Wie Samt auf meiner Haut
hingegeben, daß alles um sie herum
versunken war.
Velvet
schloß die Tür hinter sich und ging auf ihn zu. Ihr Herz pochte wie wild, das
Mitleid drückte ihr den Atem ab. »Dreh dich um«, flüsterte sie und sah ihn flehentlich
an.
»Velvet, es
ist kein schöner Anblick. Ich hoffte, du würdest meine Narben nie sehen.«
»Bitte,
Jason.« Ihre Kehle war so eng, daß sie kaum sprechen konnte. »Ich möchte
sehen, was man dir angetan hat.«
Seine
Muskeln bebten von der Anspannung, die seinen kraftvollen Körper erfaßt hatte.
Schon glaubte sie, er würde sich weigern, dann aber drehte er sich langsam und
in aufrechter Haltung um, so daß das Licht der Kerze auf die tiefen
Einkerbungen und Narben fiel. Als hellen Kontrast zu seiner sonnenverbrannten
Haut bildeten sie ein Muster dünner Linien, die die Muskeln querten, einige
tiefer als andere, wo die Peitsche mehr als einmal aufgetroffen war.
Stellenweise sah man kleine Krater, wo das Fleisch großflächig herausgerissen
und schlecht verwachsen war.
Ihr Atem
stockte. Es war unfaßbar, was er hatte erleiden müssen. Tränen brannten in
ihren Augen und tropften über ihre Wangen. Sie konnte sich nicht annähernd die
Qual vorstellen, die unbarmherzige Folter, der er ausgeliefert gewesen war.
Ihre Hand zitterte, als sie sein geschundenes, vernarbtes Fleisch
berührte. Sie ließ sie leicht auf einer der Vertiefungen ruhen, bückte sich und
drückte ihren Mund auf die wulstige Haut.
Sie hörte,
wie er hörbar Atem holte, spürte auch, wie seine Muskeln sich spannten. Noch
zweimal streifte ihr Mund seine Haut, als könne sie den Schmerz wegnehmen, die
grauenvollen Torturen, die er erlitten haben mußte.
Da
drehte er sich um
und sah sie durchdringend an. Seine Augen waren dunkel vor Wut, die sich nun
direkt gegen sie richtete.
»Velvet,
ich bin ein Verbrecher, wie ich dir schon mehrmals versuchte, begreiflich zu
machen. Meinen Vater habe ich nicht getötet, doch habe ich andere Verbrechen
begangen, Dutzende, schlimmer noch als Mord.«
»Nein ...«
Es kam geflüstert und kaum hörbar. Velvet schüttelte den Kopf. »Das war nicht
dasselbe. Du warst unschuldig. Du hast gekämpft, um zu überleben. Du hast
nicht verdient, was dir angetan wurde.«
Er packte
so fest ihre Schultern, daß seine Finger sich unbarmherzig in ihr Fleisch
gruben. »Warum siehst du es nicht ein? Warum ist es für dich so schwer zu
verstehen?« Er blickte auf seine narbige Linke, ballte sie zur Faust und hielt
den Handrücken nahe an die Kerze. »Das habe ich in Georgia geerntet. Ich hatte
aus einer kleinen Kirche Geld gestohlen und griff den Geistlichen an, einen
alten Mann, der sich mir in den Weg stellte. Damals wollte ich von der
Reisplantage fliehen, auf der ich als Häftling arbeitete. Dazu brauchte ich
natürlich Geld – woher es kam, kümmerte mich nicht. Als man mich fing, wurde
ich mit einem glühenden Eisen gebrandmarkt.«
Velvet
stand wie versteinert da, während es in ihrem Inneren tobte. Grundgütiger
Himmel!
Er rieb
sich über das verbrannte Hautgewebe. »Da ich damals sehr kräftig war, war ich
lebendig mehr wert als tot – wäre es anders gewesen, hätte man mich glatt
gehängt.«
Sie hatte
das Gefühl, ihr Herz müßte brechen, so groß war ihr Mitleid.
»Als ich
drei Jahre später endlich doch entkam, hielt ich meine Hand über eine
Kerzenflamme, um das D auszulöschen, das man mir mit einem Brenneisen
eingeprägt hatte. Ein großes häßliches D, Velvet. In Georgia wußte jedermann,
daß es für Dieb, für Verbrecher stand.«
Ein
Schluchzen entrang sich ihr. »Das ertrage ich nicht. Das ist grauenvoll.«
Velvet schlang ihre Arme um seinen Nacken und drückte ihre Wange an seine
Schulter, als könne sie so ein wenig von seiner Not in sich aufnehmen.
Ein Wehlaut
kam über ihre Lippen. Sie spürte seine Hände, zögernd zunächst, dann strichen
sie sanft über ihren Rücken. »Schon gut, Velvet. Das ist Vergangenheit. Die
Narben schmerzen nicht mehr.«
Velvet
weinte noch heftiger. O Gott, wie hatte er das alles nur ertragen können? Wie
hatte er überlebt?
»Schon
gut«, flüsterte er. »Bitte, weine nicht. Ich bin deiner Tränen nicht würdig,
Velvet. Ein Mensch wie ich verdient deine Tränen nicht.«
Ähnliches
hatte er schon häufiger gesagt. Sie trat einen Schritt zurück und blickte zu
ihm auf, sah ihn durch einen Tränenschleier hindurch an. »Das sind nicht die
einzigen Narben, die du trägst, Jason, so ist es doch? Die in deinem Inneren
sind viel ärger. Sag mir,
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