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Wie Samt auf meiner Haut

Wie Samt auf meiner Haut

Titel: Wie Samt auf meiner Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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recht. Wir müssen stark für Jason sein.« Er reichte ihr sein
Taschentuch, das sie an ihre Augen führte. »Hat jemand ... hat jemand Jason
schon vom Urteil in Kenntnis gesetzt?«
    »Es hätte
keinen Sinn gehabt, es hinauszuzögern. Parmenter ging sofort zu ihm.
Inzwischen weiß er es.«
    Sie schob
ihr Kinn vor. »Dann müssen wir ganz rasch zu ihm. Wir dürfen nicht zulassen,
daß er aufgibt.«
    Lucien
widersprach nicht, obwohl er insgeheim der Meinung war, sein Freund würde das
Alleinsein vorziehen. Es gab Dinge, mit denen man sich lieber in aller
Einsamkeit beschäftigte, und dem Tod ins Auge zu sehen, gehörte gewiß dazu.
Für ein Verbrechen, das man nicht begangen hatte, dem Henker gegenübertreten zu
müssen, war etwas, das Luciens Vorstellungsvermögen vollends überstieg.
    Trotzdem
wußte Lucien, daß Widerspruch zwecklos war. Velvet wollte zu dem Mann, den sie
liebte, und würde sich keinem seiner Einwände beugen. Es war jene Liebe, an die
er nie wirklich geglaubt hatte, und in gewisser Weise beneidete er seinen
Freund.
    »Ich muß
Sie warnen, Mylady. Inzwischen müßte Jason in den
Vorzugstrakt verlegt worden sein, doch ist auch dieser kein angenehmer Ort. Es
wird für Sie ein schlimmes Erlebnis sein.«
    »Mylord,
mir ist klar, daß Newgate die reinste Hölle ist. Ich war gestern in Begleitung
Mr. Ludingtons dort.«
    »Was?«
    »Jason
brauchte mich. Ich mußte zu ihm.«
    »Aber
gestern hatte man ihn noch nicht verlegt. Sie sind doch nicht etwa ...«
    »Ich mußte
ihn sehen und ging dorthin, wohin man ihn verfrachtet hatte.«
    Der Marquis
äußerte etwas Unverständliches und schüttelte den Kopf. »Jason sagte schon,
daß Sie einem ganz schön zu schaffen machen können. Allmählich wird mir klar,
was er meinte. Sollte ich mich jemals mit Heiratsabsichten tragen, müssen Sie
mich daran erinnern, nach einer angenehm fügsamen Frau Ausschau zu halten.«
    Velvet rang
sich ein Lächeln ab, das wenig mehr war als eine Grimasse. »Mylord, eine
fügsame Frau würde Sie zu Tode langweilen, aber warten wir's ab.«
    Da sie in
den letzten Nächten keinen Schlaf gefunden hatte, war sie vor Gram und
Erschöpfung fast am Ende, und im Marquis regte sich Verantwortungsbewußtsein,
obwohl er schon genug eigene Sorgen hatte.
    Wieder gab
Litchfield seinem Unwillen durch ein undefinierbares Schnauben Ausdruck, ehe
er in der Diele vom Butler ihren Mantel in Empfang nahm, den er ihr um die
Schultern legte. Dann bot er ihr seinen Arm, und sie machten sich auf den Weg
ins Gefängnis.
    Jason starrte zwischen den Fensterstäben
seiner geräumigen und erstaunlich sauberen Zelle hinaus. Er wußte noch vom letzten
Mal, um wieviel besser das Leben im Vorzugstrakt des Gefängnisses war.
    Geld war
hier wie fast überall der Schlüssel. Und doch konnte auch noch soviel Geld
nichts am Schicksal eines Menschen ändern. Aber vielleicht war etwas Wahres
dran, daß Geld die Wurzel allen Übels war.
    Oder waren
es die Mittel, zu denen manche griffen, um an Geld heranzukommen?
    Wie sein
Bruder Avery, den seine Geldgier zum Mord an seinem eigenen Vater getrieben
hatte, der Celia und Sir Wallace Stanton hatte töten lassen.
    Jason
spähte weiter hinaus und ließ sich von der Sonne bescheinen und ein wenig
wärmen, da sich hier die Kälte trotz der Heizung hartnäckig hielt. Von seinem
Standplatz aus sah er auf den Hof hinunter, wo sich die Häftlinge frei bewegen
konnten und sich in ihren schmutzigen Lumpen stritten, gespenstische
Erscheinungen, die um Essensbrocken oder Tabak oder ein zerfetztes
Kleidungsstück feilschten. Jason zog es vor, nach oben zu blicken, zu dem
Stückchen Blau, das über den grauen Steinmauern zu sehen war, zu den Dächern
und Fenstern, Kuppeln und Kirchtürmen von London.
    Was für
eine große und lebendige Stadt! Bis zu seiner Rückkehr war ihm nicht bewußt
gewesen, wie sehr er England vermißt hatte. Die saftigen, sanft gewellten
grünen Wiesen und Felder, die Moore und Wälder, den kühlenden Dunst, der über
der Landschaft schwebte. Sogar den dichten Nebel, der durch die bevölkerten
Straßen der Stadt waberte und sie in diffuses Licht tauchte.
    England war
für ihn nun ebenso verloren wie der Traum von der Vergeltung, die er hier hatte
üben wollen. In nur vier Tagen würde er hängen. Nur noch vier Tage.
    Es hatte
eine Zeit gegeben, da hätte es ihn nicht gekümmert, eine
Zeit, da er den Tod als Freund willkommen geheißen hätte. Die Jahre hatten
dies geändert.
    Und die
Tage, die er mit Velvet verlebt

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