelle zu nehmen, wenn du dich in
dieser Aufmachung vor mir präsentierst.« Er hatte die Hand zu ihrer Wange
gehoben, sie aber nicht berührt. »Es gibt nichts, was ich lieber täte, als mit
dir ins Bett zu gehen. Als die Freundin, die du mir geworden bist, bitte ich
dich aber, dich an unser Abkommen zu halten.«
Trotz ihrer
Verzweiflung war ein Funken Hoffnung in ihr aufgeglüht. Er liebte sie nicht,
hatte sie aber als Freundin akzeptiert. Und sie wußte, daß er ihr vertraute.
Bei einem Mann wie Jason kamen Freundschaft und Vertrauen nicht so ohne
weiteres, und doch war es ihr gelungen, diese Gefühle irgendwie zu erringen.
Dieses Wissen war sonderbar tröstlich, obwohl damit dem gewagten Spiel, das sie
gespielt hatte, ein gewaltsames Ende bereitet wurde, dem gefährlichen Spiel des
Herzens, in dem zu siegen sie gehofft hatte.
Sie hatte
seine Wange umfaßt und die Bartstoppeln an sei nem Kinn gespürt. »Mylord, ich
werde Sie nicht mehr behelligen.« Ihr Lächeln war traurig. »Schlaf gut,
Jason.« Damit hatte sie sich umgedreht und war gegangen.
Allein am
Kamin sitzend, gab sie sich nun Erinnerungen hin, fragte sich, welche
Geheimnisse er haben mochte. Sie wünschte sich sehnlichst, er würde sie ihr
anvertrauen. Die schlurfenden Schritte ihres Großvaters ließen sie aufblicken.
»Meine
Liebe, wo steckt dein reizender Ehemann?« Er betrat den Salon, einen ledernen
Folianten in der schmalen, geäderten Hand. »Ich dachte, ich könnte ihn
vielleicht zu einer Schachpartie überreden.«
»Er mußte
zu einer Besprechung mit Litchfield«, rief Velvet ihm in Erinnerung, obwohl er
die Frage schon vor einer knappen Stunde gestellt hatte. »Er wird noch eine
Weile ausbleiben.«
»Ach ja,
ganz recht, Litchfield. Tut mir leid, ich muß es wohl vergessen haben.«
In ihrem
Lächeln lag Zärtlichkeit. »Schon gut, Großvater.«
Er kratzte
sein schütteres weißes Kopfhaar. »Hm ... mir scheint, da war noch etwas ...
etwas, das ich dir hätte sagen sollen.«
Unbehagen
erfaßte sie. »Was denn, Großvater?« Vermutlich war es ihm entfallen. Sie
konnte nur hoffen, daß es unwichtig war.
Er
schnalzte mit den Fingern. »Eine Nachricht! Ja, genau! Jetzt weiß ich es. Ich
legte sie auf den Schreibtisch im Arbeitszimmer. Ich hole sie sofort. Moment,
bin gleich wieder da.«
Velvet
wartete ungeduldig, mit der Stickerei auf ihrem Schoß spielend, nicht imstande,
sich auf die komplizierte Arbeit beim Muster zu konzentrieren.
Der alte
Earl steckte seinen Kopf durch den Türspalt. »Herrgott, wieder habe ich
vergessen, was ich wollte!«
»Eine
Nachricht, Großvater. Du hast sie im Arbeitszimmer vergessen. So warte doch
hier, und ich ...«
»Richtig!
Die Nachricht, die für deinen Mann bestimmt war. Sofort.« Leise vor sich
hinmurmelnd, ging er wieder und holte den Brief, der am Morgen eingetroffen
sein mußte, ein an Lord Hawkins adressierter und mit Wachs versiegelter
Umschlag.
Velvet
betrachtete den Brief eingehend, ehe sie ihn nervös aufriß. Für die Wahrung der
Formen war keine Zeit, da die Nachricht dringend sein konnte.
Und genau
das war sie.
Velvet
überflog den akkurat zusammengefalteten Bogen erst und las ihn dann einige Male
durch. Die Worte waren mit größter Sorgfalt geschrieben, als hätte der Absender
sie diktiert und nicht selbst zu Papier gebracht. Er bat um eine Zusammenkunft.
Er hätte von der Suche Seiner Lordschaft nach Informationen bezüglich der
Ermordung des Duke of Carlyle vor acht Jahren gehört. Um einen gewissen Preis
könne er ihm diese Informationen verschaffen.
Kommen
Sie heute abend in die Gasse neben dem Swan and Crown. Sie liegt am Strand,
einen Block von der Bury Lane entfernt. Zehn Uhr – nicht später. Kommen Sie
allein.
Sich auf
die Lippen beißend, warf Velvet einen Blick auf die schimmernde Uhr aus
vergoldeter Bronze, die um ein Haar mit den anderen Wertsachen der Familie
verkauft worden wäre. O Gott! Schon Viertel nach neun, und Jason würde
womöglich noch sehr lange nicht nach Hause kommen. Und sie wußte nicht, wo sein
Treffen mit Litchfield stattfand. Da er es überdrüssig war, zu
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